News zum Ukraine-Krieg - Ukraines Botschafter: Wagenknecht „will Ukraine der Gewalt ausliefern“

Selenskyj erbittet freie Hand für militärische Gegenangriffe

05.10 Uhr: Die ukrainische Staatsführung hat nach dem jüngsten russischen Luftangriff auf die östliche Großstadt Charkiw mit einem Todesopfer und 42 Verletzten erneut um freie Hand bei möglichen Gegenschlägen gebeten. „Dieser Terror kann nur durch eine systemische Lösung bekämpft werden, dies wäre eine Lösung mit langer Reichweite„, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache - damit meint er die Erlaubnis zum Einsatz von Waffen mit großer Reichweite gegen Ziele tief auf russischem Staatsgebiet.

Russische Militärflugzeuge dort zu zerstören, wo sie stationiert sind, sei eine “naheliegende, logische Lösung“, sagte Selenskyj. Den Partnern seines Landes sei bereits mehrfach erklärt worden, warum die ukrainischen Streitkräfte eine ausreichende Reichweite ihrer Waffen benötigten.

Die Verbündeten der Ukraine verweigern Kiew bisher die Erlaubnis, von ihnen gelieferte schwere Waffen mit großer Reichweite gegen Ziele in Russland einzusetzen. Stattdessen setzt die Ukraine Drohnen aus eigener Produktion ein, die jedoch nur geringe Sprengkraft haben. Moskau hat zuletzt gedroht, es werde einen solchen Einsatz schwerer Waffen als Beteiligung der Nato am Krieg gegen Russland betrachten.

Ukraines Botschafter Makeiev: Wagenknecht „will Ukraine der Gewalt ausliefern“

Montag, 16. September, 00.45 Uhr: Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat den Vorschlag von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zur Einrichtung einer internationalen Kontaktgruppe für eine Ukraine-Friedensinitiative scharf zurückgewiesen. „Um einem echten Frieden näher zu kommen, brauchen wir keine ‚Kontaktgruppen‘, sondern die nächste Friedenskonferenz, die alle Länder der Welt einlädt, um an einem gerechten Frieden zu arbeiten“, sagte Makeiev dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Um Frieden zurück zu erkämpfen und Russland diplomatisch zum Frieden zu zwingen, brauchen wir keine Vermittler, sondern Verbündete.“ Der einzige Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden sei der Zehn-Punkte-Plan, den der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vorgelegt habe.

Ausdrücklich kritisierte der Botschafter den SPD-Bundestagsabgeordneten und früheren Partei-Vizechef Ralf Stegner, der eine Teilnahme an einer Friedensdemonstration angekündigt hat, auf der auch die namensgebende Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auftreten soll. „Dass sich ein Demokrat nach einem Besuch in der Ukraine Wagenknechts Gruselkabinett anschließt, erfordert wohl besondere Geistesgymnastik.“ Die für den 3. Oktober geplante Demonstration bezeichnete Stegner als „Scheinfriedensdemonstration“.

Makeiev kritisierte, es gebe in der deutschen Debatte „jene selbsternannten Friedensstifter, die vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine keinen blassen Schimmer haben“. Dazu zähle Wagenknecht. „Seit 2022 fordert sie unter dem Deckmantel des „Friedens“ nichts anderes als die Legitimierung der russischen Besatzung“, sagte Makeiev. „Doch Besatzung ist kein Frieden.“ Er warf Wagenknecht vor, die Ukraine und ihre Bewohnerinnen und Bewohner ausliefern zu wollen: „Wagenknecht will ein Haus verkaufen, das ihr nicht gehört, und seine Bewohner der Gewalt ausliefern. Mit ihrer Maklertätigkeit für Moskau schadet sie letztlich dem gesamten Haus Europa. Sie will die europäische Sicherheitsarchitektur nach Kreml-Vorgaben zerreißen. Gäbe es einen Diktatfriedensnobelpreis, hätte sie ihn längst gewonnen“, sagte Makeiev. Es sei beschämend, dass deren Rhetorik nun auch bei anderen Parteien Widerhall fände.

Ex-Generalinspekteur warnt vor weiteren Waffenlieferungen: „Punkt ohne Umkehr“

Sonntag, 15. September, 7.43 Uhr: Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, General a.D Harald Kujat, hat vor der Lieferung weitreichender westlicher Waffen an die Ukraine und einer Freigabe für den Einsatz gegen militärische Stellungen im russischen Kernland gewarnt. Im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte Kujat: „Wenn jetzt weitreichende Waffen geliefert werden, dann werden die Möglichkeiten der Ukraine, solche Ziele anzugreifen, die für Russland eine existenzielle Bedeutung haben, steigen - und damit auch das Risiko, dass dieser Krieg ausgeweitet wird. Deshalb kann man nur warnen davor“. Der Ukraine warf Kujat vor, zu versuchen, „auch den Westen mit in diesen Krieg hinein zu ziehen“.

