Als ich den Bürgermeister am Beckenrand sehe, fällt mir ein Versprechen ein
Es wirkt erst mal ungewöhnlich: Ein Bürgermeister steht mit Pfeife am Beckenrand, Stadträte tragen Funktionsshirt statt Sakko, und plötzlich interessiert weniger das Protokoll als der Wasserstand. Ich sage: Genau so muss es sein.
Wer über Bäder entscheidet, sollte einmal im Jahr dorthin, wo Entscheidungen wirken – an den Beckenrand, in die Technikräume, an die Kasse. Nicht für die Kamera. Sondern für den Kopf.
„Wer einmal einen vollen Sommertag mitverantwortet hat, entscheidet anders“
Politik redet gern über Zahlen, Tabellen, Fristen. Alltag im Bad ist etwas anderes: Laut, warm, komplex. Man sieht das nicht in Sitzungsunterlagen. Man spürt es. „Wer einmal einen vollen Sommertag mitverantwortet hat, entscheidet später anders“, sage ich bewusst als Appell.
Dabei geht es nicht um Heldentum, es geht um Verständnis. Wenn man eine Stunde lang nur den 50-Meter-Korridor beobachtet, merkt man, wie schnell sich Situationen verändern. Wenn man in der Mittagshitze konzentriert bleibt, versteht man, warum Pausen und Personalschlüssel nicht „Luxus“ sind. Und wenn man die Technikräume sieht, versteht man, wie viel Arbeit unsichtbar bleibt, bis irgendwas ausfällt.
Ralf Großmann wuchs im Schwimmbad auf und lebt Bäderbetrieb seit Kindheitstagen. Auf H2ohero.de teilt er seine Erfahrung aus deutschen Bädern – authentisch, alltagsnah und mit Herz für Sicherheit und Qualität. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Parsberger Bürgermeister am Beckenrand
Dass in Parsberg der Bürgermeister aktuell selbst Dienste übernimmt, ist für mich deshalb mehr als eine nette Sommermeldung. Es ist ein Beispiel, das zeigt: Verantwortung endet nicht an der Tür des Rathauses. Dort hat man nicht lange diskutiert, man hat gemacht. Genau dieses „Wir packen’s an“ wünsche ich mir öfter – als Ausnahme gestartet, als Haltung geblieben.
Was mich stört, ist etwas anderes: In Wahlkampfzeiten sieht man viele Fotos. Lächeln am Beckenrand, Daumen hoch, eine Runde durchs Bad, fertig. Das kann man machen, klar. Aber ehrlich: Ein Foto ersetzt keinen Dienst.

Ein Bild bringt niemanden sicherer nach Hause. „Nicht nur posieren – mithelfen“, das wäre mein Wunsch. Ein Vormittag Aufsicht, ein Nachmittag Unterstützung bei der Organisation, einmal eine Schicht mitlaufen. Danach redet man anders über Öffnungszeiten, Personalstellen, Ersatzteile und Wartung.
Die Frage ist nämlich nicht, ob ein Bad „teuer“ ist. Die Frage ist, ob man den Wert versteht. Bäder sind Daseinsvorsorge: Kinder lernen schwimmen, Menschen halten sich fit, Vereine trainieren, ältere Gäste bleiben mobil, Rettungsschwimmer werden ausgebildet.
Wer diesen Wert einmal in der Praxis gesehen hat, schiebt Entscheidungen nicht endlos vor sich her. Der erkennt, dass Sicherheitskonzepte keine Kür sind, sondern Pflicht – und dass ein fehlender Kopf in der Aufsicht kein „organisatorisches Problem“ ist, sondern ein echtes Risiko.
„Wir dürfen Sicherheit nicht totprüfen, während der Putz von der Wand fällt“
Ich habe in Sitzungen erlebt, wie Millionen für anderes in wenigen Tagen freigegeben werden. Und ich habe erlebt, wie bei Bädern monatelang geprüft wird – mit Vermerken, Rückläufen, Gutachten, Nachträgen. Brandschutz, Barrierefreiheit, Energie, Lärm: Alles wichtig, keine Frage. Aber wichtig heißt nicht: langsam. Wer Praxis kennt, priorisiert. „Wir dürfen Sicherheit nicht totprüfen, während der Putz von der Wand fällt“, so deutlich formuliere ich das.
Praxis verändert Sprache. Man spricht nicht mehr über „Eintrittserlöse“ und „Besucherströme“, als wären es Pfeile in einer Grafik. Man spricht über Menschen, die einen Ort brauchen, der funktioniert.
Man merkt, dass ein zusätzlicher Sonnenschutz kein „Nice to have“ ist, sondern Arbeits- und Gästeschutz. Man versteht, warum klar markierte Sichtlinien keine Dekofrage sind. Und man begreift, dass eine Schicht in Unterbesetzung kein Betriebsdetail ist, sondern ein Risiko, für das am Ende jemand geradestehen muss.
Der Bürgermeister von Parsberg sendet ein Ausrufezeichen
Parsberg zeigt, wie man anfängt. Der Bürgermeister steht da, wo sonst nur die Aufsichten stehen. Er nimmt wahr, was wir jeden Tag wahrnehmen müssen: dass es ohne Konzentration, Respekt und klare Abläufe nicht geht. Das ist kein Ersatz für Fachkräfte – und soll es auch nicht sein. Es ist ein Zeichen. Ein Ausrufezeichen, das sagt: Wir nehmen euch ernst. Wir kennen eure Realität. Wir entscheiden nicht mehr nur über euch, sondern mit euch.
Wenn wir das ernst meinen, hängen an so einer Geste drei Folgen:
Erstens: Entscheidungen werden schneller. Nicht übereilt, aber entschlossener.
Zweitens: Debatten werden ehrlicher. Weniger Show, mehr Substanz.
Drittens: Wertschätzung wird konkret. Nicht nur in Worten, sondern in Taten: stabilere Personalschlüssel, weniger Zickzack bei Öffnungszeiten, Planungssicherheit bei Sanierungen, kurze Wege, wenn ein Teil ausfällt und improvisiert werden muss.
Ich verspreche: Ein Tag im Bad verändert mehr als eine Woche Ausschussarbeit
Am Ende geht es nicht darum, aus jedem Bürgermeister einen Bademeister zu machen. Es geht darum, die Distanz zu verringern zwischen der Welt der Vorlagen und der Welt, in der Entscheidungen wirken.
Ich verspreche: Ein Tag im Bad verändert mehr als eine Woche Ausschussarbeit. Danach redet man anders über jede „kleine“ Position im Haushalt, weil man begriffen hat, dass aus „klein“ schnell „systemrelevant“ wird, wenn es um Sicherheit geht.
Das ist mein Fazit
Mein Fazit ist simpel und vielleicht gerade deshalb unbequem: Kommt raus. Zieht die Schuhe an, die rutschfest sind. Hört zu. Schaut hin. Macht mit. Sprecht danach. „Wer Praxis kennt, entscheidet anders – und besser“, dabei bleibe ich.
Denn es geht nie nur um Wasser und Fliesen. Es geht um einen Ort, an dem eine Stadt sich selbst begegnet. Und der verdient Respekt – nicht nur am Tag des Fotos, sondern jeden Tag.
Und noch ein Satz zum Wahlkampf: Wer im Sommer für ein Foto vorbeikommt, darf gern für eine Schicht zurückkehren. Das wirkt länger als jede Plakatwand und zeigt mehr Haltung als drei Slogans.