Brisante Dokumente zu Kursk-Offensive der Ukraine: Hat Putins Russland Warnungen monatelang ignoriert?
Brisante Dokumente zu Kursk-Offensive der Ukraine: Putin ignorierte Warnungen wohl monatelang
War Putins Russland schon seit Januar vor einer Kursk-Offensive der Ukraine gewarnt? Neue Dokumente weisen darauf hin.
Kursk – Russische Befehlshaber sollen schon Monate vor der Offensive in Kursk Moskau vor einer möglichen Invasion gewarnt haben. Diese Informationen, über die der Guardian berichtet, sollen aus Dokumenten stammen, die während der Kursk-Offensive von ukrainischen Truppen erbeutet wurden. Die Dokumente aus dem Ukraine-Krieg offenbaren auch, dass Russland um die Moral der Soldaten in Kursk besorgt war, nachdem ein Soldat an der Front in der Ukraine Selbstmord begangen hatte.
Die Befehlshaber der russischen Truppen wurden angewiesen, sicherzustellen, dass die Soldaten täglich russische Medien konsumieren, um ihre „psychologische Verfassung“ zu erhalten, wie es in den Dokumenten heißen soll. Obwohl der Guardian die Authentizität der Dokumente nicht unabhängig überprüfen konnte, wird angenommen, dass sie echt sind.
Brisante Dokumente zur Kursk-Offensive: Wusste Putins Russland seit Januar von der Bedrohung im Ukraine-Krieg?
Brisant: Die Dokumente sollen zeigen, dass Russland bereits eine Vorahnung zu den Ukraine-Plänen gehabt haben könnte. Ein Eintrag vom 4. Januar deutet demnach darauf hin, dass die Ukraine möglicherweise in der Lage sein könnte, die Staatsgrenze zu durchbrechen. Am 19. Februar wurde vor einem „schnellen Angriff aus der Sumy-Region in russisches Territorium“ gewarnt.
Es wurde vorausgesagt, dass Kiew bis zu 80 Kilometer tief vordringen und einen Korridor errichten könnte, wie es in den Dokumenten steht. Mitte Juni gab es erneute Warnungen aus Kursk, dass die Ukraine Pläne habe, in Richtung Junakiwka und Sudscha vorzurücken. Heute ist die russische Kleinstadt Sudscha unter ukrainischer Kontrolle. Die Warnungen der Befehlshaber in Kursk wurden im Kreml um Wladimir Putin offenbar ignoriert.
Der Überraschungsangriff der ukrainischen Streitkräfte auf das russische Grenzgebiet bei Kursk hat jedoch bisher keine Entlastung für die Verteidiger im Donbass gebracht, die stark unter Druck stehen. Russland hat Personal und Kampfunterstützung aus dem Donbass in Richtung Kursk verlegt und Truppen aus Kaliningrad und Zentralrussland mobilisiert, so Christian Freuding, der militärische Chefkoordinator der deutschen Ukraine-Hilfe, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Aber wir haben nicht beobachten können, dass signifikante Kampftruppe aus dem Bereich Donbass abgezogen und in Richtung Kursk verlegt wurde“, so der Generalmajor.
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„Aufgegangen ist die Rechnung der Ukrainer beim Überraschungseffekt, bei der Möglichkeit, ein Faustpfand in die Hände zu bekommen. Die russischen Streitkräfte sind in diesem Bereich stark abgenutzt worden“, erklärte Freuding, der kürzlich zu Gesprächen in der Ukraine war. „Jetzt wird es für die Ukrainer sehr darauf ankommen, diesen Raum auch weiter zu behaupten, zu halten, zu verteidigen.“ Die Ukrainer haben bei Kursk „ein bewusst hohes Risiko“ auf sich genommen.
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Freuding betonte die Wichtigkeit weiterer militärischer Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. Deutschland hat dabei eine Führungsrolle und hohe Ansprüche an sich selbst. „Die eine Komponente ist natürlich, voranzugehen, bei dem, was wir selber leisten. Die zweite Komponente ist, Partner zu ermuntern, ihnen Wege aufzuzeigen, wie wir auch durch gemeinsame Initiativen und Projekte diese Unterstützung noch verstärken können“, sagte er.
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Der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte am Vortag weitere Waffenhilfe für den Abwehrkampf der Ukraine im Wert von 1,4 Milliarden Euro noch in diesem Jahr an. Etwa 400 Millionen Euro sollen aus dem Verteidigungshaushalt finanziert werden, eine Milliarde Euro steht durch sogenannte Partnerbeteiligungen zur Verfügung – also Mittel, die Deutschland von Partnern eingeworben hat. Darüber hinaus sollen durch Zahlungsmechanismen auf EU- und G7-Ebene in Zukunft weitere erhebliche Gelder im mittleren zweistelligen Milliardenbereich bereitgestellt werden.
In Bezug auf die Waffenproduktion Russlands sagte Freuding: „Wir beurteilen die Situation schon so, dass es schwieriger geworden ist für die Russen, auch die Rüstungsindustrie mit ihren komplexen Komponentenzulieferungen weiter am Laufen zu halten, aber es gelingt eben immer noch. Es gelingt ihnen, indem sie Umwege gehen, und es gelingt ihnen dadurch, dass sie auf die Unterstützung von Partnern wie China, Nordkorea und Iran zählen können.“ Obwohl die Sanktionen wirken, gibt es Möglichkeiten, „Schlupflöcher zu finden oder auch ganz legale Umgehungsmöglichkeiten“.
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Freuding äußerte sich eher skeptisch über die Aussichten, dass der fortgesetzte Krieg in der Ukraine am Widerstand der russischen Bevölkerung scheitern könnte. „Wenn wir mit unserer westlichen Einstellung, mit unserem westlichen Blick immer gedacht haben, die russische Gesellschaft erträgt auch nur eine bestimmte Anzahl an Opfern, dann müssen wir jetzt erkennen, dass Russland seine eigene Mathematik hat“, so Freuding. „Was wir von unseren gesellschaftlichen Verhältnissen ableiten, ist auf Russland so nicht übertragbar.“ Dieser gesellschaftliche Aspekt findet „seine Umsetzung unter den ganz besonderen Bedingungen eines diktatorischen Regimes“. (dpa/sischr)