Scholz kassiert Abfuhr von Xi: China bleibt im Ukraine-Krieg auf Russland-Kurs
Im Ukraine-Krieg steht Peking weiter an der Seite Russlands: Bei seinem China-Besuch konnte Olaf Scholz Staatschef Xi keine Zugeständnisse abringen.
Es klingt nach einem harmonischen Tag in Peking: „Es gibt keinen grundsätzlichen Interessenkonflikt zwischen China und Deutschland“, versicherte Xi Jinping am Dienstag (16. April) seinem deutschen Gast. Anschließend, so Staatsmedien, machten Kanzler Olaf Scholz und Chinas Staatschef „einen Spaziergang und gingen gemeinsam essen“. Wenig später lief dann noch die Meldung über die Ticker, dass Chinas Wirtschaft im vergangenen Quartal unerwartet stark gewachsen sei, nämlich um 5,3 Prozent. Besser geht‘s nicht. Oder?
Nun, der Bundeskanzler dürfte die Sache etwas anders sehen. „Wir haben viel miteinander zu besprechen“, erklärte er seinem Gastgeber und nannte zuvorderst den Ukraine-Krieg. „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa“, sagte Scholz zu Beginn seines Treffens mit Xi im Staatsgästehaus Diaoyutai. „Sie beeinträchtigen unsere Kerninteressen unmittelbar.“ Er wolle mit Xi darüber diskutieren, „wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können“, so Scholz.
Ukraine-Krieg: China fordert Westen auf, „kein Öl ins Feuer zu gießen“
Doch Chinas Staatspräsident hatte für seinen Gast nur altbekannte Floskeln parat. „Gemeinsam können wir der Erde mehr Stabilität und Sicherheit einhauchen“, säuselte Xi und behauptete später beim Vieraugengespräch mit dem Kanzler, sein Land sei „nicht an der Krise in der Ukraine beteiligt“. Westliche Beobachter sehen das freilich anders: Ohne die chinesische Unterstützung könnte Putin seinen Angriffskrieg so wohl nicht führen.
Ende vergangener Woche erst warfen die USA den Chinesen vor, Russland mit immer mehr Maschinen, Mikroelektronik und anderen Gütern zu beliefern, die das Land nutze, um Raketen, Panzer und Flugzeuge zu bauen. Chinesische Unternehmen versorgten Russland wahrscheinlich mit Material zur Herstellung von Munition, erklärten amerikanische Regierungsbeamte, zudem arbeiteten Unternehmen aus den beiden Länder gemeinsam an der Produktion von Drohnen. Verkehrte Welt: In Peking forderte nun allerdings Xi den Westen auf, kein „Öl ins Feuer zu gießen“, heißt: keine Waffen mehr an die vom China-Freund Putin bedrängten Ukrainer zu liefern.
Xi verteidigt Chinas Überproduktion
Seit Xi Jinping vor knapp zwölf Jahren an die Macht gekommen ist, sind deutsche Bundeskanzler achtmal nach China gereist; in Deutschland war Xi hingegen nur zweimal, zuletzt vor fast sieben Jahren. Scholz‘ erster China-Besuch im November 2022 dauerte – damals herrschte in dem Land noch immer ein strenges Corona-Regime – nur wenige Stunden; diesmal blieb er drei Tage und besuchte neben Peking auch Chongqing und Shanghai. In der Hauptstadt nahm sich Gastgeber Xi mehr als drei Stunden für den Kanzler Zeit, viel Konkretes hatte er seinem Besucher aber nicht anzubieten. Offen blieb etwa, ob China an einer für Juni geplanten Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz teilnehmen wird.
Auch verteidigte Xi Chinas Subventionen für Autobauer oder Solarhersteller, statt auf die Bedenken einzugehen, die Scholz am Vortag in Shanghai geäußert hatte. „Chinas Exporte von Elektrofahrzeugen, Lithiumbatterien und Photovoltaikprodukten haben nicht nur das weltweite Angebot bereichert“, dozierte Xi, „sondern auch einen großen Beitrag zur globalen Antwort auf den Klimawandel geleistet.“ Wohl mit Blick auf angedrohte Strafzölle der EU warnte Xi vor „aufkommendem Protektionismus“.
Menschenrechte? Bei Scholz‘ Besuch in China kein großes Thema – Einigung nur beim Müll
Schützenhilfe erhielt er ausgerechnet von der deutschen Autoindustrie, die offenbar Angst vor chinesischen Vergeltungsmaßnahmen hat. „Der beste Schutz ist, wettbewerbsfähig zu sein. Und wenn man anfängt, Handelshindernisse aufzubauen, erst der eine und dann der andere, dann führt das in die falsche Richtung“, sagte Mercedes-Chef Ole Källenius, der Scholz nach China begleitete, der ARD-„Tagesschau“.
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Ob Scholz in Peking auch die schlechte Menschenrechtslage in China angesprochen hat, blieb zunächst unklar. „Menschenrechte sind für Olaf Scholz nur eine Randnotiz“, teilte zum Abschluss der dreitägigen Reise jedenfalls die Tibet Initiative Deutschland mit. „Es ist beschämend, dass sich der Kanzler in China nicht mit Menschenrechtlern getroffen hat.“ Auch Chinas Drohungen gegenüber Taiwan erwähnte Scholz zunächst offenbar nicht.
Einen konkreten Erfolg zu verbuchen hatte lediglich Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), die den Kanzler zusammen mit zwei weiteren Ministern nach Peking begleitet hatte. Ein deutsch-chinesischer Aktionsplan, den Lemke am Dienstag unterzeichnete, soll helfen, Müll zu vermeiden. Möglich machen soll das ein effizienterer Umgang mit Ressourcen und Materialien wie Kunststoffen und Metallen für Verpackungen. Mehr Entgegenkommen aus Peking ist derzeit offenbar nicht drin.