Neue Parkinson-Studie zeigt: Wohnort kann bedeutenden Unterschied machen
Neue US-Studie zeigt: Wer nah an Golfplätzen wohnt, hat ein erhöhtes Risiko, an Parkinson zu erkranken – besonders bei belastetem Trinkwasser.
Rochester/Minnesota – Eine neue neurologische Studie aus den USA kommt zu einem beunruhigenden Ergebnis: Menschen, die in der Nähe von Golfplätzen leben, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an Parkinson zu erkranken. Die Untersuchung, veröffentlicht im Fachjournal JAMA Network Open, basiert auf Daten des Rochester Epidemiology Project (REP) und analysierte die Krankheitsverläufe von über 5.500 Personen im Zeitraum von 1991 bis 2015. Das zentrale Ergebnis: Je näher eine Person an einem Golfplatz wohnt, desto höher ist ihre Wahrscheinlichkeit, an der neurodegenerativen Krankheit zu erkranken.
Parkinson zählt zu den häufigsten Erkrankungen des Nervensystems im Alter. Die genauen Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt – als wahrscheinlich gilt ein Zusammenspiel genetischer und umweltbedingter Faktoren. Ein Umweltfaktor, der zunehmend in den Fokus rückt, ist der Kontakt mit Pestiziden. Und genau hier setzen die Forschenden der Mayo Clinic an, wie aus ihrer Veröffentlichung hervorgeht.
Was ist Morbus Parkinson?
In Deutschland leben mindestens 200.000 Menschen mit Parkinson – Tendenz steigend. Die Erkrankung betrifft meist über 60-Jährige, in etwa zehn Prozent der Fälle beginnt sie jedoch bereits vor dem 50. Lebensjahr.
Typische Symptome:
• Zittern (Tremor) in Ruhe
• Bewegungsverlangsamung (Bradykinese)
• Muskelsteifheit (Rigor)
• Gleichgewichtsstörungen (posturale Instabilität)
• Frühsymptome können Depressionen, Schlafstörungen oder Geruchsverlust sein.
Ursache:
Parkinson entsteht durch das Absterben dopaminproduzierender Nervenzellen in der „Substantia Nigra“ im Hirnstamm. Warum diese Zellen zugrunde gehen, ist noch nicht vollständig geklärt. In zehn Prozent der Fälle liegt eine genetische Ursache vor.
Behandlung:
Zwar ist Parkinson bislang unheilbar, aber gut behandelbar. Medikamente wie L-Dopa können den Dopaminmangel ausgleichen. Bei fortgeschrittener Erkrankung kommt auch ein Hirnschrittmacher infrage.
Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)
Pestizide und Parkinson: Eine unterschätzte Gefahr?
Golfplätze sind für ihre aufwendig gepflegten Grünflächen bekannt – und dafür werden häufig große Mengen an Pestiziden eingesetzt. In den USA ist der Pestizidverbrauch auf Golfanlagen laut den Forschenden bis zu 15-mal höher als in europäischen Ländern. Diese Chemikalien können nicht nur in der Luft verweilen, sondern auch ins Grundwasser sickern und damit in das Trinkwasser gelangen. In der jetzt veröffentlichten Untersuchung wurden 419 Parkinson-Erkrankte aus Olmsted County in Minnesota mit 5.113 passenden Kontrollpersonen verglichen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berechneten die Entfernung zwischen dem Wohnort der Teilnehmenden und dem nächstgelegenen Golfplatz – basierend auf Adressen, die zwei bis drei Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome erfasst wurden.
Die Analyse zeigt: Die Wahrscheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken, war bei Menschen, die näher als drei Meilen (etwa 4,8 Kilometer) an einem Golfplatz wohnten, deutlich erhöht. Am auffälligsten war der Effekt im Umkreis von ein bis zwei Meilen: In dieser Gruppe war das Risiko fast dreimal so hoch wie bei Menschen, die weiter als sechs Meilen entfernt lebten. Auch innerhalb eines Radius von bis zu sechs Meilen waren die Risiken noch signifikant erhöht.
„Unsere Daten zeigen eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Nähe zum Golfplatz und dem Risiko, an Parkinson zu erkranken“, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. Auch nachdem die Forschenden weitere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Einkommen, Wohnorttyp – städtisch, vorstädtisch, ländlich – und ärztliche Versorgung berücksichtigt hatten, blieb der Zusammenhang bestehen.
Studie belegt: Stadtbewohner von Parkinson besonders betroffen
Ein weiterer zentraler Aspekt der Studie ist die Analyse der Trinkwasserquellen. Personen, deren Wasser aus Versorgungsgebieten mit einem Golfplatz stammte, hatten fast doppelt so hohe Chancen, an Parkinson zu erkranken wie Personen aus Gebieten ohne Golfplatz. Besonders besorgniserregend: In Regionen mit besonders durchlässigem Boden oder flachem Gestein – also sogenanntem „vulnerablem Grundwasser“ – war das Risiko nochmals deutlich erhöht. In solchen Gebieten mit Golfplatz stieg die Erkrankungswahrscheinlichkeit um 82 Prozent im Vergleich zu weniger gefährdeten Regionen.
Bemerkenswert ist, dass die Forschenden keinen Zusammenhang zwischen Parkinson-Risiko und der Tiefe oder Lage von kommunalen Brunnen feststellen konnten – weder bei flachen Brunnen noch bei Brunnen, die sich direkt auf einem Golfplatz befinden. Dies legt nahe, dass die Gesamtbelastung der Wasserquelle eine größere Rolle spielt als einzelne technische Details.
Als mögliche Ursache für den beobachteten Effekt nennen die Forschenden die hohe Belastung durch Pestizide. Diese Substanzen stehen schon länger im Verdacht, neurotoxische Wirkungen zu haben. Frühere Studien hatten ähnliche Ergebnisse bei Landwirtinnen und Landwirten sowie bei Menschen gezeigt, die beruflich regelmäßig mit Pflanzenschutzmitteln in Kontakt kommen.
Trotz aller statistischen Zusammenhänge bleibt der übliche wissenschaftliche Vorbehalt: Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Die Studienautoren betonen jedoch, dass ihre Ergebnisse weitere Untersuchungen rechtfertigen – insbesondere zur Regulierung des Pestizideinsatzes auf Golfplätzen und zur Qualität von Trinkwasser in deren Umgebung. In einer abschließenden Bewertung weisen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf hin, dass ihr Modell eine „sehr gute Kalibrierung“ aufweist und die Resultate auch in verschiedenen Sensitivitätsanalysen – etwa bei einer Beschränkung auf städtische Wohnlagen – stabil blieben. Im Gegenzug zu den Golfplatzanwohnern, haben Studienergebnisse 2024 belegt, dass Kaffeekonsumenten statistisch gesehen, seltener an Parkinson erkranken. (ls)