Putins Forderungen für Frieden in der Ukraine: Pufferzone und Wiederaufbau
Putin strebt eine Pufferzone auf ukrainischem Territorium an. Daneben beabsichtigt er einen umfassenden Wiederaufbau russischer Grenzregionen.
Moskau – Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag (22. Mai) während einer Videokonferenz mit seiner Regierung bekannt gegeben, dass russische Streitkräfte aktiv an der Schaffung einer sogenannten „Sicherheits-Pufferzone“ entlang der ukrainischen Grenze arbeiten. Ziel sei es, die russischen Grenzregionen vor weiteren Angriffen im Ukraine-Krieg zu schützen. „Unsere Streitkräfte arbeiten derzeit daran, diese Aufgabe zu lösen“, sagte Putin laut russischen Staatsmedien.
Kremlchef Putin fordert Sicherheitszone entlang der ukrainischen Grenze
Die betroffenen Gebiete umfassen die russischen Regionen Belgorod, Kursk und Brjansk, die an die ukrainischen Oblaste Tschernihiw, Sumy und Charkiw grenzen. Während Putin die Maßnahme als Verteidigung gegen „Terrorakte“ ukrainischer Truppen bezeichnete, warnte die ukrainische Regierung vor einem strategischen Vorwand für weitere Eskalationen.
Der Außenminister der Ukraine, Andrij Sybiha, erklärte e auf der Plattform X: „Diese neuen aggressiven Behauptungen lehnen Friedensbemühungen klar ab und zeigen, dass Putin nach wie vor der Hauptgrund für das andauernde Töten ist.“
Putins „Pufferzone“ im Ukraine-Krieg: Friedensangebot oder Vorwand zur Expansion?
Während Putin die Einrichtung der Pufferzone mit dem Schutz der russischen Bevölkerung begründet, sehen viele internationale Beobachter darin einen klaren Hinweis auf eine neue Expansionsstrategie. Laut der Kyiv Post sprechen russische Militärs und Politiker bereits offen davon, dass sich die Zone auf bis zu sechs ukrainische Regionen erstrecken könnte – darunter Dnipro, Mykolajiw und Odessa. Der russische General Viktor Sobolev erklärte: „Die Zone sollte auch die neuen Regionen [gemeint sind die annektierten Gebiete] umfassen. Dazu gehören auch Teile von Sumy, Charkiw und weiter südlich.“
Auch der Washingtoner Thinktank „Robert Lansing Institute“ bewertet die Pufferzone in einer Analyse nicht als defensive Maßnahme, sondern als strategische Offensive, mit dem Ziel, „de-facto militärische Besatzungszonen“ zu schaffen. Der Schritt erinnere an sowjetische Sicherheitsdoktrinen und ziele langfristig auf politische und territoriale Kontrolle über Nachbarstaaten.
Laut dem Institut folgt die Entwicklung einem altbekannten Muster russischer Machtprojektion: dem Aufbau sogenannter „Sicherheitsgürtel“ durch dauerhafte militärische Kontrolle – vergleichbar mit den Szenarien in Transnistrien, Abchasien oder früher in der DDR-Zone. Damit würde sich die russische Kriegspolitik von einem regional begrenzten Konflikt hin zu einer systematisch betriebenen Destabilisierung der Ukraine und angrenzender Staaten entwickeln.

Wiederaufbau und Kompensationen: Putins zweites großes Ziel im Ukraine-Krieg
Neben der Sicherheitszone forderte Putin seine Regierung indes auch auf, ein umfassendes Programm für den Wiederaufbau der betroffenen Grenzgebiete zu erarbeiten – „in kürzester Zeit“. Dabei soll es nicht nur um Infrastruktur gehen, sondern auch um soziale Unterstützung für Vertriebene und Geschädigte. „Diese zusätzliche Unterstützung wird für die Bewohner der Regionen Kursk, Belgorod und Brjansk benötigt“, sagte Putin laut TASS.
