„Energie ist zu teuer“: Netzbetreiber muss Entgelte verdoppeln – und fordert Ampel zur Entlastung auf

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Die Bundesregierung schießt Milliarden von Euro in den Netzausbau. Jetzt zeigen sich die ersten Ergebnisse. Der Netzanbieter Amprion zeigt sich optimistisch.

Dortmund – Noch vor einigen Wochen hatte die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) Deutschland hinsichtlich der Energiewende ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. „Egal, ob Bund, Länder oder Kommunen: Die Energiewende braucht mehr Tempo“, warnte der Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt bei einer entsprechenden Pressekonferenz. Vom Übertragungsnetzbetreiber Amprion aus Dortmund gibt es dagegen positive Signale.

Die Schlagader der Energiewende – Amprion legt mehr Tempo vor

Im vergangenen Geschäftsjahr konnte das Unternehmen ein höheres Tempo vorlegen als ursprünglich geplant. Die Investitionen haben sich auf einen „Rekordwert“ von knapp drei Milliarden Euro mehr als verdoppelt, teilte das Unternehmen in einer Pressemeldung mit. Bis 2028 will Amprion rund 27,5 Milliarden Euro in den Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes stecken. „Die gesetzlichen Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus zeigen Wirkung“, sagte Dr. Hans-Jürgen Brick, CEO der Amprion GmbH. Zum Beispiel konnte das Unternehmen ein Jahr früher als geplant mit dem Bau der Gleichstromverbindung A-Nord beginnen.

Neue Stromleitung von Birkenfeld nach Ötisheim im Enzkreis.
Neue Stromleitung von Birkenfeld nach Ötisheim im Enzkreis (Symbolfoto). Die Bundesregierung schießt Milliarden von Euro in den Netzausbau. Jetzt zeigen sich die ersten Ergebnisse. Der Netzanbieter Amprion zeigt sich optimistisch.  © IMAGO / Arnulf Hettrich

Dabei handelt es sich um eine neue Stromverbindung von der niedersächsischen Küste bis ins Rheinland. Künftig soll sie eine der „Schlagadern der Energiewende“ sein und Strom transportieren, der aus den Offshore-Windparks in der Nordsee stammt. A-Nord soll eine Leistung von zwei Gigawatt übertragen können; das würde den Bedarf von zwei Millionen Menschen decken. „Wir kommen in die Umsetzung und werden zentrale Projekte früher fertigstellen“, teilte Brick weiter mit. In Verbindung mit dem Projekt Ultranet soll A-Nord der erste deutsche Windstrom-Korridor sein, der große Mengen grünen Stroms von der Nordsee in den Westen bringt.

„Balance ist verloren gegangen“ – Amprion will Aufspaltung von Netzentgelt

Weiter blickt Amprion mit Besorgnis auf die Kostenpunkte, die die Energiewende mit sich bringt. Erst im April hatten die Netzbetreiber hier die Kosten erhöht. Der Endverbraucher zahlt immer mehr. Amprion hatte für das Jahr eine Verdopplung seiner Entgelte angekündigt, was unter anderem daran lag, dass der angekündigte Zuschuss des Bundes entfiel. Wegen der Haushaltskrise fiel ein Zuschuss in Höhe von 5,5 Milliarden Euro flach.

Amprion fordert darum, dass die Bundesregierung die Verbraucher entlastet. Das soll durch eine Herauslösung der Kosten für das Engpassmanagement aus den Netzentgelten passieren. „Energie ist in Deutschland weiterhin zu teuer. Die Balance zwischen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ist verloren gegangen“, bemängelte der Amprion-CEO. Stattdessen sollte das Geld für diese Transformationskosten aus Erlösen des dem Klima- und Transformationsfonds kommen. „Das würde die Netzentgelte fast halbieren sowie Wirtschaft und Verbraucher schnell und unbürokratisch entlasten“, kalkulierte Brick.

Netzengpässe führen zu Mehrkosten und höheren Strompreisen

Was mit Engpassmanagement gemeint ist, zeigen unter anderem die Redispatch-Maßnahmen, die der Netzbetreiber TransnetBW im Januar durchgeführt hatte. Aktuell hält das Stromnetz es nicht aus, wenn im windreichen Norden ein Übermaß an Strom aus Windkraft entsteht. „Netzengpass-Situationen drohen die Leitungen zu überlasten. Deshalb regeln die Übertragungsnetzbetreiber die Windparks im Norden ab“, erklärte TransnetBW.

„Reicht das innerdeutsche Potenzial – wie in diesem Fall – nicht aus, sind zusätzliche Stromimporte aus dem Ausland notwendig.“ In Fachkreisen ist dann von einem Redispatch die Rede. TransnetBW warnt: „Solange der Netzausbau nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt hält, wird es wie in den vergangenen Jahren zu mehr Netzengpässen kommen.“

Wie die Bundesnetzagentur mitteilte, kosteten Redispatch-Maßnahmen im Jahr 2023 rund 3,1 Milliarden Euro. Erst nach der Realisierung von Projekten wie A-Nord oder der Suedlink-Stromtrasse sei damit zu rechnen, dass bei diesen Kosten eine Trendumkehr stattfinde.

Verschiedene Ideen für Kostensenkung beim Netzentgelt

Auf absehbare Zeit ist mit weiter steigenden Kosten zu rechnen. Laut einer aktuellen Studie, verfasst von einem wissenschaftlichen Team um die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, sollen die Kosten für Strom langfristig hoch bleiben. Bis 2040, so die Prognose, könnten die Stromkosten immer noch 7,8 Cent je Kilowattstunde betragen.

Lösungsansätze gibt es viele. Zum Beispiel hat Martin Brudermüller, CEO des Chemiekonzerns BASF, schon vorgeschlagen, die Verbraucher anderweitig zu entlasten. Die Netze sollten allen kostenlos zur Verfügung stehen – nach einer kompletten Verstaatlichung. Die Bundesnetzagentur dagegen plant eine Reform der Netzentgelte. Dahinter steht der Versuch, die Kosten auf möglichst vielen Schultern zu verteilen – was am Ende zu einer Kostensenkung für den Einzelnen führen soll.

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