Ukrainische Angriffe auf Militär-Infrastruktur im russischen Kernland stellten ein „enormes Risiko“ dar, da das angegriffene russische Frühwarnsystem Teil des „nuklear-strategischen Gleichgewichts der beiden nuklearen Supermächte“ Russland und USA sei, sagte Kujat der NOZ. Der Westen müsse aufpassen, nicht andauernd „neue rote Linien“ zu überschreiten und schließlich an einen „Point of no return“ (zu Deutsch: „Punkt ohne Umkehr“, Anm. d. Red.) zu kommen.

Wechselnde Erfolge bei Kämpfen um Kursk

19.32 Uhr: Die ukrainischen Streitkräfte haben bei ihrem Vorstoß in die westrussische Region Kursk neue Gebietsgewinne erzielt, aber auch Gebiete bei russischen Gegenangriffen verloren. Wie der regierungsnahe ukrainische Militärkanal Deep State berichtete, eroberten die ukrainischen Einheiten drei weitere Siedlungen.

Russische Gegenangriffe wiederum drängten demnach die ukrainischen Truppen in der Umgebung der Ortschaft Snagost zurück. Auf einer bei Deep State veröffentlichten Karte ist ein tiefer Einbruch in die ukrainischen Verteidigungslinien zu erkennen. Die Angaben konnten von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.

Scholz schließt Lieferung weitreichender Waffen aus

19.00 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Lieferung weitreichender Präzisionswaffen an die Ukraine auch für die Zukunft und unabhängig von Entscheidungen der Bündnispartner ausgeschlossen. Bei einem Bürgerdialog im brandenburgischen Prenzlau bekräftigte er sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von der Ukraine bis nach Moskau (etwa 500 Kilometer) mit der Begründung, dass das „eine große Eskalationsgefahr“ mit sich bringen würde.

„Da habe ich Nein gesagt. Und das gilt natürlich auch für andere Waffen, wenn wir sie geliefert hätten, die in dieser weiten Distanz dort hineinschießen könnten“, sagte Scholz. „Das bleibt so. (…) Auch wenn andere Länder anders entscheiden.“

Russen melden: Weiterer Ort in der Ostukraine erobert

12.53 Uhr: Im Osten der Ukraine hat die russische Armee nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf erobert. „Der Ort Jelannoe Perwoe (Jelanne Perche auf Ukrainisch) wurde befreit“, gab das Moskauer Verteidigungsministerium am Samstag bekannt. Der kleine Ort liegt im Gebiet der für die Ukraine logistisch wichtigen Stadt Pokrowsk, die durch den russischen Vormarsch bedroht ist.

Die russische Armee ist in der Region Donezk in den vergangenen Wochen rasch vorgerückt. Regelmäßig berichtet sie von der Einnahme weiterer Orte in der ostukrainischen Region.

Moskau attackiert Ukraine nachts landesweit mit Drohnen

Samstag, 14. September, 11.20 Uhr: Russland hat die Ukraine in der Nacht erneut großflächig mit Drohnen angegriffen. Insgesamt seien etwa 70 der unbemannten Flugobjekte gestartet worden, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf seinem Telegramkanal. Demnach waren Objekte in den Gebieten Tscherkassy, Schytomyr, Winnyzja, Odessa, Sumy, Dnipropetrowsk, Poltawa, Cherson, Charkiw, Donezk, aber auch rund um die Hauptstadt Kiew Ziel der Attacken. Die Mehrzahl der Angriffe sei abgewehrt worden, teilte er mit - forderte allerdings zugleich erneut eine weitere Stärkung der Flugabwehr.

Die ukrainische Luftwaffe selbst meldete den Abschuss von 72 der insgesamt 76 gestarteten Drohnen. Über die Folgen des Angriffs machte die Luftwaffe keine Angaben. 

Größere Schäden wurden vor allem aus der Schwarzmeerregion Odessa gemeldet. In einem Vorort der Gebietshauptstadt seien durch Drohnentrümmer mehrere Gebäude, darunter auch ein Wohnhaus beschädigt worden, schrieb Militärgouverneur Oleh Kiper auf Telegram. Im Landkreis Ismajil, über den die Ukraine Teile ihres Getreides verschifft, wurden demnach Lagergebäude getroffen.

Auch in Kiew gingen Behördenangaben zufolge mehrere Trümmerteile nieder. Getroffen worden sei ein städtisches Unternehmen, ein Brand sei aber nicht ausgebrochen, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko. 

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