Geplant sei unter anderem die Wiederherstellung zerstörter Wohnhäuser, Schulen, Straßen sowie die Auszahlung von Entschädigungen. Zusätzlich sollen freiwillige Helfer und Nichtregierungsorganisationen eng in den Prozess eingebunden werden. Putin betonte: „Die Arbeit soll auf Rückmeldungen der Einwohner beruhen und auf ihre Probleme umgehend reagieren.“
Putins Forderungen: | Moskaus Begründung/Ziel: |
---|---|
Einrichtung einer Pufferzone entlang der Ukraine-Grenze | Schutz russischer Gebiete vor ukrainischem Beschuss und Drohnenangriffen |
Vorrücken russischer Truppen in ukrainisches Grenzgebiet | Ausschalten ukrainischer Feuerstellungen, Schaffung taktischer Tiefe |
Wiederaufbau zerstörter Grenzregionen in Russland | Wiederherstellung von Infrastruktur, Lebensqualität und Sicherheit |
Entschädigung für beschädigtes oder verlorenes Eigentum | Unterstützung der betroffenen Bevölkerung in Kursk, Belgorod und Brjansk |
Erweiterung der Pufferzone auf zusätzliche ukrainische Regionen | Entfernung ukrainischer Langstreckenwaffen wie HIMARS aus Reichweite russischer Städte |
Ablehnung eines vollständigen Waffenstillstands | Darstellung der Pufferzone als Voraussetzung für langfristige Sicherheit |
Kritik aus Kiew: „Pufferzone sollte auf russischem Gebiet liegen“
Die ukrainische Regierung verurteilte die Pläne scharf. Außenamtssprecher Heorhii Tykhyi sagte, Russland sei „das Hindernis für Frieden“ und schlug vor, „eine Pufferzone auf russischem Territorium“ einzurichten. Ukrainische Truppen hatten im vergangenen Jahr erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg russisches Gebiet betreten, etwa in der Region Kursk. Putin selbst besuchte die Gegend kürzlich und diskutierte mit lokalen Verantwortlichen die Notwendigkeit, Sumy zu „übernehmen“, wie die Kyiv Post schreibt.
Die Befürchtung in der Ukraine: Die sogenannte Sicherheitszone ist weniger ein Verteidigungskonzept als eine vorbereitende Maßnahme für weitere militärische Vorstöße.
Geopolitische Risiken und das Kalkül Moskaus im Ukraine-Krieg
Westliche Analysten sehen in Putins Vorstoß eine Eskalation mit weitreichenden geopolitischen Folgen. Laut dem „Robert Lansing Institute“ werde durch die Pufferzone ein „neuer Frontverlauf“ geschaffen – nicht etwa eine Entspannung. Der Versuch, unter dem Deckmantel des Schutzes von Zivilisten tief ins ukrainische Territorium vorzudringen, sei nicht durch russisches Verfassungsrecht gedeckt und verstoße gegen internationales Recht.
Zudem birgt diese Strategie große Risiken: militärische Überdehnung, westliche Gegenreaktionen, wachsende Isolation im globalen Süden. Sollte Russland tatsächlich versuchen, dauerhaft neue ukrainische Gebiete zu kontrollieren, könnte dies nicht nur den Krieg massiv verlängern, sondern auch das strategische Gleichgewicht in Europa grundlegend verschieben.
Ukraine-Krieg: Friedensrhetorik trifft auf militärische Realität
Obwohl Putin die Maßnahmen als Teil eines „Friedensplans“ darstellt, sprechen die Fakten eine andere Sprache. Die Einrichtung einer Pufferzone in einem souveränen Nachbarstaat, der Wiederaufbau russischer Grenzregionen in Kriegslogik und die gleichzeitige Ablehnung westlicher Waffenstillstandsvorschläge zeigen: Der Kreml bereitet sich nicht auf Frieden vor – sondern auf einen langen Krieg.
So könnte die Maßnahme eine Reaktion auf militärische Rückschläge und die anhaltende westliche Unterstützung für Kiew im Ukraine-Krieg sein. Der langsame russische Vormarsch – nur 0,15 Prozent Gebietsgewinn seit Januar, so CNN – könnte mit der Ausweitung der Kampfzone auf Regionen wie Sumy und Charkiw kompensiert werden. Kiews Außenminister Sybiha warnt: „Putin bleibt der Hauptgrund dafür, dass dieser Krieg weitergeht.“