Deutschland „Geisterfahrer in Europa“: Für Migrations-Wende setzt Söder jetzt andere Bundesländer unter Druck

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Der bayerische Ministerpräsident will einen harten Migrationskurs fahren. Markus Söder fordert, dass die anderen Bundesländer jetzt auch mitziehen.

München – Bayern macht es vor, die anderen sollen es nachmachen. So lautet die Devise des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Im Interview mit der Welt am Sonntag erklärt der CSU-Chef, dass nun „wieder eine Law-and-Order-Philosophie“ in Bayern und Deutschland gelte. In der ersten Woche seit Einführung der verschärften Grenzkontrollen wurden an der bayerischen Grenze 32 Menschen abgewiesen die Asyl in Deutschland beantragen wollten.

Viel ist das nicht. Doch Söder erklärt, die Praxis, solle auch andere Schlepper und Schleuser abschrecken. „Es ist nicht mehr möglich, Menschen ungestraft nach Deutschland zu schmuggeln. Schon allein das schreckt ab“, meint der CSU-Chef. „Es wäre gut, wenn uns weitere Bundesländer folgen und ebenfalls einen zusätzlichen Schutzwall aufbauen.“

Söder erhöht Druck auf andere Bundesländer bei Migrationspolitik: Bezahlkarte und Grenzkontrollen

Außerdem sei in Bayern „die Zahl der freiwilligen Ausreisen (…) so hoch wie seit zehn Jahren nicht“. Söder sieht dafür vor allem die neue Bezahlkarte verantwortlich. „In Bayern haben wir die Bezahlkarte bereits im März 2024 flächendeckend eingeführt, andere Bundesländer leider immer noch nicht“, erklärt der Ministerpräsident.

Söder betonte, Deutschland müsse jetzt gemeinsam mit der EU und Frontex den Grenzschutz ausbauen. „Bislang war Deutschland beim Thema Migration ein Geisterfahrer in Europa.“ Das sei nun anders. Engmaschige Grenzkontrollen müssten nun „über einen längeren Zeitraum“ aufrechterhalten werden.

Söder will Frontex und Grenzschutz stärken – Neun EU-Länder fordern mehr Freiräume bei Abschiebungen

Neun EU-Länder forderten unterdessen in einer gemeinsamen Erklärung mehr Freiräume bei der Abschiebung straffällig gewordener Ausländer. In einem offenen Brief sprechen sie sich für eine Diskussion über die Auslegung „internationaler Konventionen“ bei heutigen Herausforderungen wie der Migration aus. Was einst richtig gewesen sei, sei möglicherweise nicht mehr die Antwort von morgen, heißt es in dem Dokument. Außerdem brauche die EU mehr Möglichkeiten, gegen „feindliche Staaten, die versuchen, unsere Werte und Rechte gegen uns zu verwenden (…) indem sie Migranten an unseren Grenzen instrumentalisieren“ vorzugehen.

Der Brief entstand auf Initiative Dänemarks und Italiens, unterzeichnet haben ihn zudem Österreich, Belgien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen und Polen. Die neun Länder kritisieren in dem Schreiben, dass die Interpretation der Europäischen Menschenrechtskonvention in manchen Abschiebefällen zum Schutz der falschen Personen geführt habe.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) neben dem neuen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU).
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) neben dem neuen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Die beiden haben den Grenzübergang bei Kiefersfelden/Intal Ost am 15. Mai besucht. In Bayern werden vermehrt wieder Grenzkontrollen durchgeführt. © Frank HOERMANN/SVEN SIMON Fotoagentur GmbH & Co. Pressefoto KG

Verschärfte Migrationspolitik: „Mehr Spielraum“ bei Abschiebungen innerhalb der EU

Die Unterzeichner gehen auch darauf ein, dass viele Migranten auf legalem Weg nach Europa gekommen seien und sich integriert hätten. Andere hätten sich jedoch gegen eine Integration entschieden und sich in Parallelgesellschaften isoliert. Es sei unverständlich, wenn manche Menschen in den Aufnahmeländern Straftaten begingen. Das sei nur eine Minderheit der Einwanderer, bedrohe aber die Grundlagen der Gesellschaften.

„Wir sollten auf nationaler Ebene mehr Spielraum bei der Entscheidung haben, wann kriminelle Ausländer ausgewiesen werden, zum Beispiel in Fällen schwerer Gewaltverbrechen und Drogenkriminalität“, fordert die Ländergruppe in dem Brief. Sie bräuchten auch mehr Entscheidungsfreiheit dabei, wie die Behörden kriminelle Ausländer verfolgen könnten, die nicht abgeschoben werden könnten.

Die Bundesregierung müsse sich diesem Vorhaben entgegenstellen, forderte der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg. „Der europäische Mechanismus zum Schutz von Grund- und Menschenrechten darf nicht zugunsten rechtspopulistischer Diskurse geopfert werden“, fügte er hinzu. Diese Initiative löse kein einziges Problem der Migrationspolitik, lege aber gleichzeitig „die Axt an Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsschutz in Europa“. Die Migrationspolitik wird sicherlich auch für Markus Söder zur Gradwanderung. Vor allem bleibt die Frage, wie weit die SPD in der Koalition mitspielen wird. (sischr/dpa)

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