„Strategie der Verzweifelten“: Donald Trump könnte Anwälte entlassen – und Prozess verzögern

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Die Anhörung vor Schweigegeld-Prozess gegen Ex-Präsident Donald Trump soll am 15. April beginnen. Doch eine Expertin hält eine weitere Verzögerung für möglich. © Frank Franklin/AP/dpa

Schweigegeld und andere Prozesse: Für Trump steht weiter juristischer Ärger an. Mit einer radikalen Strategie könnte er sich vor der US-Wahl Zeit erkaufen.

New York – Die Zeit spielt gegen Donald Trump: In wenigen Tagen soll ein Schweigegeld-Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten beginnen. Im Mittelpunkt der Verhandlungen wird das Verhältnis des ehemaligen US-Präsidenten zu der Pornodarstellerin Stormy Daniels stehen. Eigentlich sollte der Auftakt bereits Mitte März sein, doch der Richter des Verfahrens hatte den Beginn kurzfristig um 30 Tage verschoben, nachdem Verteidigung und Anklage eine Verzögerung beantragt hatten.

Im Jahr der US-Wahl 2024 laufen gegenwärtig vier große Gerichtsprozesse gegen Trump. Mit Gegenanträgen und Berufungen bremsen Trumps Anwälte die Justiz allerdings aus und verzögern so aktuell weiteren juristischen Ärger. Die Strategie mag zwar für den 77-Jährigen kostspielig sein, doch der Republikaner erkauft sich vor der Präsidentschaftswahl im kommenden November wertvolle Zeit. Doch diese wird dennoch im Stormy-Daniels-Fall knapp. Das könnte Donald Trump zu einem weiteren radikaleren Schritt verleiten.

Trumps Prozess gegen Stormy Daniels vor Auftakt: Anwältin sieht möglichen Ausweg für Ex-Präsidenten

Justizexperten waren sich am Jahresanfang nahezu einig: Donald Trumps juristischer Ärger beschert dem Top-Kandidaten der Republikaner viel Aufmerksamkeit, die der ehemalige US-Präsident für seine Zwecke zu nutzen weiß. Zwischenzeitlich sah es zwar danach aus, dass Trumps Vermögen wegen Strafzahlungen in Gefahr geraten könnte, doch durch einen Börsengang scheint sich seine finanzielle Lage sogar zu verbessern. Am 25. März teilte sogar ein Berufungsgericht in den USA mit, dass dem früheren US-Präsidenten Donald Trump mehr Zeit für die Zahlung einer Millionenstrafe aus einem Betrugsprozess eingeräumt und die fällige Kaution reduziert wird.

Bei dem Schweigegeld-Prozess mit Stormy Daniels, der am 15. April starten soll und sich vor allem um eine Schweigegeldzahlung von 130.000 US-Dollar drehen wird, könnte Donald Trump nach der Einschätzung eines Experten einen weiteren Trumpf zur Prozessverzögerung auszuspielen. Joyce Vance, eine ehemalige US-Anwältin für den Nordbezirk von Alabama, schrieb auf ihrer persönlichen Webseite, dass Trump versuchen könnte, seine Anwälte entlassen.

Donald Trump vor Gericht: Weitere Verzögerung möglich

„Da der Prozess nur noch zwei Wochen entfernt ist, zeigt Trump zunehmende Anzeichen von Verzweiflung“, schrieb Vance. Ihre Einschätzung: „Es gibt auch die altbewährten Strategien der Verzweifelten: krank werden oder ein krankes oder sterbendes Familienmitglied finden und seine Anwälte entlassen“. Sollte Donald Trump letzteren Schritt in Erwägung ziehen, bräuchte er allerdings starke Argumente für diese Entscheidung. Der ehemalige US-Präsident müsste nachweisen, dass seine Anwälte nicht ausreichend seine Interessen vertreten würden. Schlussendlich müsste ein Richter die hypothetische Entlassung der Anwälte als Verzögerungsgrund für den Prozess anerkennen.

Alternativ könne der Richter aber auch verlangen, dass Trump mit der verbliebenen Anwaltschaft den Prozess bestreitet, so Vance. Die US-Anwältin aus Alabama gibt zudem zu bedenken, dass Trump die Entlassungen nicht bis zur letzten Minute herauszögern sollte, da er sonst noch unglaubwürdiger wirken würde.

Donald Trump trickst Justiz aus: Ex-Präsident pocht auf Immunität

Schon länger steht im Raum, dass Donald Trump mithilfe seiner finanziellen Mittel und Spitzfindigkeiten das Justizsystem der USA aushebelt. Mal fluten seine Anwälte kurz vor Ablauf von Fristen die Staatsanwaltschaften mit neuen Beweisen oder sähen Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Staatsvertretern. Im Fall des Prozesses um den Sturm auf das Kapitol hat Trump derweil eine Grundsatzdebatte um seinen Immunitätsstatus als US-Präsident losgetreten. Eine Umfrage von Politico/Ipsos kam allerdings im März zu dem Schluss, dass die meisten Amerikaner nicht von der Trump-Aussage überzeugt sind.

Ende März erklärte der Stanford-Professor David Alan Sklansky im Spiegel, dass weiterhin die Möglichkeit einer Gefängnisstrafe für Donald Trump bestehen würde. Allerdings müssten dafür mehrere Variablen ineinander greifen, damit es tatsächlich zu einer Inhaftierung kommen könnte. Dies sei sehr unwahrscheinlich, hieß es weiter. Zum Fall Daniels sagte er: „Ich denke, dass es aus Trumps Sicht eine Katastrophe wäre, wenn dieser Fall vor Gericht käme, und er weiß das. Deshalb hat er so sehr versucht, ihn hinauszuzögern.“ Sollte Trump im Jahr der US-Wahl wegen des Prozesses vor Gericht erscheinen müssen, wäre dies laut Sklansky ein politischer Albtraum, da er die öffentliche Bühne wohl kaum zu seinem Vorteil nutzen könnte.

Trump nutzt Vermögen: Prozesse verzögern sich – Experten blicken bereits auf die US-Wahl 2024

Inwieweit es Donald Trump gelingen wird, in den kommenden Wochen seine Prozesse herauszuzögern, bleibt abzuwarten. Ziemlich sicher ist allerdings, dass der 77-Jährige weiterhin versuchen wird, alle Möglichkeiten auszunutzen. Für viele Beobachter erscheinen die Trump-Prozesse inzwischen als Paradoxon: Vor knapp einem Jahr hieß es noch, dass vor dem Gericht alle Angeklagten gleich behandelt werden. Doch durch sein Vermögen gelingt es Trump, mit seiner Verzögerungsstrategie das Rechtssystem der USA auszuhebeln.

Dass Donald Trump dabei nur sein Recht ausnutzt, kommentierte auch die Washington Post vor einigen Tagen: „Ganz gleich, wie sehr man Trump missbilligt oder sich wünscht, dass seine Ambitionen auf die Präsidentschaft scheitern, jeder Angeklagte hat Anspruch auf ein ordnungsgemäßes Verfahren, einschließlich der Möglichkeit, Berufung einzulegen“. Sollte es Trump gelingen, bis zu einer möglichen Wiederwahl als US-Präsident Verurteilungen zu vermeiden, könnte dies die Prozesse gegen ihn zudem weiter erschweren. Vermutet wird, dass der Republikaner die Macht seines Amtes nutzen würde, um die Strafverfahren zu stoppen. Schon jetzt ist bekannt, dass Trump das Justizministerium politisieren und Tausende Mitarbeiter austauschen will. (fbu/dpa)

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