Putin setzt im Ukraine-Krieg erstmals RS-26-Raketen ein – neue Rolle für Interkontinentalraketen?
Ein russischer Raketenangriff in der Ukraine löst viele Spekulationen aus. Die von Russland entwickelte RS-26 soll auch ein Zeichen für den Westen sein.
Dnipro – Russland soll am Donnerstag (21. November) die Ukraine mit einer ballistischen Mittelstreckenrakete des Typs RS-26 angegriffen haben. In Berichten, die kurz nach dem Angriff veröffentlicht wurden, wurde über den Einsatz einer Interkontinentalrakete im Ukraine-Krieg spekuliert. Russlands Präsident Wladimir Putin wollte mit dem Einsatz der Rakete auf Aktivitäten des Westens reagieren. Doch rund um die neu entwickelte Rakete bleiben viele Fragen offen.
Russland setzt RS-26 im Ukraine-Krieg ein: Rätsel um Putins Rakete
Putin bestätigte den Einsatz der Mittelstreckenrakete am Donnerstag in einer Fernsehansprache. „Zu den durchgeführten Operationen gehörte der Test eines der neuesten Mittelstreckenraketensysteme Russlands. Dabei kam eine ballistische Rakete zum Einsatz, die mit einem nicht-nuklearen Hyperschallsprengkopf ausgestattet war“, erklärte Putin, wie die Moscow Times berichtet. „Die russischen Raketenbetreiber nannten das System ‚Oreschnik‘ [übersetzt: Nussstrauch].“
„Die Tests verliefen erfolgreich, das Ziel wurde wie vorgesehen getroffen.“ Das „Ziel“ war dabei ein Raketen- und Rüstungsunternehmen in der ukrainischen Stadt Dnipro. Laut dem Kreml-Chef war dies eine Reaktion auf „die aggressiven Aktionen der NATO gegen Russland“. Damit bezieht er sich auf die Entscheidung mehrerer westlicher Staaten, darunter die USA, der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen russisches Territorium zu erlauben.
Russlands neue RS-26 in der Ukraine eingesetzt: Rakete mit mehreren Sprengköpfen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von dem Einsatz einer Interkontinentalrakete. „Alle Charaktereigenschaften – Geschwindigkeit, Höhe – sind die einer Interkontinentalrakete“, sagte Selenskyj. „Offensichtlich ist, dass Putin die Ukraine als Versuchsgelände nutzt.“ Unbestätigte Videos, die im Netz kursieren, sollen darauf hindeuten, dass die Rakete sechs Sprengköpfe hatte, wie Newsweek schreibt.
Auch das Pentagon spricht von einer ballistischen Mittelstreckenrakete, das auf dem Modell der russischen Interkontinentalrakete RS-26 Rubezh basiert. Laut dem Pentagon soll die Rakete mit einem konventionellen Sprengkopf abgefeuert worden sein, den Moskau jedoch nach eigenem Ermessen modifizieren könne, berichtet der Guardian.
„Es könnte umgerüstet werden, um verschiedene Arten konventioneller oder nuklearer Sprengköpfe zu tragen“, so Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh. Putin behauptete, dass die Rakete mit Hyperschallgeschwindigkeit arbeite und nicht abgefangen werden könne.
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Russlands neue RS-26 im Ukraine-Krieg: Einschüchterung des Westens?
Genaue Angaben über die neue russische Rakete fehlen. Die USA und Großbritannien gehen davon aus, dass die Mittelstreckenrakete nuklearfähig sei, jedoch eine theoretische Reichweite von weniger als 5500 Kilometern habe. Eine Interkontinentalrakete kann wiederum Entfernung von mehr als 5500 Kilometern zurücklegen. Zudem sagte ein US-Beamter der Moscow Times, dass Russland vermutlich nur über eine Handvoll der RS-26 verfüge.
„Russland hat die RS-26 wahrscheinlich als Mittel eingesetzt, um die Unterstützer der Ukraine einzuschüchtern und die Spannungen durch den Einsatz einer nuklearfähigen ballistischen Rakete zu erhöhen, die europäische Hauptstädte treffen kann“, erklärte William Freer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der britischen Denkfabrik Council on Geostrategy Newsweek. „Ihr Einsatz ist eher ein Signal als ein militärisches Bedürfnis.“ Derweil gibt es allerdings Zweifel daran, ob es sich bei der abgefeuerten Rakete überhaupt um ein neues Modell handelt – möglicherweise soll Putin in seiner Ansprache übertrieben haben.
Russland setzt RS-26 in der Ukraine ein: Entwicklung bereits angekündigt
Russland soll bereits in der Vergangenheit angedeutet haben, die Entwicklung eines Systems für ballistische Mittelstreckenraketen abzuschließen, wie Jeffrey Lewis, Experte für Nichtverbreitung am Middlebury Institute of International Studies in Kalifornien, dem Guardian sagte. Grund dafür sei die Vereinbarung zwischen den USA und Deutschland, ab 2026 US-Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. (vk)