Bademeister aufgewühlt: Diesen Appell wollen Eltern einfach nicht kapieren

  • Im Video oben: Brennpunkt Freibad: Ein Betroffener berichtet

Es ist ein Satz, den wir jedes Jahr immer und immer wieder wiederholen müssen: Schwimmflügel sind kein Schutz vor dem Ertrinken. Auch wenn es bequem wirkt, die Kinder mit bunten Luftkissen an den Armen ins Wasser zu lassen – sicher sind sie damit nicht. In den vergangenen Wochen gab es wieder mehrere tragische Unfälle an deutschen Seen. 

Besonders bewegt hat mich der Fall aus Schweinfurt, wo zwei Schwestern, sechs und acht Jahre alt, ums Leben kamen. Solche Nachrichten reißen einen auch nach Jahrzehnten im Beruf immer noch mit.

Es klingt hart, aber es ist die einzige Wahrheit: Die einzige wirksame Aufsicht sind die Eltern selbst Ralf Großmann

Ich sage das bewusst deutlich: Schwimmflügel können trügen! Kinder fühlen sich sicher, Eltern atmen kurz auf – aber es bleibt eine Illusion. „Auf den Flügeln steht es sogar drauf: Kein Schutz gegen Ertrinken“, sage ich, „und trotzdem verlassen sich viele darauf.“ 

Ralf Großmann wuchs im Schwimmbad auf und lebt Bäderbetrieb seit Kindheitstagen. Auf H2ohero.de teilt er seine Erfahrung aus deutschen Bädern – authentisch, alltagsnah und mit Herz für Sicherheit und Qualität. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Das Gefährliche: Kinder können die Flügel abstreifen, verlieren die Luft, kippen nach vorne. Das Wasser ist still, Ertrinken passiert leise. Kein Schrei, kein Winken – manchmal nur ein kurzer Moment, in dem niemand hinschaut.

„Diese Minute kann über Leben und Tod entscheiden“

Es klingt hart, aber es ist die einzige Wahrheit: Die einzige wirksame Aufsicht sind die Eltern selbst. Kein Bademeister, keine Schwimmhilfe, kein Nachbarhandtuch ersetzt den Blick von Mutter oder Vater. „Ich weiß, wie schnell Ablenkung passiert – das Handy vibriert, man unterhält sich, man schaut eine Minute weg“, sage ich. „Aber genau diese Minute kann über Leben und Tod entscheiden.“

Viele Eltern glauben, dass das Schwimmbad oder der See schon sicher genug sei, weil ja irgendwo Aufsichtspersonal da ist. Doch wir können nicht gleichzeitig überall sein. Unsere Augen reichen nicht über jede Wasserfläche, jedes Kind. 

Eltern müssen direkt bei ihren Kindern bleiben – nicht zehn Meter entfernt, sondern wirklich am Rand, mit wachen Augen.

Besonders gefährlich ist, dass viele nicht wissen, wie leise Ertrinken ist. 

Schwimmflügel, Schwimmwesten, bunte Ringe – sie alle haben einen Platz, aber sie sind keine Lebensversicherung. Sie erleichtern vielleicht das Planschen, sie geben Auftrieb. Aber sie schaffen auch eine trügerische Ruhe. Manche Kinder spielen sogar damit, ziehen sie aus, lassen sie treiben. Ich habe es oft gesehen: Eltern sitzen entspannt, das Kind springt ins Wasser, ein Flügel rutscht ab – und schon wird es kritisch.

Besonders gefährlich ist, dass viele nicht wissen, wie leise Ertrinken ist. Kein dramatisches Winken, kein Hilferuf. Kinder gleiten unter, manchmal nur wenige Zentimeter neben anderen Badegästen. Und niemand bemerkt es sofort.

Es trifft Familien, die dachten: „Uns passiert das nicht.“ Doch es passiert. Immer wieder.

Die Fälle häufen sich. Es sind nicht die Schlagzeilen aus fernen Ländern, sondern Unfälle direkt hier, bei uns in Deutschland. Seen, Freibäder, Flüsse. Es trifft Familien, die dachten: „Uns passiert das nicht.“ Doch es passiert. Immer wieder.

Und es trifft auch erfahrene Eltern. Menschen, die schon Jahre mit ihren Kindern im Bad waren. „Ertrinken macht keinen Unterschied zwischen erfahren und unerfahren, aufmerksam oder abgelenkt – es nutzt nur Sekunden“, sage ich. „Und diese Sekunden können wir nur füllen, indem wir wirklich hinschauen.“

Wir beobachten auch viele Momente, die uns Mut machen

Ich möchte aber auch betonen: Ich sehe genauso viele Familien, die es richtig machen. Da sitzt die Mutter direkt am Beckenrand, die Füße im Wasser, und der Blick bleibt beim Kind. Da steht der Vater mit im Nichtschwimmerbecken, die Arme ausgestreckt, bereit, sofort zuzupacken. Und dann merke ich: Genau so geht es. Kinder lachen, sie probieren aus, fühlen sich frei – und trotzdem ist jemand nah genug, um sofort zu reagieren.

Diese Szenen machen Mut. Sie zeigen, dass es gar nicht kompliziert ist, für Sicherheit zu sorgen. Es braucht keine Angst, keine Dauerpanik – nur Nähe und Aufmerksamkeit. Viele Eltern sagen mir danach: „Das war ein schöner Tag, wir konnten trotzdem entspannen, weil wir uns abgewechselt haben.“ Das ist die Haltung, die wir brauchen.

Nähe schützt – und schafft schöne Erinnerungen

Wenn man als Elternteil dicht dranbleibt, dann merkt man auch die kleinen Fortschritte: das erste Untertauchen, die Freude, wenn das Kind mit dem Kopf durch den Reifen schwimmt, das stolze Lächeln, wenn die Bahn allein geschafft wurde. Das sind Momente, die man nie vergisst. Und genau da liegt der Unterschied: Aus Nähe entsteht nicht nur Sicherheit, sondern auch Verbindung.

Ich sage das nicht, um Angst zu machen, sondern weil ich jeden Tag sehe, was passieren kann Ralf Großmann

Ich finde, das ist die positive Seite der ganzen Debatte. Es geht nicht nur darum, Gefahren zu vermeiden. Es geht darum, dass Eltern und Kinder gemeinsam etwas erleben, dass Vertrauen wächst – und dass ein sicherer Rahmen geschaffen wird, in dem sich Kinder frei entfalten können.

„Das einzig wirksame Mittel sind Eltern, die ihre Kinder im Wasser selbst im Blick haben. Punkt.“

Ich sage das nicht, um Angst zu machen, sondern weil ich jeden Tag sehe, was passieren kann. Ich weiß, viele mögen den erhobenen Zeigefinger nicht. Aber das hier ist kein moralischer Zeigefinger, es ist ein Hilferuf. Von uns Bademeistern, die jeden Sommer erleben, wie knapp es manchmal wird.

Mein Fazit ist klar: „Das einzig wirksame Mittel sind Eltern, die ihre Kinder im Wasser selbst im Blick haben. Punkt.“ Keine App, keine Kamera, keine Schwimmhilfe ersetzt das. Wenn wir das ernst nehmen, verlieren wir weniger Kinder – und gewinnen dafür mehr Sicherheit, Vertrauen und gemeinsame Freude im Wasser.