Dieser Fehltritt hätte ihn fast die WM gekostet
Ein noch immer ungeklärter "Vorfall" bei seinem Klub Borussia Dortmund hätte Paris Brunner fast die U17-WM gekostet. Dort wurde er nun zum gefeierten Halbfinalhelden.
So richtig konnte Paris Brunner den historischen Moment, den er soeben mit seinem Treffer zum 4:2 im entscheidenden Elfmeterschießen gegen Argentinien geschaffen hatte, noch nicht erfassen. Es schien, als habe er selbst noch nicht begriffen, dass er die deutsche U17 mit seinem Tor ins WM-Finale geschossen hatte.
Brunner jubelte zunächst jedenfalls ziemlich zurückhaltend und drückte immer wieder seine ausgestreckten Handflächen nach unten. So, als ob er sagen wollte: "Bloß nicht zu früh freuen, Jungs. Noch haben wir nicht gewonnen." Erst als er im Augenwinkel seine Teamkollegen auf ihn zustürmen sah, verstand offenbar auch er die komplette Tragweite seines Treffers – und dass der fünfte und letzte argentinische Elfmeterschütze deshalb gar nicht mehr antreten würde.
Im selben Moment gab der Schiedsrichter ihm mit dem Schlusspfiff noch ein zusätzliches, akustisches Signal. Und so gab sich dann schließlich auch der Held des Spiels, dem schwarz-rot-goldenen Siegestaumel hin. Mittlerweile umringt von seinen Mannschaftskameraden, riss sich Brunner sein Trikot mit der Nummer sieben vom Oberkörper, bevor seine aufgestaute Freude in Form eines Jubelschreis förmlich aus ihm herausbrach.
Chaos in Brunners Gefühlswelt
Dabei war es nur allzu verständlich, dass Brunner seine Gefühlswelt und Emotionen so unmittelbar nach diesem spektakulären Halbfinalthriller nicht sofort wieder ordnen konnte. Die beiden Teams hatten sich schließlich bereits in der regulären Spielzeit einen packenden Schlagabtausch geliefert, bei dem die Argentinier mit ihrem Ausgleichstreffer in der siebten Minute der Nachspielzeit (98.) zum 3:3 den finalen Elfmeter-Showdown überhaupt erst erzwungen hatten.
Brunner stand bei diesem Spektakel von Anfang an im Mittelpunkt. Erst hatte er die DFB-Elf aus kurzer Distanz und spitzem Winkel mit seinem schwächeren linken Fuß mit 1:0 in Führung gebracht (9.). Vor dem 1:1 verlor er dann den entscheidenden Zweikampf im eigenen Strafraum gegen Dylan Gorosito und ermöglichte so die Vorlage.
Halbfinalthriller als Sinnbild für Brunners bewegte Karriere
Nach dem Seitenwechsel nutzte er dann einen Abspielfehler von Argentiniens Torwart Florentín zu seinem wuchtigen Treffer in den Winkel zum 2:2. Dass Brunner schließlich auch noch den entscheidenden Elfmeter verwandelte, war nur noch die passende Pointe seiner ganz persönlichen Geschichte – die dieses Spiel betrifft, aber auch weit darüber hinausgeht. Die Achterbahnfahrt der Gefühle im Halbfinale steht gewissermaßen auch sinnbildlich für Brunners bisherige Karriere.
In der ging es zwar bislang meist steil bergauf, speziell in den vergangenen Wochen und Monaten gab es aber auch immer wieder unerwartete Wendungen – positive und negative. Es ist also keinesfalls nur die Geschichte eines strahlenden Helden in einem Fußballmärchen, sondern vielmehr ein Drama in mehreren Akten.
"Vorfall" und Rauswurf beim BVB bleiben ungeklärt
Zuletzt hatte der Offensivspieler bei seinem Klub Borussia Dortmund für negative Schlagzeilen gesorgt. "Aus disziplinarischen Gründen", wie es in der äußerst knapp gehaltenen Mitteilung vom 18. Oktober hieß, hatte der BVB den 17-Jährigen nämlich suspendiert und damit zwischenzeitlich vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Über die Gründe hatte der Revierklub mit Verweis auf das geringe Alter des Spielers keine Angaben gemacht.
Trainer Edin Terzić hatte nur von "einem Vorfall" gesprochen. Eine drastische Maßnahme, denn damit verpasste der BVB ausgerechnet einem der derzeit zweifellos vielversprechendsten Talente des deutschen Fußballs einen Denkzettel. Nach knapp zwei Wochen sowie einem Gespräch mit Brunner, der kongolesische Wurzeln hat, und seinen Eltern hob die Borussia die Suspendierung schließlich wieder auf.
Deshalb stand seine WM-Teilnahme auf dem Spiel
Im Zuge seiner vorübergehenden Freistellung beim BVB stand auch immer wieder ein Rauswurf Brunners bei den DFB-Junioren im Raum. Dabei wäre der Offensivspieler aus sportlicher Sicht eigentlich unverzichtbar und über jeden Zweifel erhaben.
Brunner hatte schon im Mai und im Juni beim EM-Triumph der deutschen U17 mit vier Treffern als Torschützenkönig und bester Spieler des Turniers für Aufsehen gesorgt. Der Lohn folgte im August: die Fritz-Walter-Medaille in Gold für den besten deutschen Spieler des Jahrgangs 2006.