Bademeister rettet ihr Kind: Die Reaktion der Zehnfach-Mutter bringt ihn in Rage

Es gibt Situationen im Bad, die brennen sich ein. Nicht, weil etwas Dramatisches passiert ist, sondern weil man danach mit offenem Mund dasteht und denkt: „Wie kann das sein?“

Letzte Woche war wieder so ein Tag.

Eine türkische Großfamilie, zehn Kinder. Ein Kind im Kindergartenalter – alleine im Wasser, verloren. Ich habe es herausgeholt. Es ist nichts passiert, Gott sei Dank. Aber was danach kam, das beschäftigt mich bis heute.

Ralf Großmann wuchs im Schwimmbad auf und lebt Bäderbetrieb seit Kindheitstagen. Auf H2ohero.de teilt er seine Erfahrung aus deutschen Bädern – authentisch, alltagsnah und mit Herz für Sicherheit und Qualität. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Wir haben Durchsagen gemacht. Security hat das Gelände abgesucht. Es hat 45 Minuten gedauert, bis dieses Kind von den Eltern abgeholt wurde. 45 Minuten! 

Wer mit zehn Kindern ins Bad geht, übernimmt eine Verantwortung

In dieser Zeit stand die Polizei schon mit am Becken. Und dann kommt die Mutter und sagt: „Bei zehn Kindern kann das passieren.“ Da fehlen einem die Worte.

Ich sage es klar: Wer mit zehn Kindern ins Bad geht, übernimmt eine Verantwortung, die man alleine gar nicht tragen kann. Kinder sind keine Koffer, die man einfach abstellt. Das ist kein Versehen, das ist kein „kann passieren“. Das ist vorsätzlich. Weil man vorher schon weiß: Ich kann gar nicht auf alle achten.

Im Wasser gilt nicht das Gebet, sondern die Aufsicht

Und wenn dann noch die Haltung dazukommt, dass schon „jemand anderes“ aufpasst – die Bademeister, die Security, vielleicht sogar Gott – dann ist das brandgefährlich.

Ich will niemandem den Glauben absprechen. Religion kann viel tragen, gerade in großen Familien. Aber im Wasser gilt nicht das Gebet, sondern die Aufsicht. Kein Vers rettet ein Kind, wenn es untergeht. Kein Gott ersetzt die Verantwortung einer Mutter oder eines Vaters. Und trotzdem erlebe ich es immer wieder, gerade bei streng gläubigen Familien: da wird vieles in Gottes Hand gelegt.

Ich frage mich: Wie kann man überhaupt auf so eine Idee kommen?

Im Schwimmbad ist das keine Haltung, die wir akzeptieren können. Wasser ist gnadenlos. Wasser nimmt in Sekunden. Und wir als Personal stehen dann da – mit der Verantwortung, die eigentlich die Eltern tragen müssten.

Ich frage mich: Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, so viele Kinder alleine ins Bad mitzunehmen? Selbst wenn alles gut geht, das ist doch keine echte Aufsicht. Das ist Wegschauen, bevor überhaupt etwas passiert. Und wenn dann was schiefgeht, stehen wir Bademeister am Pranger. Wir sind diejenigen, die vor Gericht erklären müssen, warum niemand aufgepasst hat.

Das darf nicht sein. Wir dürfen nicht diejenigen sein, die den Kopf hinhalten, nur weil Eltern Verantwortung abgeben – an andere Menschen oder an ihren Glauben.

Das Krasseste für mich: Die Polizei war schon da. Die Familie wusste, dass das kein „kleines Versehen“ war. Und trotzdem diese Reaktion: „Kann passieren.“ Nein, es darf nicht passieren. Nicht bei zehn Kindern. Nicht bei zwei. Nicht bei einem.

Wer zehn Kinder hat, braucht auch zehn Augenpaare, die aufpassen

Ein Schwimmbad ist kein Ort, wo man Kinder unbeaufsichtigt spielen lässt und dann darauf vertraut, dass schon jemand da ist, der sie rettet – sei es das Personal oder der eigene Glaube. Wir brauchen klare Regeln, und wir brauchen Eltern, die diese Verantwortung tragen.

Wer zehn Kinder hat, braucht auch zehn Augenpaare, die aufpassen. Alles andere ist nicht Nachlässigkeit, das ist Fahrlässigkeit.

Und genau da kommen wir ins Spiel. Wenn wir als Personal so etwas dulden, machen wir uns selbst angreifbar. Dann heißt es im Ernstfall: „Die Bademeister haben es gesehen und nichts gemacht.“

Das ist grob fahrlässig. Wir können nicht einfach sagen: „Na ja, das sind halt die Gepflogenheiten der Familie.“ Nein. Wasser unterscheidet nicht nach Glauben oder Kultur. Wasser ist für alle gleich gefährlich.

Ein Schwimmbad ist kein Ort, an dem man Verantwortung abgibt – weder an das Personal noch an den Glauben

Am Ende ist es ganz einfach: Glaube kann Halt geben. Familie kann stark machen. Aber kein Glaube, keine Kultur und kein Brauch darf so interpretiert werden, dass Kinder im Wasser alleine gelassen werden.

Wer ins Bad kommt, muss Respekt vor dem Wasser haben – und Respekt vor dem Leben.

Dieser Vorfall zeigt: Wir müssen viel klarer benennen, was geht und was nicht geht. Ein Kind im Wasser ist keine Nebensache. Ein Schwimmbad ist kein Ort, an dem man Verantwortung abgibt – weder an das Personal noch an den Glauben.

Es geht hier nicht um kulturelle Unterschiede, es geht um Leben und Tod. Und wenn Eltern das nicht verstehen, dann müssen wir es klar machen. Mit Regeln. Mit Konsequenzen. Und wenn es sein muss, auch mit Polizei.

Denn eins ist sicher: Kein Glaube dieser Welt rettet ein Kind, das untergeht. Nur Aufsicht rettet. Nur Hinsehen. Nur Verantwortung.

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