Sorge über billige E-Autos aus China: „Nicht, dass uns etwas passiert wie bei der Solarindustrie“
Die EU könnte schon bald Strafzölle auf chinesische E-Autos erlassen. Obwohl Peking mit Gegenmaßnahmen droht, unterstützt SPD-Politiker Nils Schmid die Pläne.
Subventioniert China seine Autobauer, damit diese mit billigen E-Autos zu Dumpingpreisen die Weltmärkte überschwemmen? Nein, sagt Peking – die Fahrzeuge seien weltweit erfolgreich, weil sie höchsten Qualitätsansprüchen genügten. Und nur deshalb so günstig, weil das Lohnniveau in China immer noch verhältnismäßig gering ist. Mehrere westliche Regierungen sehen das anders. So kündigte US-Präsident Joe Biden vor Kurzem Strafzölle von 100 Prozent auf chinesische E-Autos an. „Sie fluten die Märkte“, warf Biden den Chinesen vor. „Das ist kein Wettbewerb – das ist Betrug.“
Auch die EU steht kurz davor, Sonderzölle auf importierte chinesische E-Autos zu erlassen. Mit einer Entscheidung der EU-Kommission wird noch vor der Europawahl gerechnet. Die deutsche Bundesregierung sieht Zölle kritisch, wird sich aber wohl nicht dagegenstemmen – auch wenn gerade Bundeskanzler Olaf Scholz die Strafmaßnahmen für keine gute Idee hält. Scholz fürchtet Gegenmaßnahmen der Chinesen, unter denen dann die deutschen Autobauer zu leiden hätten. Tatsächlich hat China bereits Zölle von 25 Prozent auf Importautos mit starken Motoren ins Spiel gebracht, vorgeblich aus Gründen des Klimaschutzes. Betroffen wären davon deutsche Luxusmarken wie Porsche.

Autobauer wie Mercedes und BMW treibt zudem die Sorge um, dass China als Reaktion auf EU-Zölle den Export von wichtigen Rohstoffen für die Batterieproduktion begrenzen könnte. Zudem produzieren die beiden Unternehmen in China auch für den deutschen Markt – sie wären somit auch direkt von Zöllen betroffen.
„China führt bewusst große Überkapazitäten in der Produktion von E-Autos herbei“
Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, stellt sich dennoch hinter die Pläne der EU. „Aus Angst vor Gegenmaßnahmen gar nichts zu tun, ist auch keine Lösung“, sagte der ehemalige Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg im Interview mit IPPEN.MEDIA. „Schließlich geht es darum, wie ein neu entstehender Markt aufgeteilt wird. Und wenn chinesische Hersteller sich mit unlauteren Maßnahmen Marktanteile sichern, dann ist das schädlich für die Zukunft der deutschen Autobauer.“
Für Schmid „spricht vieles dafür, dass China bewusst große Überkapazitäten in der Produktion von E-Autos herbeiführt, um ausländische Märkte zu Kampfpreisen zu erobern. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt auf faire Wettbewerbsbedingungen drängen.“
Nach der Entscheidung der US-Regierung, China-Autos mit hohen Zöllen zu belegen, fürchten viele Experten, chinesische Hersteller könnten den europäischen Markt noch stärker als bisher ins Visier nehmen. „Umso wichtiger ist es, dass die EU-Kommission schnell zu einem Ergebnis kommt und reagiert“, sagt Schmid. „Nicht, dass uns bei E-Autos etwas Ähnliches passiert wie bei der Solarindustrie.“
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Vor allem BYD erhält viel Geld vom chinesischen Staat
Laut einer Studie des Kiel Institut für Weltwirtschaft erhielten im Jahr 2022 mehr als 99 Prozent der börsennotierten chinesischen Unternehmen direkte staatliche Subventionen. Profitieren konnte davon vor allem der Autohersteller BYD: Die staatlichen Subventionen für den chinesischen Branchen-Primus seien von umgerechnet rund 220 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 2,1 Milliarden Euro zwei Jahre später gestiegen. BYD ist neben Geely und SAIC einer der Hersteller, auf die sich die EU-Untersuchungen konzentrieren.
Laut dem China-Experten Jacob Gunter von der Denkfabrik Merics hat China 2023 30 Millionen Autos gebaut und Kapazitäten für weitere zehn Millionen Fahrzeuge jährlich. Dem stünden jährlich aber nur Verkäufe in Höhe von rund 25 Millionen Autos gegenüber. Der Rest werde für den Export gebaut, und das zu Dumpingpreisen.
Allerdings, so SPD-Politiker Schmid, müssten sich die deutschen Autohersteller auch „fragen lassen, wie sie für die Mittelklasse günstige E-Autos anbieten können“. Wichtig sei „eine aktive europäische Industriepolitik, wie es zum Beispiel bei Batteriefabriken schon geschehen ist“. Hoffnung auf billige Elektrofahrzeuge „made in Germany“ hat Schmid dennoch nicht: „Die deutschen Hersteller werden so schnell keine E-Autos im Niedrigpreissegment anbieten können.“
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