Bebauungsplan für Kosmetikschule: „Wir wollen keine Ruine über Jahre“
Noch immer gilt der Baustopp für die Kosmetikschule der Firma Gruber, noch immer ist kein Ende des Nachbarschaftsstreits in Sicht. Geändert hat sich die Haltung des Rottacher Gemeinderats: Anders als im April stimmte er jetzt für einen Bebauungsplan, der das Seminarhaus rechtlich sichern soll.
Rottach-Egern – Die Entscheidung des Rottacher Gemeinderats, dem Unternehmen Gruber am Reiffenstuelweg ein Schulungsgebäude für die Ausbildung von Kosmetikerinnen zu bewilligen, reicht drei Jahre zurück. Das Seminarhaus gehört zum Zukunftskonzept des Unternehmens, das durch seine Schönheitsfarm am Berta-Morena-Weg bekannt ist. Man rechnete wohl nicht mit Widerstand. Doch er kam, was Bürgermeister Christian Köck (CSU) nicht nachvollziehen kann. „Ich verstehe die ganzen Interventionen nicht“, meinte er bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats.
Baustopp seit Anfang März
Der Angesprochene saß im Zuhörerraum. Hermann Elmering, der in dieser Sache seinen Sohn Ernst Erik als Kläger vertritt, war ebenso anwesend wie Irene Bopp, Vorständin der Gruber-Stiftung, mit Anwalt Benno Ziegler. Wie berichtet, klagt Elmering als Nachbar gegen die Baugenehmigung. Begründung: Er fürchte um den Charakter des allgemeinen Wohngebiets. Mit einem Eil㈠antrag hat er einen Baustopp erreicht. Am 6. März hat das Verwaltungsgericht München den Status quo mit einer sogenannten Zwischenentscheidung eingefroren. Sie soll gelten, bis das Gericht ein endgültiges Urteil trifft. Werden weiterhin alle juristischen Mittel eingesetzt, kann das Jahre dauern.
Antrag zum zweiten Mal auf dem Ratstisch
Vor diesem Hintergrund hatte Bürgermeister Köck schon im April dem Gemeinderat empfohlen, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Seminarhaus aufzustellen. Doch das Gremium lehnte mit 12:7 Stimmen ab. Man wolle nicht in einen Nachbarschaftsstreit eingreifen, hieß es. Der Beschluss war mit der Empfehlung verbunden, eine Mediation in Anspruch zu nehmen und sich außergerichtlich zu einigen. Für Verstimmung hatte auch der Plan B des Unternehmens Gruber gesorgt. Um das Gebäude irgendwie nutzen zu können, wollte die Gruber-Stiftung dort eine Flüchtlingsunterkunft einrichten. Auch von Abwanderung war die Rede. Der Bauantrag für die Unterkunft wurde inzwischen von den Behörden abgelehnt und scheint vom Tisch. Für die Kosmetikschule reichte das Unternehmen Gruber ein Verkehrs- und Immissionsgutachten nach. Es gab Gespräche, Rechtsauskünfte und nicht öffentliche Sitzungen. Danach setzte Köck den sieben Wochen zuvor ablehnten Antrag für die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein zweites Mal auf die Tagesordnung.
Bebauungsplan soll Kosmetikschule sichern
„Das ist legitim“, meinte Köck. Beim ersten Anlauf hätten wichtige Informationen gefehlt. Zum Beispiel die, dass die Gemeinde mit dem Beschluss keineswegs Gefahr laufe, eine unzulässige Gefälligkeitsplanung zu tätigen. Bauamtsleiterin Tanja Butz verlas das Ergebnis der Rechtsberatung. Demnach ist der Umstand, dass die Firma Gruber Kosmetik bereits am Ort ansässig ist und das Seminarhaus der Ausbildung von Kosmetikerinnen dient, bereits ein städtebaulicher Grund für die Aufstellung eines Bebauungsplans. Dieser dürfte sich vor Gericht für das Unternehmen als hilfreich erweisen.
„Die Lage hat sich geändert“
Thomas Tomaschek (Grüne) sah noch einen anderen Grund, 56 Tage nach dem ersten Votum umzuschwenken. „Die Lage hat sich verändert“, meinte er. Die Streitparteien hätten die Zeit, sich zu einigen, nicht genutzt. Es sei auch keine Annäherung in Sicht. Das Gebäude aber stehe da: „Wir müssen den furchtbaren Zustand schnell beenden.“ Wenn die Parteien nicht in die Gänge kämen, so Tomaschek, schalte eben die Gemeinde einen Gang hoch: „Wir wollen keine Ruine über Jahre.“
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Früher waren lautere Nachbarn da
Köck erinnerte daran, was zuvor auf dem Gruber-Grundstück angesiedelt war: Erst ein Getränkemarkt – „da hat es den ganzen Tag nur so gescheppert“ – dann ein ebenfalls viel Lärm verursachender Hausmeisterservice. Von den Kosmetikerinnen werde hingegen kaum eine Lärmbelästigung ausgehen, so der Bürgermeister. Die Gemeinde sei dankbar, dass sich in dem Gebiet, das weitgehend der Wohnnutzung diene, ein stilles Gewerbe ansiedle. Der Bebauungsplan, erklärte Bauamtsleiterin Butz, ermögliche es, die von der Gemeinde gewünschte Nutzung festzuschreiben: „Diese Chance sollten wir ergreifen.“
Hoffnung auf ein Ende des Streits
Das unterstrich Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG). Die Gemeinde nehme die Sorge des Klägers ernst, der rechtliche Sicherheit hinsichtlich der Nutzung verlange. Diese sei mit dem Bebauungsplan gegeben. Sie hoffe, so Schultes-Jaskolla, dass der Kläger sein Hauptziel erreicht sehe und der Streit zu einem Ende komme. Sie wolle nicht unterstellen, dass es um die Lust am Streit gehe oder darum, den anderen maximal zu schädigen: „Denn das fände ich schäbig.“