Deutsche Milch-Betriebe äußern schon „Besorgnis“ – So reagiert China auf die E-Auto-Strafzölle

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China wehrt sich gegen EU-Sonderzölle auf den Import seiner Elektroautos. Im Visier hat Peking aber vor allem Europas Landwirtschaft mit ihren Milliarden-Subventionen.

Seit Beginn der Anti-Subventionsuntersuchung der EU gegen Elektroauto-Importe aus China fürchten europäische Firmen einen Konter aus Peking. Vor allem die Autoindustrie warnte vor Handelsbeschränkungen durch Peking. Chinesische Autohersteller forderten im Juni lokalen Medienberichten zufolge als Gegenschlag 25 Prozent Einfuhrzoll für Verbrenner-Autos mit großem Motor. In Europa produzieren vor allem deutsche Premiumhersteller solche Gefährte mit einem Hubraum ab 2,5 Liter.

Doch in der Realität zeichnet sich ein ganz anderer Trend ab: Chinas Vergeltung zielt auf Lebensmittel aus der EU: Schweinefleisch, Weinbrand und Milchprodukte zum Beispiel. Der Vorwurf unfairer EU-Subventionen in diesem Bereich könnte durchaus einen gewissen Widerhall finden, auch in anderen Ländern des globalen Südens. Denn kein EU-Sektor bekommt so viele Milliarden aus Brüssel wie die Landwirtschaft. Die Gemeinsame Agrarpolitik (Common Agricultural Policy/CAP) verschlingt knapp ein Drittel des EU-Budgets; der größte Teil davon fließt direkt als Einkommens-Unterstützung an die Produzenten – inklusive derer, die ihre Produkte exportieren.

Milchprodukte im Visier Chinas: Reaktion auf Europas E-Auto-Sonderzölle

Am Mittwoch nahm China Importe von EU-Milchprodukten für den chinesischen Markt ins Visier. Das Handelsministerium kündigte eine „Anti-Subventionsuntersuchung“ für Frischkäse, Quark, Schmelz- und Blauschimmelkäse sowie Milch und Sahne mit einem Fettgehalt über zehn Prozent an. Strafzölle könnten drohen. Untersucht würden innerhalb eines Jahres 20 Subventionsprogramme sowohl der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (CAP), als auch einzelner Mitgliedsstaaten wie Irland, Österreich, Belgien, Italien, Kroatien, Finnland, Rumänien und Tschechien, erklärte das Ministerium.

Nach offiziellen Angaben geht die neue Untersuchung auf eine Beschwerde chinesischer Hersteller von Milchprodukten zurück. Vergangene Woche habe es Gespräche mit EU-Vertretern zu dem Thema gegeben. Diese hatten nach Angaben aus Brüssel aber nicht zu Ergebnissen geführt.

Eine Kundin nimmt in einem Supermarkt von Nanjing eine Milchflasche aus dem Kühlregal
Bald Strafzölle für Europas Produkte im Milchregal? Kundin in einem Supermarkt der ostchinesischen Stadt Nanjing © Su Yang/Xinhua/Imago

China blickt auf Schweinefleisch, Milchprodukte und Autos: Gezielter Schlag gegen einzelne EU-Länder?

Doch Experten sehen die Maßnahme Chinas als Teil einer breiteren handelspolitischen Kampagne. Erst im Juni hatte Peking eine ähnliche „Anti-Subventionsuntersuchung“ für Schweinefleisch aus der EU gestartet – da hatte Brüssel gerade die Sätze für die neuen E-Auto-Sonderzölle verkündet. Seit Januar schon untersuchen die chinesischen Behörden außerdem mutmaßlich unzulässige Subventionen auf europäischen Weinbrand wie Cognac. Alle diese Maßnahmen treffen verschiedene Länder selektiv: Von höheren Zöllen auf Käse und Milch wäre als größter Exporteur dieser Produkte nach China vor allem Frankreich betroffen, das besonders stark für die E-Auto-Sonderzölle geworben hatte. Zufall ist das sicher nicht.

Auch die Weinbrand-Untersuchung trifft potenziell vor allem französische Produkte. Spanien ist der mit Abstand wichtigste Schweinefleischexporteur. Sonderzölle für große Autos wiederum würden vor allem deutsche Premiummarken mit ihren dicken Schlitten treffen.

China prüft und könnte Strafzölle erlassen: Sorgen in deutscher Milchwirtschaft

Der deutsche Milchindustrie-Verband (MIV) äußerte „Besorgnis“ über die angekündigten Ermittlungen. Deutschland exportierte 2023 rund 294.000 Tonnen Milch und Milcherzeugnisse (ohne Käse und Butter) mit einem Warenwert von 386 Millionen Euro nach China. Es ist der größte Einzelposten der Agrarausfuhren in die Volksrepublik. China sei trotz wachsender Eigenproduktion weiterhin ein wichtiger Importeur deutscher Milchwaren, so der MIV. Ziel müsse daher sein, „dass der Milch- und Lebensmittelsektor nicht in unangemessener Weise in den noch laufenden Industriestreit zwischen China und der EU über Elektrofahrzeuge und verwandte Technologien in Mitleidenschaft gezogen wird“.

Der MIV erwarte von Berlin und Brüssel, dass „sie sich auf höchster Ebene für eine rasche Beilegung dieses Streits einsetzen“. Die EU-Kommission plant nach den Worten eines Sprechers, „die Interessen der EU-Milchwirtschaft entschieden zu verteidigen“. Es sei noch Zeit für „konstruktiven Dialog und eine gemeinsame Lösung“, betonte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD). Es werde nun weitere Gespräche mit den Unternehmen, sowie Verhandlungen mit China „über den möglichen Abbau von illegalen Subventionstatbeständen“ geben.

EU-Firmen fürchten sich vor Handelskrieg mit China

Die EU-Handelskammer in China (EUCCC) kritisierte den aufkeimenden Handelskrieg. „Bedauerlicherweise wird der Einsatz von handelspolitischen Schutzinstrumenten durch eine Regierung zunehmend von der Regierung des Empfängers in gleicher Weise erwidert“, teilte die Kammer mit Bezug auf die Milch-Untersuchung mit. Die sei keine Überraschung. Die Untersuchung müsse fair und transparent durchgeführt werden, betonte die Kammer. Ihre Mitgliedsfirmen forderte sie auf, „in vollem Umfang zu kooperieren“.

Das geschieht auch im eigenen Interesse: Brüssel verhängte individuelle Sonderzölle gegen chinesische E-Autofirmen, deren Höhe von ihrer Kooperationsbereitschaft abhängen. Der höchste Zusatz-Zollsatz liegt bei 36,3 Prozent, etwa für den Staatskonzern Shanghai Automotive (SAIC). BYD muss 17 Prozent zahlen, Tesla für Importe seines Model 3 aus China sogar nur neun Prozent. Umgekehrt dürfte nun auch Peking die Firmen nach ihrer Kooperation bewerten.

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