Russland enteignet deutschen Maschinenbauer: Eskalation im Wirtschaftskrieg
Wladimir Putin bringt das Werk von DMG Mori unter seine Kontrolle. Ein Schritt, der den wirtschaftlichen Konflikt mit Deutschland weiter verschärft.
Bielefeld – Seit Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, haben westliche Nationen versucht, durch wirtschaftliche Sanktionen Druck auf Wladimir Putin auszuüben. Die Enteignung des russischen Rosneft-Konzerns war bereits ein Thema. Russland hingegen sucht nach Möglichkeiten, dem Westen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen und hat den Maschinenbaukonzern DMG Mori enteignet.
Das betroffene Werk, das seit 2015 existiert, wurde von Wladimir Putin unter seine Kontrolle gebracht. Ein Jahr nach der völkerrechtswidrigen Invasion Russlands auf der Krim eröffnete DMG Mori eine Fabrik in Ulyanovsk, Russland. Dort plante der Maschinenbauer die Produktion von Dreh- und Fräsmaschinen - „Made in Russia for Russia“. Laut dem Magazin Schweizer MaschinenMarkt belief sich das Investitionsvolumen auf etwa 70 Millionen Euro. Weniger als neun Jahre später übernahm die russische Regierung die Kontrolle über das Werk.
DMG Mori geht von einem dauerhaften Verlust an Russland aus
Russische Beamte behaupten, dass die Übernahme der Kontrolle zunächst nur vorübergehend sei. DMG Mori hingegen ist pessimistisch. „Wir gehen jedoch davon aus, dass die Entscheidung der russischen Regierung final ist und eine vollständige Enteignung folgen wird“, sagte Unternehmenssprecherin Katharina Contu gegenüber der Wirtschaftswoche. Der Schaden wird auf über 90 Millionen Euro geschätzt, den der deutsch-japanische Maschinenbauer nun von der Bundesregierung einfordert.
Bevor das Werk überhaupt gebaut wurde, hatte DMG Mori eine Investitionsgarantie von der Bundesregierung erhalten. Solche Verträge werden von der Bundesregierung gewährt, um deutsche Direktinvestitionen im Ausland gegen finanzielle Verluste durch politische Risiken abzusichern. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft hatte Deutschland im Jahr 2023 allein rund 28,5 Milliarden Euro verbürgt, um solche Investitionen zu schützen.
Das Geschäft von DMG Mori dürfte sich dadurch kaum ändern. Wie das Unternehmen selbst mitteilte, hatte es bereits im Frühjahr 2022 - also fast zu Beginn des Ukraine-Kriegs - alle Aktivitäten in Russland eingestellt. „Im Moment wird der Eindruck erweckt, wir hätten unser Versprechen gebrochen“, sagte ein Unternehmenssprecher im Herbst 2023. „Dieser Vorwurf gegen DMG Mori ist zu 100 Prozent falsch und wir weisen ihn mit aller Kraft zurück.“
Putin schafft mit Enteignung neue Eskalationsstufe im Wirtschaftskrieg
Nach dem 24. Februar 2022 lieferte das Unternehmen keine Maschinen oder Komponenten mehr nach Russland. „Darüber hinaus haben wir jegliche IT-Verbindung von außen nach Russland komplett gekappt, um den Betrieb vor Ort unmöglich zu machen“, erklärte das Unternehmen. Es sei jedoch „sehr wahrscheinlich“, dass Maschinen, die bereits vor dem Ukraine-Krieg hergestellt wurden, „ohne das Wissen oder die Zustimmung“ des verantwortlichen Managements verkauft wurden. Das Unternehmen wollte untersuchen, wie das passieren konnte.
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Die Enteignung durch Russland schafft eine neue Eskalationsstufe im wirtschaftlichen Konflikt mit Deutschland. Auch in Deutschland gibt es Pläne zur Enteignung russischer Unternehmen, wie zum Beispiel den russischen Konzern Rosneft. Noch vor wenigen Wochen hatte Russland heftig auf eine mögliche Enteignung von Rosneft reagiert und von einer „Entwertung“ Deutschlands als Wirtschaftsstandort gesprochen. Kreml-Sprecher Peskow erwog auch Vergeltungsmaßnahmen, wie zum Beispiel die Beschlagnahme deutschen Vermögens.
Im Gegensatz dazu hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) letztendlich doch von einer Enteignung Abstand genommen - vorerst. Darüber hinaus sucht die Europäische Union (EU) derzeit nach Möglichkeiten, eingefrorene russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe zu beschlagnahmen. Wie der Westen auf die Enteignung von DMG Mori durch Russland reagieren wird, bleibt abzuwarten.