Im Ukraine-Krieg: Raketentrümmer in Dnipro stellen Putins Behauptungen infrage
Laut Putin hat Russland eine neue Mittelstreckenrakete auf die Ukraine abgefeuert. Kürzlich gefundene Trümmer könnten der Darstellung widersprechen.
Dnipro – Die Spannungen im Ukraine-Krieg haben sich in den vergangenen Tagen verschärft: Nachdem das ukrainische Militär erstmals amerikanische ATACMS-Raketen und britische Storm-Shadow-Marschflugkörper in Russland eingesetzt hatte, antwortete der russische Präsident Wladimir Putin mit einer neuen Eskalationsstufe. Laut ersten Berichten feuerte sein Militär zum ersten Mal eine Interkontinentalrakete auf die Ukraine.
Diesen vermeintlichen Waffeneinsatz kommentierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wie folgt: „Heute hat unser verrückter Nachbar wieder einmal gezeigt, wer er wirklich ist und wie er Würde, Freiheit und menschliches Leben im Allgemeinen verachtet.“ Putin habe „so große Angst, dass er bereits neue Raketen einsetzt“.
Entdeckte Raketen-Trümmer im Ukraine-Krieg: Hat Putin gelogen?
Zunächst war nicht klar, ob Russland tatsächlich eine Interkontinentalrakete abgeschossen hat. Nun sollen Trümmerteile in der Ukraine entdeckt worden sein. Das berichtet CNN. Das Medium habe Fotos von ukrainischen Sicherheitskräften erhalten. Die Bilder sollen Wrackteile der russischen Rakete zeigen.

Ein westlicher Beamter hatte bereits das Abfeuern einer atomfähigen Interkontinentalrakete angezweifelt. Das Medium Agentstvo berichtet, dass sich unter den gefundenen Wrackteilen auch eine Komponente einer Bulava-Rakete befinde. „Die Serienproduktion dieser Rakete begann in den späten 2000er Jahren“, erklären Analysten. Diese Erkenntnis deute daraufhin, „dass die Rakete, die das russische Militär am Donnerstag einsetzte, möglicherweise nicht über die fortschrittlichen Technologien verfügt, die Putin in seiner Videoansprache behauptete.“
Putin hatte im russischen Fernsehen erklärt, sein Land habe im Ukraine-Krieg eine neue nicht-nukleare Rakete mit mittlerer Reichweite auf die ukrainische Region Dnipro abgefeuert. Mindestens drei Menschen wurden bei dem Angriff verletzt, erklärte der Leiter der Militärverwaltung von Dnipro. Zudem seien mehrere Gebäude beschädigt worden.
Wohl Interkontinentalrakete im Ukraine-Krieg eingesetzt: Putin verteidigt Raketen-Angriff auf Dnipro
„Als Reaktion auf den Einsatz amerikanischer und britischer Langstreckenwaffen haben die russischen Streitkräfte am 21. November dieses Jahres einen kombinierten Angriff auf eine der Einrichtungen der ukrainischen Verteidigungsindustrie durchgeführt“, sagte Putin am Donnerstag in der TV-Ansprache.
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„Unter Gefechtsbedingungen wurde auch eines der neuesten russischen Mittelstrecken-Raketensysteme getestet“, sagte Putin und bezog sich damit offenbar auf den Angriff auf Dnipro. „In diesem Fall mit einer ballistischen Rakete in nicht-nuklearer Hyperschall-Ausrüstung. Unsere Raketentechniker nannten sie ‚Oreshnik‘. Die Tests waren erfolgreich. Das Abschussziel wurde erreicht.“
Die nun entdeckten Trümmerteile lassen jetzt Zweifel an Putins Aussagen aufkommen. Der Journalist Mark Krutov habe Seriennummern auf den Bauteilen identifiziert, die ihn zu einem staatlichen Beschaffungsvertrag aus dem Jahr 2013 führten, berichtet pravda.com. In dem Vertrag gehe es um die Erstellung technischer Unterlagen für die Herstellung von Teilen für Bulava-Interkontinentalraketen.
Attacke im Ukraine-Krieg: Bundeskanzler Scholz bezeichnet Raketenangriff als „Eskalation“
Diese Rakete sei keine Neuheit in Russlands Waffenarsenal. Das Militär habe die Rakete im Jahr 2012 offiziell in den Dienst gestellt. Die vermeintlich entdeckten Bulava-Komponenten ließen nun Zweifel daran aufkommen, ob die abgefeuerte Rakete wirklich über modernste Technologien verfüge. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Olaf Scholz hat den Einsatz der russischen Rakete gegen die Ukraine als riskante Eskalation bezeichnet. „Wie gefährlich dieser Krieg ist, sehen alle an der jüngsten Eskalation“, sagte der Bundeskanzler bei einer SPD-Kommunalveranstaltung. Dies gelte auch für den Einsatz nordkoreanischer Soldaten auf russischer Seite. Deutschland bleibe ein entschiedener Unterstützer der angegriffenen Ukraine. Allerdings sprach sich der SPD-Kanzlerkandidat erneut gegen die Lieferung der deutschen Taurus-Marschflugkörper aus. Ansonsten drohe eine direkte Auseinandersetzung zwischen der Nato und Russland. Solch ein Konflikt müsse vermieden werden. (Jan Wendt)