Angeklagter war ausreisepflichtig

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Tegernsee

KommentareDrucken

Vor dem Landgericht muss sich derzeit ein 40-Jähriger verantworten. © IMAGO

Der wegen einer Vergewaltigung in Tegernsee angeklagte Jordanier (40) hätte das Land eigentlich noch vor seiner Tat verlassen müssen.

Der Jordanier, der sich derzeit vor dem Landgericht München wegen einer Vergewaltigung in Tegernsee verantworten muss (wir berichteten), war zum Zeitpunkt der Tat ausreisepflichtig. Diese Information hat nun das Landratsamt Miesbach herausgegeben, nachdem die Bild-Zeitung dies vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt hatte. Demzufolge war der 40-Jährige seit dem 27. Juli 2023 „vollziehbar ausreisepflichtig“, wie es im Juristen-Deutsch heißt. Verhaftet wurde der Mann am 7. August. Er soll eine 18-jährige, ebenfalls in der Asylbewerber-Unterkunft in Tegernsee lebende Frau, vergewaltigt haben. Wie Zeugen berichteten, hat sich der Angeklagte wiederholt an Frauen herangemacht und diese belästigt – dies, obwohl er verheiratet ist und mit seiner Frau in der Unterkunft lebte. Der Prozess dauert an.

Behörde: Zu wenig Zeit für eine Abschiebung

Seit zwölf Tagen war der 40-Jährige vor der mutmaßlichen Vergewaltigung ausreisepflichtig. Zu wenig, um den Jordanier tatsächlich abzuschieben, wie das Landratsamt auf Nachfrage erklärt. „Zur Durchführung der Abschiebung sind zahlreiche Schritte erforderlich, zum Beispiel die Beschaffung von Passdokumenten und die Abstimmung mit dem Landesamt für Asyl und Rückführung, das die Abschiebung organisiert.“ Diese Schritte seien zwar angestoßen worden, die Zeit aber zu kurz gewesen.

„Vollziehbar ausreisepflichtig“ werden abgelehnte Asylbewerber, wenn sie nach einem entsprechenden, rechtskräftigen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Deutschland nicht binnen 30 Tagen freiwillig verlassen. Wobei die Behörde darauf hinweist, dass der Status „vollziehbar ausreisepflichtig“ nicht automatisch bedeutet, dass die Betroffenen abgeschoben werden können. „Oftmals bestehen praktische oder rechtliche Hindernisse.“ So brauche es in der Regel einen gültigen Pass, über den viele Geflüchtete nicht verfügen oder die Mitwirkung bei der Beschaffung des Dokuments verweigern. Zudem könne es vorkommen, dass ein Land die Rücknahme seiner Staatsangehörigen verweigert. Nicht zuletzt können etwa familiäre Bindungen oder medizinische Gründe dazu führen, dass nicht abgeschoben wird. „Die Person erhalte dann eine Duldung.“

Abschiebung erst nach Ende des Prozesses möglich

Faktisch ist der 40-Jährige auch aktuell ausreisepflichtig. Eine Abschiebung kommt aber erst nach Ende des Prozesses infrage – im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft. Zum Prozedere heißt es: „Die zuständige Ausländerbehörde prüft, ob eine Abschiebung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen möglich ist und stellt einen Antrag auf Abschiebung beim Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR). Das LfAR organisiert die eigentliche Rückführung und die Buchung von Flügen.“

Im Kreis Miesbach leben nach Auskunft des Landratsamts derzeit 246 ausreisepflichtige Personen, für 73 ist die Kreisbehörde zuständig, für den Rest die Zentrale Ausländerbehörde in München. Wie viele tatsächlich abgeschoben werden können, „kann leider im System nicht ausgewertet werden“.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion