Ausgleich für Verluste: Putin zieht Truppen von Nato-Nordflanke ab und schickt sie an Ukraine-Front
Frische Armee für die Ukraine-Fronte: Putin zieht Truppen von Nato-Nordflanke ab
Angeblich sind etwa 80 Prozent der russischen Truppen an der finnischen Grenze in die Ukraine verlegt worden. Die Verluste im Krieg würden Russland vor Probleme stellen.
Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin hat offenbar russische Truppen von der Nato-Nordflanke zu Finnland abgezogen und in die Ukraine zu verlegt. Das berichtet der öffentlich-rechtliche Rundfunk Finnlands Yleisradio (Yle) und beruft sich dabei auf Geheimdienstinformationen des finnischen Militärs. „Russland schreckt die Nato-Staaten mit dem dritten Weltkrieg ab, doch zumindest in der Nähe von Finnland scheint es sich nicht auf einen Krieg vorzubereiten“, schreibt der Rundfunksender.
Trotz der Ankündigung Russlands, seine Streitkräfte zu verstärken, sind die Garnisonen und Militärstützpunkte der russischen Bodentruppen in der Nähe der finnischen Grenze immer noch fast leer. Eine hochrangige finnische Quelle vom Militärgeheimdienst sagte Yle, dass 80 Prozent der Ausrüstung und Soldaten der für die finnische Grenze vorgesehenen Truppen für den Krieg in der Ukraine eingesetzt werden. Aufgrund der offiziellen Position im finnischen Militär gibt Yle die Identität der Quelle nicht bekannt.

Ausgleich für Verluste: Truppenstärken Russlands an den Basen schwankt teilweise
Nach Angaben des Informanten gibt es auch Verlegungen an Stützpunkten in anderen Teilen der russischen Föderation. Nur in der Region Moskau habe der Angriffskrieg gegen die Ukraine die Besatzungen der Einrichtungen und die Bewaffnung nicht so stark beansprucht. Satellitenbilder würden zeigen, dass Russland einen großen Teil seiner nutzbaren Bewaffnung an Landstreitkräften in seinen Angriffskrieg geschickt hat. Russlands Bodentruppen haben zudem durch den Ukraine-Krieg am meisten Schaden erlitten. Die Luftwaffe, die Luftabwehrtruppe und die Marine haben zurzeit noch eine bessere Besetzung mit Soldaten.
Laut der Yle-Quelle gibt es einige Unterschiede in der Truppenstärke der Basen. In manchen Garnisonen sind noch mehr als ein Fünftel der Soldaten übrig, in anderen weniger. Zudem schwanken die Mengen aufgrund verschiedener Faktoren. Teilweise kommt es zu neuen Ausbildungsdurchgängen, wodurch die Personalstärke je nach Ausbildungssituation variiert. Auch die Ausrüstung komme und gehe. Es gebe nur noch Ausbilder für Wehrpflichtige, während alle Vertragssoldaten „echte Arbeit“ leisten müssten, heißt es von der Quelle. Laut Yle habe liegen dem norwegischen Militärgeheimdienst die gleichen Daten vor.
Es ist unklar, wie schnell Russland die Verluste wieder ausgleichen kann
Der Geheimdienst Norwegens schätzt, dass die Zahl der Bodentruppen sich um 80 Prozent reduziert hat. Die im Jahresbericht genannte Zahl gilt jedoch nur für die Bodentruppen der nördlichen Region Russlands auf der Kola-Halbinsel. Das geht es aus ihrem aktuellen Jahresbericht hervor. Insgesamt aber wird Russland wohl aber drei bis fünf Jahre brauchen, um die Kampffähigkeit seiner Streitkräfte wiederherzustellen.
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Auch das auf Außenpolitik spezialisierte Nachrichtenportal Foreign Policy ging bereits 2022 davon aus, dass mit einem russischen Truppenabbau an den Nato-Grenzen zu rechnen war. „Der Truppenabzug aus dieser Region in den letzten sieben Monaten ist sehr bedeutend“, sagte ein hochrangiger nordischer Verteidigungsbeamter, der unter der Bedingung der Anonymität mit dem Portal sprach, um sensible militärische Angelegenheiten zu besprechen. „Russland hatte uns jahrzehntelang diese Bodentruppen vorgehalten, die nun praktisch verschwunden sind.“ Der Beamte betonte gegenüber Foreign Policy, an Russlands Luftstreitkräften in der Region habe sich nichts geändert, und auch die Nordflotte – das „Kronjuwel der russischen Seemacht mit Basis auf der Halbinsel Kola“ – sei relativ unberührt geblieben. Doch zusammen mit seinen Truppen verlegte Russland aus der Region auch andere hochwertige Militärausrüstung, darunter Flugabwehrsysteme und Raketen, in die Ukraine.
Laut finnischem Militärbeobachter Marko Eklund ist es schwer abzuschätzen, wie schnell Russland in der Lage sein wird, erschöpfte Bodentruppenstützpunkte in der Nähe von Finnland wieder auszurüsten. Laut Eklund ist wichtig, wie sich die Sanktionen des Westens auf die russische Rüstungsindustrie auswirken: Ob sie irgendwann in der Lage sein wird, neue Kampfausrüstung herzustellen, oder ob sie sich auf die Aufarbeitung der alten konzentrieren wird, wie es jetzt geschieht. Es werde aber sicherlich Jahre dauern, eine moderne Armee aufzubauen, sagte Eklund Yle. Andererseits kann Russland Truppen mit Beständen aus altem Militärgerät schneller wieder einsatzbereit machen. (ske)