Kampf um Kernkraftwerk: Ukraine zerstört russisches Lager in Saporischschja

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Ukrainische Soldaten bei einer Manöverübung nahe der Stadt Saporischschja. © IMAGO/Smoliyenko Dmytro/Ukrinform/ABACA

In der Region Saporischschja tobt der Ukraine-Krieg. Zwei russische Festungen geraten unter Beschuss. Die Region besitzt hohen strategischen Wert.

Kiew – Das ukrainische Militär soll in der annektierten Region Saporischschja, im Süden des Landes, zwei russische Festungen angegriffen haben. Einen Beweis dafür soll ein kurzer Videoclip liefern, der mitten in der Nacht aufgenommen wurde und den die Spezialeinheiten der Ukraine am Montag in den sozialen Medien veröffentlichten. Auf dem Video sind mehrere Explosionen zu sehen, die offenbar von einer Drohne aus der Luft gefilmt wurden. Die Kämpfe an der Südfront gehen indes weiter.

Das Gebiet Saporischschja, das im September 2022 von Russland annektiert wurde, ist seit dem Angriff Wladimir Putins auf die Ukraine zusammen mit den Regionen Donezk, Cherson und Luhansk immer wieder Schauplatz schwerer Kämpfe. 760.000 Einwohner zählt die sechstgrößte Stadt der Ukraine. Die Großstadt liegt am Dnjepr, 70 km südlich der Stadt Dnipro. Der Kreml kontrolliert diese Regionen auch nach fast zwei Jahren Ukraine-Krieg nicht vollständig. Deswegen gibt es immer wieder Versuche seitens der Ukraine, Teile des Gebiets zurückzuerobern.

Denkfabrik bestätigt Vorstoß ins westliche Saporischschja

Das gelang auch. Zumindest zum Teil. Denn in den langen Monaten der Gegenoffensive konnte die Ukraine einige wenige Dörfer in Saporischschja zurückerobern, auch wenn die großen Erfolge im Süden ausblieben. Laut der amerikanischen Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) gab es keine bestätigten Verluste oder Gewinne an der Frontlinie an der Grenze zwischen Saporischschja und Donezk. Die ukrainischen Streitkräfte hätten aber einen Vorstoß im westlichen Saporischschja unternommen. Laut den Fachleuten aus den USA konnten diese Informationen jedoch nicht unabhängig bestätigt werden.

Keine Sorge vor dem Super-GAU: Experten schließen zweites Tschernobyl aus

Die Region um Saporischschja ist vor allem deswegen für beide Parteien von großem Interesse, weil dort das größte Kernkraftwerk Europas steht. Da sich die Region und damit auch das Atomkraftwerk inmitten der Front befinden, ist die Lage besorgniserregend. Die Gefahr eines schweren Unfalls ist sehr real, sagte Rafael Mariano Grossi, der Leiter der Atomaufsichtsbehörde der Vereinten Nationen, am Freitag, berichtet Newsweek.

Sollte sich hier erneut eine Nuklearkatastrophe ereignen, wäre es schon die zweite in der Geschichte der Ukraine. Denn auch der weltweit bekannte Reaktorunfall von 1986 in Tschernobyl ereignete sich auf heutigem Boden der Ukraine. Damals gehörte das Territorium noch zur Sowjetunion. So verheerend wie die Auswirkungen des Super-GAUs von Tschernobyl wären aber Beschädigungen des Kernkraftwerkes in Saporischschja nicht, die insgesamt sechs Reaktoren sind mittlerweile abgeschaltet.

Ukraine steuert gegen: Bau eines neuen, leistungsstärkeren Atomkraftwerkes

Dennoch fehlt der Ukraine nun vor allem der Strom aus dem Kraftwerk. Deswegen will das Land unter der Leitung von Wolodymyr Selenskyj noch in diesem Jahr mit dem Bau von vier neuen Atomreaktoren beginnen, das berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP. Alle vier Reaktoren würden im Atomkraftwerk Chmelnyzkyj gebaut, sagte der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko erst am Montag im ukrainischen Fernsehen. Mit der Leistung von insgesamt sechs Reaktoren werde es damit Saporischschja als größtes Atomkraftwerk Europas ablösen und „sogar leistungsstärker“ als dieses sein.

Bei zwei der neuen Reaktoren handelt es sich Haluschtschenko zufolge um den vom US-Unternehmen Westinghouse entwickelten Reaktortyp AP1000, bei den anderen beiden um Reaktoren sowjetischer Bauart vom Typ WWER-1000. Das in den 80er Jahren errichtete Atomkraftwerk im Westen der Ukraine verfügt derzeit über zwei Reaktoren. Zwei weitere sind seit Langem geplant, ihr Bau hatte sich aber verzögert.

Der Bau der vier neuen Reaktoren wird sich dem Minister zufolge über viele Jahre hinziehen. Der erste neue Reaktor soll demnach in etwa zweieinhalb Jahren fertiggestellt sein. Seine insgesamt sechs Reaktoren sind mittlerweile abgeschaltet. (bg/AFP)

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