Unterstützung im Ukraine-Krieg: „China wünscht sich keine russische Niederlage“

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Im Ukraine-Krieg steht China fest an der Seite Russland. Die Nato kritisiert das scharf. Auch eine Expertin sagt: „China tut alles, um Russlands Militärmaschinerie zu stärken.“

Eine derart klare Sprache gegenüber China war von der Nato bislang selten zu hören. Ganze 15 Mal findet die Volksrepublik im Abschlussdokument des Nato-Jubiläumsgipfels von Washington Erwähnung, nur Russland und die Ukraine kommen in dem Text häufiger vor.

Durch seine Partnerschaft mit Russland sei China „ein entscheidender Erfüllungsgehilfe für Russlands Krieg gegen die Ukraine“ geworden, heißt es in dem Dokument. „Es kann nicht sein, dass die Volksrepublik China den größten Krieg in Europa in der jüngeren Geschichte ermöglicht, ohne dass sich dies negativ auf ihre Interessen und ihr Ansehen auswirkt.“ Die Regierung in Peking müsse die Lieferung von Dual-Use-Gütern, also von Waren, die sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken verwendet werden können, an Russland sofort einstellen, fordert die Verteidigungsallianz.

„Russland soll aus chinesischer Sicht möglichst stark bleiben“

Wie genau China dabei hilft, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine voranzutreiben, legt auch eine neue Studie der drei Denkfabriken Merics, Chatham House und GMF dar. Koautorin ist die georgische Diplomatin Natalie Sabanadze. „China tut alles, um Russlands Militärmaschinerie zu stärken“, sagte Sabanadze im Interview mit IPPEN.MEDIA. Ohne die Unterstützung durch China stünde Russland im Ukraine-Krieg „viel schlechter da“. Das betreffe nicht nur Dual-Use-Güter. „Auch die Sanktionen, die der Westen gegen Moskau erlassen hat, hätten viel stärkere Auswirkungen, wenn China nicht helfen würde, sie zu unterminieren“, so Sabanadze, Senior Research Fellow mit Schwerpunkt Russland und Eurasien bei Chatham House.

Peking gehe es vor allem darum, im Schulterschluss mit Moskau die Dominanz des Westens zu brechen. „China ist auf Russland angewiesen – als Partner, mit dem es die Welt nach seinem Willen umgestalten kann. Deshalb soll Russland aus chinesischer Sicht möglichst stark bleiben“, sagt die ehemalige georgische Botschafterin in Belgien und Luxemburg.

Wladimir Putin und Xi Jinping im Mai in Peking.
Marschieren in dieselbe Richtung: Wladimir Putin und Xi Jinping, hier im Mai in Peking. © Sergej Bobylyov/Sputnik/AFP

„China wünscht sich keine russische Niederlage“, folgert Sabanadze. „Ich denke aber auch, dass Xi Jinping nicht auf einen überragenden Sieg der Russen hofft, denn das würde die Machtbalance zwischen beiden Ländern zugunsten Moskaus verändern. Ein Konflikt, der sich lange hinzieht und den Westen auf lange Zeit bindet, ist eher im Interesse der Chinesen.“ Dabei gebe es für Peking nur eine rote Linie: den Einsatz von Atomwaffen. „Eine derartige Destabilisierung des internationalen Systems wäre nicht im Interesse Chinas. Deswegen wirkt Peking mäßigend auf Russland ein.“

China weist Anschuldigungen der Nato zurück

China selbst wies am Donnerstag die Anschuldigungen der Nato zurück. Nicht China sei für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich, erklärte Lin Jian, ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. „Wer genau schürt die Flammen? Wer genau ‚ermöglicht‘ den Konflikt? Die internationale Gemeinschaft ist nicht blind“, behauptete Lin – und meinte damit die Nato selbst. China hingegen spiele eine „konstruktive Rolle“.

Es ist ein Narrativ, dass einem Realitätscheck nicht standhält. So zeigen Handelsdaten, dass China in großem Stil russisches Gas und Öl kauft und so Russlands Angriffskrieg befeuert; der Handel zwischen beiden Ländern kletterte im vergangenen Jahr auf ein Rekordhoch von mehr als 240 Milliarden US-Dollar.

Viktor Orbán, Ministerpräsident des Nato-Landes Ungarn, verbreitet dennoch weiterhin die Mär vom Friedensbringer China. „China ist die einzige Weltmacht, die sich von Anfang an zu Frieden bekannt hat“, behauptete er Anfang der Woche bei einem Besuch in Peking, Stopp Nummer drei seiner selbst erklärten „Friedensmission“ für die Ukraine.

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