Strafzölle: Expertin erklärt, woran Amerikas Autoindustrie krankt – pikanter Vergleich mit China

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Donald Trumps aggressive Zollpolitik soll die heimische Autoindustrie stärken – doch Experten wie Beatrix Keim sehen darin ein riskantes Spiel mit begrenztem Nutzen.

Washington/München – Durch neue Importzölle will Präsident Donald Trump die heimische Industrie stärken, wenngleich sich die höheren Einfuhrgebühren zunächst nur gegen China richten. Doch laut Beatrix Keim, Wirtschaftsexpertin vom Center Automotive Research (CAR) in Bochum, könnte der Schuss nach hinten losgehen.

„Eine Trump-Regierung unterschätzt offenbar völlig, dass die US-Bürger freien Willen haben“, warnt sie und sprach mit IPPEN.MEDIA über die Lage der US-amerikanischen Autoindustrie. „Die Regierung gaukelt etwas vor, was so nicht kommen wird.“

Die US-Autoindustrie im Vergleich: Stark, aber nicht konkurrenzfähig

Zwar wurden im Jahr 2024 rund 15,9 Millionen Autos in den USA verkauft, doch rund 8 Millionen davon waren Importfahrzeuge – also etwa die Hälfte. Heimische Hersteller wie Ford und General Motors tun sich schwer, international konkurrenzfähige Modelle zu liefern. „Eine Corvette wird zum Beispiel nie ein Porsche sein“, sagt Keim. Die schiere Größe der meisten Fahrzeuge sein ein Problem, außerdem haben die Vereinigten Staaten andere Abgas- und Verbrauchsnormen.

Amerikanische Fahrzeuge seien schlichtweg nicht auf den europäischen Geschmack ausgelegt – eine Ansicht, die weitere Experten teilen. Neben Imageproblemen machen auch höhere Lohn- und Nebenkosten den US-Markt weniger wettbewerbsfähig: „Die Auswirkung dessen, was gerade verkündet wird, scheint der Administration nicht deutlich zu sein – oder aber sie möchte ihre Wähler nicht schon verprellen.“

Wirtschaftsexpertin Beatrix Keim ordnet die Lage der amerikanischen Autoindustrie ein – und die Zollpolitik unter Donald Trump
Wirtschaftsexpertin Beatrix Keim ordnet die Lage der amerikanischen Autoindustrie ein – und die Zollpolitik unter Donald Trump. © Sven Simon/FKN/Imago; Montage: IPPEN.MEDIA

Deutsche Autobauer verkaufen in den USA rund 1,4 Mio. Autos

Kommen deutsche Hersteller aufgrund der lokalen Produktion in den USA bei den Strafzöllen glimpflich davon? Mitnichten: Zwar wurden 2024 von den rund 1,4 Millionen der drei großen deutschen Konzerne verkauften Autos etwa 500.000 direkt vor Ort produziert. Das schützt jedoch nicht vor schlimmen Auswirkungen der neuen Maßnahmen:

„In Amerika haben deutsche Fabrikate viel mit Image zu tun, hierzulande haben die Menschen mehr Vertrauen in heimische Marken“, sagt Keim über den Status der deutschen Marken. Gerade die teuren, margenträchtigen Fabrikate von Audi, Porsche und Co. werden nicht dort hergestellt, sondern importiert. Dazu werden zahlreiche Komponenten für die Produktion in den USA aus der EU geliefert. Zumindest stehen mittlerweile die Zeichen auf Verhandlungsbereitschaft.

Eine Corvette wird nie ein Porsche sein.

Strafzölle durch die USA: „Richtig gelackmeiert sind Japaner und Koreaner“

Stärker als deutsche Autobauer sind Beatrix Keim zufolge Hersteller aus Asien betroffen: „Richtig gelackmeiert sind die Japaner und Koreaner, weil die einen weit größeren Anteil in den USA haben“, so die frühere VW-Managerin. Allein die japanischen Marken mit Branchenprimus Toyota kommen in den USA auf etwa 36 Prozent Marktanteil – das sind mehr als ein Drittel des US-Autoverkaufs.

„Selbst Hyundai und Kia verkaufen mehr Fahrzeuge in den Vereinigten Staaten als deutsche Hersteller“, führt Keim aus. Eine erhöhte Zollbelastung könnte somit insbesondere auch asiatische Unternehmen empfindlich treffen. Ein Blick nach China zeigt, wie unterschiedlich Handelspolitik aussehen kann.

Volksrepublik China: Von der Zollmauer zum autonomen Absatzmarkt

Zwar hat auch die Volksrepublik lange hohe Zölle auf ausländische Autos erhoben, doch diese wurden laut Keim sukzessive gesenkt – aktuell auf einen Basissatz von 15 Prozent. Dazu kommt eine Verbrauchssteuer zwischen 3 und 40 Prozent, die sich nach dem Hubraum bemisst.

Auch durch die hohen Abgaben für umweltschädliche Verbrenner sinken die Importzahlen, gerade für hochmotorisierte Modelle: „Heute ist man weniger als früher bereit, sich von der Masse mit ausländischen Erzeugnissen abzuheben“, erklärt Keim. Die gesunkenen Einfuhren in China haben auch damit zu tun, dass es eine patriotischer gewordene Medienlandschaft gibt. Dazu bauen chinesische Hersteller nun eigene Premium- und Luxusmodelle, die sich vor der westlichen Konkurrenz nicht verstecken müssen.

Was die Länder noch unterscheidet: Während China auf Klimaschutz und technologische Eigenständigkeit setzt, scheint in den USA das Gegenteil zu gelten. „Der amerikanische Markt ist das Gegenteil von Klimaschutz. ‚Drill Baby drill‘ – das ist die Devise“, formuliert es Keim. Die Nachfrage nach Verbrennungsmotoren bleibt hoch, politische Rückendeckung für nachhaltige Technologien ist rar.

USA und die Zollgebühren unter Trump: Freihandel versus „America First“

Freier Handel bedeutet Wahlfreiheit – ein Prinzip, das laut Keim auch in den USA nicht außer Kraft gesetzt werden kann. „Unter freiem Himmel kann sich der Amerikaner aussuchen, welches Auto er bevorzugt.“

Musk und Trump
US-Präsident Donald Trump (r., mit Tech-Milliardär Elon Musk) und seine Administration sorgen mit ihrer Zollpolitik für Handelskonflikte. © Alex Brandon/AP/dpa

Neue Handelszölle, mit denen Trumps Regierung angeblich Steuersenkungen finanzieren möchte, sind aus Sicht der Expertin paradox, denn sie sind nichts anderes als eine weitere Steuerbelastung und führen zu einer höheren Inflation für Verbraucher und Verbraucherinnen: „Diese Zölle werden 1:1 an die Kunden weitergegeben – wodurch die US-Regierung mehr Steuergeld einnimmt.“(PF)

Auch interessant

Kommentare