Ampel bricht Führerschein-Versprechen: „Dabei hat es sich bewährt“

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Wollte beim Führerschein eigentlich neue Regeln: Verkehrsminister Volker Wissing © Soeren Stache/picture alliance (Symbolfoto)

Die Ampel wollte neue Führerscheinregeln in Deutschland einführen – scheitert damit allerdings am EU-Recht.

Dieses Koalitionsversprechen kann die Ampel nicht halten: „Um Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr zu schulen, werden wir begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen.“ So steht es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Im Weg steht dem Plan allerdings die EU.

Kein Führerschein ab 16: „Kann Deutschland nicht einseitig regeln“

Die Umsetzung lasse das europäische Recht derzeit nicht zu, erklärte das Bundesverkehrsministerium der dpa. Das Ministerium von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) teilte mit: „Da der Rahmen für das Führerscheinrecht auf europäischer Ebene für alle Mitgliedstaaten verbindlich geregelt ist, kann Deutschland eine Absenkung des Mindestalters nicht einseitig auf nationaler Ebene regeln.“ 

Das Bundesverkehrsministerium hatte sich nach eigenen Angaben zunächst bei der Europäischen Kommission für ein Modellvorhaben eingesetzt – und dabei auf die „positiven Erfahrungen mit dem begleiteten Fahren ab 17“ verwiesen. In einem Entwurf der Kommission zur EU-Führerscheinrichtlinie sei dieser Bitte jedoch nicht entsprochen worden, hieß es nun.

Die Idee ist nicht neu, seit Jahren wird das Thema diskutiert. Mehrere Bundesländer wie Niedersachsen oder Bayern hatten sich für entsprechende Versuche starkgemacht. Im bayerischen Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern heißt es etwa: „Wir setzen uns dafür ein, dass in besonderen Ausnahmefällen (Fahrten von und zur Arbeits- und Ausbildungsstätte) eine Fahrerlaubnis der Klasse B ab 16 Jahren durch die Verwaltungsbehörden erteilt werden kann.“

Damit bleibt vorerst alles beim Alten: Den Führerschein kann man schon mit 16 Jahren machen, das begleitete Fahren ist aber erst ab dem 17. Geburtstag möglich. Eingeführt wurde es im Jahr 2011. Laut Daten des Kraftfahrtbundesamts machten 2022 mehr als 241.000 Jugendliche unter 18 einen Führerschein – und damit deutlich weniger als noch bei der Einführung.

ADAC für begleitetes Fahren ab 16: „Kann Unfallrisiko weiter reduzieren“

Der ADAC spricht sich nach wie vor für die niedrigere Grenze von 16 Jahren aus, „um so den Lernzeitraum zu verdoppeln“, wie ein Unternehmenssprecher auf Anfrage von IPPEN.MEDIA erklärt. „Ein verlängerter, kontrollierter Aufbau von Fahrpraxis kann aus ADAC-Sicht das Unfallrisiko der Fahranfängerinnen und Fahranfänger weiter reduzieren.“

Laut ADAC nutzt aktuell weniger nur die Hälfte der Führerscheinanwärter die Möglichkeit zum begleiteten Fahren ab 17 Jahren. „Dabei hat es sich bewährt: Diese Fahrerinnen und Fahrer weisen ein erheblich geringeres Unfallrisiko auf als jene, die den Führerschein auf klassische Weise erworben haben.“

Führerschein-Vorschlag: Begleitetes Fahren auch für Erwachsene

Kristin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, widerspricht: „Aus Gründen der Verkehrssicherheit sehen wir die Idee kritisch, schon mit 16 Jahren begleitet Pkw zu fahren“, sagt Zeidler auf Anfrage. „Wir haben Zweifel, ob 16-Jährige ausreichend Reife haben, einen Pkw sicher zu führen.“ Es fehle an Grundlagenforschung, doch: „Untersuchungen geben Hinweise, dass in diesem Alter etwa Ablenkung, Gefahrenwahrnehmung und sozial-emotionale Aspekte noch nicht gut genug entwickelt sind.“

Zeidlers Vorschlag: „Für mehr Verkehrssicherheit junger Fahrer sollte stattdessen das begleitete Fahren auch für über 18-Jährige geöffnet werden.“ Denn: „18- bis 24-Jährige haben bezogen auf ihre Fahrleistung das höchste Risiko, als Autofahrer einen Unfall mit Personenschaden zu verursachen. Gründe dafür sind mangelnde Fahrerfahrung, eine höhere Risikobereitschaft, Ablenkbarkeit und Überschätzen der eigenen Fähigkeiten.“

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