Kursk-Offensive der Ukraine: Putin beordert Söldner aus Afrika zurück – „keine größere Ehre“
Wladimir Putin will eigentlich die Ukraine erobern. Nun muss er die Grenzregion Kursk von Kiews Streitkräften befreien. Dafür holt der Kreml-Chef Söldner zurück.
Kursk – Die Kursk-Offensive der ukrainischen Streitkräfte zwingt Wladimir Putin zu einer Reaktion. Ist die Front im Ukraine-Krieg schon seit Monaten beinahe festgefahren, stießen die aus Kiew befohlenen Truppen augenscheinlich ohne größere Gegenwehr Hunderte Kilometer tief in russisches Territorium vor. Anwohner vor Ort mussten evakuiert werden.
Es drängt sich unweigerlich der Eindruck auf, der Kreml-Chef würde angesichts seiner imperialistischen Pläne die Verteidigung seines eigenen Landes vernachlässigen. Um dem entgegenzutreten, sollen nun – neben weiteren verlegten Einheiten – die Bären aus Afrika den ukrainischen Soldaten in der Grenzregion in die Parade fahren.
Putin und die Kursk-Offensive: Kreml-Chef holt Brigade Bear aus Afrika zurück nach Russland
Gemeint ist die Brigade Bear – im Original: Medvedi –, deren Kämpfer zuletzt in Burkina Faso die Macht von Junta-Chef Ibrahim Traore sichern sollten. Der Russland nahestehende Militäroffizier gilt seit dem Sturz seines Vorgängers Paul-Henri Sandaogo Damiba, der sich ebenfalls an die Macht geputscht hatte, als Staatsoberhaupt des westafrikanischen Landes.
Kommandeur der Brigade Bear ist Viktor Jermolajew, der der in Paris sitzenden Nachrichtenagentur Agence France-Presse (afp) die Verlegung nach Russland bestätigte. „Wir haben gesehen, dass (die Ukrainer) den Krieg gewählt haben“, sagte er demnach: „Krieg ist unser Geschäft. (…) Es gibt keine größere Ehre für einen russischen Kämpfer als die Verteidigung der Heimat.“
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Brigade Bear kämpft im Ukraine-Krieg: Putin setzt auf Söldner-Truppe mit Erfahrung in Afrika
Jermolajew tritt unter dem Kampfnamen „Jedi“ auf und hatte sich bereits am 27. August auf dem Telegram-Kanal seiner Söldner-Truppe zu Wort gemeldet. Darin kündigte er die Verlegung in die Heimat an: „Im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen kehrt die Brigade auf die Krim zurück.“ In dem Dorf Perewalne auf der von Russland 2014 annektierten Halbinsel soll die Brigade Bear ihr Hauptquartier haben.
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Es handele sich jedoch um eine begrenzte Rekrutierung, wie Jermolajew zu einem Bild von sich in Kampfmontur klarstellte. Der afp erklärte er dazu: „Einige bleiben natürlich, wir haben Stützpunkte und Immobilien, Ausrüstung und Munition. Wir bringen nicht alles nach Russland zurück.“

Putin und der Ukraine-Krieg: Söldner-Kommandeur will „interne Probleme“ vergessen
Zuvor hatte die französische Zeitung Le Monde darüber berichtet. Demnach würden 100 der 200 bis 300 in Burkina Faso stationierten russischen Kräfte zurückbeordert – nur drei Monate nach ihrer Ankunft.
Den Bericht hatte der Bear-Kommandeur demnach mit folgenden Worten bestätigt: „Wenn der Feind unser russisches Territorium betritt, vergessen alle russischen Soldaten die internen Probleme und vereinigen sich gegen einen gemeinsamen Feind.“
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass er von „internen Problemen“ spricht, was als Kritik an der Militärführung in Moskau verstanden werden kann. Auch andere Einheiten sollen mit den Befehlen aus der Hauptstadt bekanntlich nicht immer glücklich sein, Russland hat im Ukraine-Krieg allem Anschein nach bereits immense Verluste zu beklagen.
Jermolajew verkündete vielleicht auch deshalb auf Telegram, in seinen Reihen habe es keine Verluste gegeben und seine Söldner würden in kämpferischer Stimmung nach Russland kommen.
Söldner-Kommandeur an die Ukraine: „Krieg ist unser Job und eine heilige Pflicht gegenüber dem Mutterland“
In einem weiteren Post warf Jarmolajew den Feinden – also offenbar der Ukraine und wohl auch dem Westen – vor, in Filmen und Artikeln über seine Gruppe zu informieren, aber wenig über sie zu wissen.
„Bären sind freiwillige Krieger. (…). Krieg ist unser Job und eine heilige Pflicht gegenüber dem Mutterland“, ließ er unter einem Foto von sich in Kampfmontur wissen: „Wir lieben den Frieden, wir schaffen Frieden, aber wir wissen besser als jeder andere, wie man kämpft!“
Weiter betonte der Kommandeur der Söldner, seine Brigade habe „keinerlei Verbindung zum russischen Verteidigungsministerium“. Dagegen steht die Brigade Bear nach Ansicht des Experten Jack Margolin vom Foreign Policy Research Institute (FPRI) „unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums“ und ist einer Militäreinheit angegliedert, die die Wagner-Gruppe ab 2014 belieferte.
Es handele sich nicht um eine private Militäreinheit wie etwa bei der vom bei einem Flugzeugabsturz gestorbenen Jewgeni Prigoschin gegründeten Söldner-Truppe. Margolin schrieb auf Twitter von „einer halbformalisierten Struktur, die vom Verteidigungsministerium kontrolliert wird und Vorteile bei der Rekrutierung, der Flexibilität und der Fähigkeit, Ressourcen aus anderen Quellen als dem Verteidigungsministerium zu beziehen, bietet“.

Experte über Brigade Bear: Söldner-Truppe ist kein Konkurrent für die Wagner-Gruppe
Die Brigade Bear sei keinesfalls als Konkurrent von Wagner anzusehen. Vielmehr stelle sie einen weiteren Beweis dafür dar, „wie kreativ das Verteidigungsministerium bei seinen Ansätzen für die Personalausstattung und den Einsatz sowohl im Afrikakorps als auch in den halbstaatlichen Einheiten in der Ukraine war“.
In einem neuen Twitter-Post betonte Margolin, für „Russlands Konfliktunternehmer“ sei ein Einsatz in der Ukraine erstrebenswerter als in Afrika, denn dieser biete „mehr Prestige, besseren Zugang zu staatlichen Ressourcen und mehr Vorhersehbarkeit“. Überrascht sei er, dass die Brigade Bear und andere Einheiten ihre Verlegungen von Afrika in die Ukraine oder nach Russland öffentlich gemacht haben. Er schlussfolgert: „Dies wirft einige Probleme bei der Rekrutierung auf, bringt aber auch einen weitaus höheren Status mit sich.“
Russland soll sich schon seit Monaten schwer tun, neue Soldaten für den Ukraine-Krieg zu gewinnen. Um die Entscheidung zu erleichtern, wurden die finanziellen Verlockungen bereits erheblich angehoben. Dennoch scheinen viele Russen abzuwinken, weil ihnen ihr eigenes Leben dann doch unbezahlbar ist. (mg)