Patriot-Raketen bringen Ukraine durch den russischen Raketenwinter

  • Stephanie Munk
    VonStephanie Munk
    schließen

Die Ukraine ist in diesem Winter besser vor den russischen Angriffen gewappnet – vor allem dank der Patriot-Luftabwehr aus dem Westen. Doch es gibt einen Knackpunkt.

Kiew – Kein Strom, keine Heizung – das war für die Ukrainer in der eisigen Kälte im Winter 2022/2023 an der Tagesordnung: Russland legte mit einer Angriffswelle rund ein Drittel der Energieversorgung des Landes lahm. Diesen Winter herrscht noch immer Krieg, fast täglich bombardiert Russland die Ukraine.

Und dennoch ist die Situation für das ukrainische Volk diesmal besser, wie der ukrainische Energieminister German Galushchenko jetzt in einem Interview mit dem US-Magazin Newsweek erklärte: Dank westlicher Waffenlieferungen könne die Ukraine in diesem Winter ihre Energieinfrastruktur weitaus besser schützen. „Das Luftverteidigungssystem ist viel stärker geworden“, so Galuschtschenko.  „Im Vorjahr hatten wir nicht viele Systeme. Wir hatten zum Beispiel keine Patriots.“

Das Luftabwehrsystem Patriot habe einen erheblichen Anteil an der gestiegenen Widerstandskraft seines Landes im Ukraine-Krieg, erklärte der ukrainische Minister. Mit den in den USA hergestellten Patriot-Systemen kann die Ukraine größere Ziele in der Luft abschießen, wie russische Flugzeuge, Drohnen, Raketen, Marschflugkörper – und auch russische Hyperschallraketen ab.

Abschuss einer Patriot-Luftabwehrrakete an einem unbekannten Ort. Die Ukraine soll über fünf der US-Luftabwehrsysteme verfügen.

Ukraine erhielt Patriots von den USA und Deutschland – mit durchschlagender Wirkung

Im Frühjahr 2023 lieferten die USA und Deutschland die ersten dieser hochmodernen Flugabwehrsysteme an die Ukraine. Im Dezember 2023 folgte ein drittes System aus Deutschland. Offenbar hat die Ukraine mittlerweile sogar fünf Patriots, wie das Wall Street Journal im Dezember berichtete. Genaue Anzahl und vor allem Lage sind aber streng geheim.

Durchschlagend ist aber offenbar die Wikrung: „In diesem Jahr haben wir – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – keine dramatischen Auswirkungen des Beschusses auf die Energieinfrastruktur“, erklärte Galuschtschenko gegenüber Newsweek. Und er hat Hoffnung, dass die Ukraine diesen Winter auch weiter davon verschont bleibe: „In wenigen Tagen ist es Februar“, sagte er. Das Ende des Winters sei in Sicht, daher sei man „zuversichtlich“.

Patriot zerstört sogar Putins „unbesiegbare“ Raketen

Zwar gebe es natürlich große Angriffe und Zerstörungen in Frontnähe, so der Politiker, aber für strategische Orte und große Bevölkerungszentren wie die Hauptstadt Kiew seien die Patriot-Systeme ein Segen. Erleichtert ist man in der Ukraine darüber, dass die Raketenabwehrsysteme auch in der Lage seien, russische Kinschal-Hyperschallraketen zu zerstören – hatte der russische Präsident Wladimir Putin diese doch zuvor als „unbesiegbar“ gerühmt.

Im Winter davor sei dies anders gewesen: Russland habe mit den Kinschal-Raketen nachts auf die Energieversorgung der Ukraine gefeuert und verheerende Schäden angerichtet. Diese Ukraine stand dem offenbar machtlos gegenüber. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt kein System, das die Kinschals abschießen konnte“, so der ukrainische Energieminister.

Der ukrainische Präsidenten-Berater Andrij Jermak ließ es sich kürzlich auf einer Veranstaltung des „United States Institute of Peace“ auch nicht nehmen, dass die Patriot-Systeme Putin Behauptungen über seine Kinschal-Raketen als „Lügen“ entlarvt habe. Jermaks Rede ist auf der Homepage des Instituts zu sehen.

Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine

Die Bundeswehr nutzt den Kampfpanzer Leopard in verschiedenen Varianten seit 1979. Bewaffnet mit einer 120-Millimeter-Kanone lassen sich in den jüngeren Modellen von vier Soldaten an Bord Ziele in einer Entfernung bis zu 5000 Metern bekämpfen. Die Ukraine erhält Panzer des Typs Leopard 2 A6. Das 62,5 Tonnen-Gefährt war bei seiner Einführung im Jahr 2001 als verbesserte Variante des A5 etwa mit neuer Hauptwaffe versehen worden. Das Modell A6M verfügt zudem über einen erhöhten Minenschutz.
Der US-Kampfpanzer M1 Abrams gleicht dem Leopard 2 in weiten Teilen. Den M1 Abrams gibt es seit 1980 in mittlerweile drei Hauptvarianten. Seit dem Modell M1A1 ist eine 120-Millimeter-Kanone an Bord. Die vier Insassen werden von einer Stahl-Panzerung vor Angriffen geschützt. Mit 1500 PS kommt der je nach Modell bis zu 74 Tonnen schwere Abrams auf eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 68 Kilometern pro Stunde. Anders als der Leopard 2 wird der M1 Abrams über eine Gasturbine mit Kerosin angetrieben.
Die Hauptwaffe der US-amerikanischen Bradley-Schützenpanzer besteht aus einer 25-Millimeter-Maschinenkanone M242 Bushmaster, die zwischen 100 und 200 Schuss pro Minute verschießen kann. Zudem sind die gepanzerten Kettenfahrzeuge, die nach General Omar N. Bardley benannt sind, mit Maschinengewehren des Typs M240 sowie panzerbrechende Raketen ausgestattet. Die Besatzung umfasst bis zu zehn Soldaten: Fahrer, Kommandant, Richtschütze sowie bis zu sieben Soldaten als Infanterietrupp. Der Panzer wurde dafür konzipiert, im Verbund mit Panzerartillerie und Kampfhelikoptern zu operieren.
Beim AMX-10 RC aus Frankreich handelt es sich um einen amphibischen Spähpanzer. Der Panzer wird aufgrund seiner schwereren Panzerung und Bewaffnung hauptsächlich bei der Aufklärung eingesetzt. Ausgestattet ist er mit einer 105-Millimeter-Kanone, wodurch er auch als Panzerjäger verwendet werden kann. Die Besatzung besteht aus mindestens vier Soldaten. Bei einer Gefechtsmasse von 14,2 Tonnen ist der Panzer mit 85 km/h extrem mobil.
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine

Patriots für die Ukraine: Raketen-Nachschub ist der Knackpunkt

Jedoch: Ob die Ukraine weiterhin ihre Bevölkerung und ihre Infrastruktur durch die Patriot-Systeme schützen kann, hängt auch davon ab, ob weiterhin genügend Nachschub an Abfangraketen verfügbar ist.  Das Institut für Strategische Studien (CSIS) gibt die Kosten für eine Raketenbatterie laut einem Bericht der Tagesschau mit 690 Millionen US-Dollar an. Eine einzige Rakete kostet also mehrere Millionen. Und bei den andauernden Angriffen Russlands könnte das Arsenal, das der Ukraine zur Verfügung steht, schnell aufgebraucht sein.

Nach Lösungen für dieses Problem wird bereits gesucht: Japan sagte im Dezember nach Angaben des Weißen Hauses zu, Patriot-Flugabwehrraketen an die USA zu liefern. Diese dürften dazu dienen, die von den USA an die Ukraine gelieferten Raketen zu ersetzen. Washington könnte dann Flugabwehrraketen aus eigener Herstellung an die Ukraine schicken, berichtete die New York Times. Auch die Nato hat laut der Nachrichtenagentur dpa Anfang Januar einen Vertrag über den Kauf von bis zu 1000 Flugabwehrraketen vom Typ Patriot angekündigt.

Patriot-Systeme im Ukraine-Krieg „für Bevölkerung von entscheidender Bedeutung“

Der ukrainische Minister Gulaschtschenko betonte in seinem Interview, wie wichtig es für die Ukraine sei, weiterhin über Patriot-Abfangraketen zu verfügen: Dies sei „nicht nur für den Krieg, sondern auch für die Menschen und für die Bevölkerung der Ukraine von entscheidender Bedeutung“, sagte er. Auch ein anderes Thema macht den Ukrainern Sorge: Es mehren sich Berichte, wonach Russland eine neue Großoffensive plant.

Unterdessen ging ein Video aus dem Ukraine-Krieg viral: Ein M-2-Bradley-Schützenpanzer der Ukraine macht darin kurzen Prozess mit einem T-90-Panzer Russlands. (smu)

Rubriklistenbild: © IMAGO/ABACA