Putin-Besuch in China: Russlands Wirtschaft hofft auf „so viel Unterstützung wie möglich“
Im Ukraine-Krieg ist die Hilfe Chinas für Russland unerlässlich. Nun besucht Wladimir Putin Xi Jinping in Peking. Worum geht es ihm dabei primär?
Moskau/Peking – Nachdem sich Wladimir Putin im März erneut zum russischen Präsidenten wählen lassen hatte, steht aktuell der erste Auslandsbesuch Putins in seiner inzwischen fünften Amtszeit an. In Peking empfing Chinas Präsident Xi Jinping den russischen Machthaber dort am Donnerstagvormittag (Ortszeit).
Gerne betonen China und Russland ihre gegenseitige Unterstützung – noch deutlicher wird dies aber seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Dennoch aber folgen die Machthaber beider Länder nicht immer ähnliche Interessen. Putins derzeitiger Besuch in China ist nichtsdestotrotz von symbolträchtiger Art.
Nach Putins Ankunft in Peking sind am Donnerstag zunächst Gespräche zwischen ihm und Staatspräsident Xi Jinping geplant. Für Freitag wird Russlands Machthaber dann in der nordchinesischen Industriestadt Harbin erwartet. Dort wird Putin eine russisch-chinesische Messe besuchen. Mehr als 1400 Betriebe werden an der chinesisch-russischen Wirtschaftsmesse teilnehmen, darunter die chinesische Luxusautomarke Hongqi, der Ölproduzent Sinopec und das Eisenbahnunternehmen CRRC.
Bilateraler Handel Chinas mit Russland ist unter anderem Thema zwischen Xi und Putin
Nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums sollen während der Veranstaltung mehr als 200 gemeinsame Handelsprojekte unterzeichnet werden. Der bilaterale Handel Russlands mit China steht bei Putins Besuch im Reich der Mitte ohnehin ganz oben auf der Agenda. Dieser nämlich dürfte Putin als Vorzeigebeispiel dienen, die positiven Aspekte seiner „grenzenlosen Partnerschaft“ in den Vordergrund des Interesses zu rücken.
Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete außerdem, es werde bei Putins Besuch in China um „Fragen der globalen und regionalen Sicherheit“ gehen. Doch hinter derartigen diplomatischen Phrasen befinden sich wie immer handfeste Interessen.
Ziel Russlands in China ist „so viel öffentlichkeitswirksame Unterstützung wie möglich“
Wegen des Ukraine-Kriegs ist Russland von weitreichenden Sanktionen durch den Westen betroffen. Damit ist Putin auf China als wichtigen Handelspartner angewiesen – Chinesische Unternehmen helfen Russland etwa dort mit Waren, wo sich westliche Hersteller zurückgezogen haben. Unter anderem boomt der Export von Autos und Smartphones aus der Volksrepublik nach Russland.
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Umgekehrt profitiert China unter anderem von günstigen russischen Öl- und Gaslieferungen. Neben Deutschland und den USA werfen auch andere ukrainische Verbündete China vor, nicht genug Druck auf Moskau auszuüben und Russlands Krieg in der Ukraine indirekt zu unterstützen – etwa durch die Lieferung von Bauteilen, die sich auch für die Herstellung von Kriegsgerät verwenden ließen.
„Von russischer Seite ist das Interesse, so viel öffentlichkeitswirksame Unterstützung wie möglich von der chinesischen Seite für den Krieg gegen die Ukraine zu bekommen – während auf der anderen Seite der hauptsächliche Wert Russlands als Partner für China darin besteht, dass man eine zweite Großmacht hat, die westliche Vorhaben, vor allem jene der USA, zurückdrängen will“, erklärt der Ökonom Sebastian Hoppe in einem Interview mit der Tagesschau. Hoppe promoviert zur politischen Ökonomie des russischen Fernen Ostens an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo er unter anderem zu den chinesisch-russischen Beziehungen sowie der deutschen Außenpolitik mit China und Russland forscht.
Handel zwischen Russland und China stieg 2023 deutlich
„Der chinesisch-russische Handel soll strukturell optimiert werden“, titelte auch die Headline einer in dieser Woche veröffentlichten Pressemitteilung der chinesischen Regierung auf ihrer Homepage. Als Ziel wird darin von hochrangigen chinesischen Wirtschaftsvertretern ausgesprochen: „Das Handelsvolumen zwischen China und Russland könnte in diesem Jahr einen neuen Höchstwert erreichen.“ Denn beide Seiten planen aktuell, ihre Handelsbeziehungen weiter zu erleichtern.
2023 befand das chinesisch-russische Handelsvolumen bereits deutlich im Aufwind: Der bilaterale Handel zwischen China und Russland erreichte ein Volumen von 240,1 Milliarden US-Dollar, was chinesischen Wirtschaftsvertretern zufolge einem Anstieg von 26,3 Prozent gegenüber 2022 entspricht. Dies unterstreiche die „starke Widerstandsfähigkeit und die weitreichenden Aussichten für eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit zwischen China und Russland“, heißt es der Pressemitteilung der chinesischen Regierung zufolge weiter.

Obwohl sich die Wachstumsrate im ersten Quartal dieses Jahres gegenüber dem Vorjahresvergleich auf 4,7 Prozent verlangsamte, liege immer noch ein „enormes Potenzial“ für den chinesisch-russischen Handel vor. So könne das jährliche Handelsvolumen vielen chinesischen Expertinnen und Experten zufolge auch in diesem Jahr mehr als 240 Milliarden US-Dollar erreichen.
Chinas Export nach Russland war zuletzt infolge von US-Sanktionen eingebrochen
Zwar scheuten sich Verantwortliche der chinesischen Führung bisher nicht, die westlichen Sanktionen Russlands immer wieder offen zu kritisieren. Dabei geht China allerdings nicht so weit, sie offen zu brechen. Grund dafür dürfte sein, dass China sich selbst nicht gefährden will – etwa, indem es selbst gegenüber dem Westen wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten könnte, weil der ohnehin schon spärliche eigene Handel mit Europa oder den USA noch weiter erschwert wird.
Rückschläge für die chinesische Wirtschaft gab es zuletzt etwa auch dadurch, dass die USA verstärkt versuchen, chinesische Unternehmen zu bestrafen, die Putins Kriegsanstrengungen unterstützen. Die chinesischen Exporte nach Russland waren daraufhin im April eingebrochen. Banken in China zögern seitdem, eine Reihe von Transaktionen mit russischen Geschäftspartnern abzuwickeln, was dazu führte, dass der chinesische Handel mit Russland im März um fast 16 Prozent und im April um 13,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückging, berichtet das Handelsblatt.
Bei seiner Reise nach China wird Putin nicht nur von seinem neuen Verteidigungsminister Andrej Belousow und Außenminister Sergej Lawrow begleitet, sondern auch von einer großen Wirtschafts- und Finanzdelegation. Zu einer von Putins Prioritäten dürfte es dabei gehören, über Möglichkeiten zu sprechen, diese Delle in den chinesisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen so schnell wie irgend möglich auszugleichen. (fh)