Bedrohung durch Putin: Nato schickt noch mehr Schiffe in die Ostsee – Kritik in Finnland für „naive“ Fehler

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Nach Kabel-Angriffen in der Ostsee schickt die Nato weitere Schiffe an die Nordflanke. In Finnland ist man besorgt – aber nicht wegen einer militärischen Gefahr Russlands.

Helsinki – Von „hybrider Kriegsführung“ sprach Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), als im November zwei wichtige Untersee-Kabel in der Ostsee beschädigt wurden. Im Dezember folgte ein nächster Vorfall. Erster Verdächtiger bei diesem mutmaßlichen Angriff auf die europäische Infrastruktur: Russlands Präsident Wladimir Putin. Die finnischen Ermittler gehen mittlerweile davon aus, dass ein Tanker der russischen Schattenflotte für die Beschädigung verantwortlich ist. Und auch die Nato nimmt die Bedrohung in der Ostsee, wo sich Estland und Finnland eine Grenze mit Russland teilen, offenbar weiterhin ernst: Das Verteidigungsbündnis soll in dieser Woche bis zu zehn Schiffe an die Nordflanke entsenden.

Nato verstärkt Präsenz an der Nordflanke: Wohl mehrere Schiffe zur Abschreckung in die Ostsee

Laut der finnischen Rundfunkanstalt Yle soll die Unterstützung zum Teil aus der baltischen Flotte der Nato abgezogen werden sowie direkt von Mitgliedsstaaten des Verteidigungsbündnisses entsandt werden. Zunächst bis April sollen die Einheiten in der Ostsee auf Patrouille gehen. Sie würden dann finnische und estnische Schiffe unterstützen, die dort bereits im Finnischen Meerbusen stationiert sind – in internationalen Gewässern vor der russischen Küste um St. Petersburg.

Ostsee-Manöver Northern Coasts 23 vor der Küste von Lettland
Kriegsschiffe verschiedenere Nationen nehmen am maritimen Großmanöver „Northern Coasts 23“ in der Ostsee vor der Küste Lettlands teil. Die Nato verstärkt seit Beginn des Ukraine-Krieges ihre Bemühungen an der Ostflanke. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Nato selbst hat den Einsatz derweil noch nicht im Detail bestätigt. Am 30. Dezember ließ das Verteidigungsbündnis jedoch bereits verlauten, dass man seine Präsenz in der Ostsee verstärken werde. Das hatten die Bündnispartner bei einem Treffen entschieden – unter anderem zur „Abschreckung zukünftiger Zwischenfälle“.

Putins Sticheleien im Norden: Kabel-Angriffe und Russlands Schattenflotte

Zu den „Zwischenfällen“ zählten zuletzt die im November beschädigten Datenkabel, die auch an die deutsche Infrastruktur angebunden waren, sowie vier zerrissene Datenkabel zwischen Finnland und Estland. Die Besonderheit des Vorfalls, der sich am ersten Weihnachtstag im Finnischen Meeresbusen ereignete: Finnische Behörden haben im Zuge der Ermittlungen den Tanker „Eagle S“ festgesetzt, den sie zur sogenannten russischen Schattenflotte zählen und dessen Besatzung für die Unterwasser-Schäden verantwortlich sein sollen.

Putins Schattenflotte – Unterwegs unter falscher Flagge

Die sogenannte Schattenflotte besteht aus Schiffen, die Russland unter Machthaber Wladimir Putin nutzt, um das wegen des Ukraine-Kriegs verhängte Ölembargo zu umgehen. Diese Schiffe fahren unter falscher Flagge und transportieren trotz internationaler Sanktionen Ölprodukte und Rohöl.

Die acht Seeleute des Öltankers, der unter Flagge der Cookinseln unterwegs war, wurden von den finnischen Behörden mit einem Ausreiseverbot belegt, während Ermittler den Tanker und Vorfall nun untersuchen. Im Zuge der Ermittlungen wurde am Dienstag (7. Januar 2025) auch der Anker der „Eagle S“ von Schiffen der finnischen Marine als Beweisstück geborgen, wie die Helsinki Times berichtete. Ihn soll die „Eagle S“ kilometerweit über den Boden geschleift und damit absichtlich mehrere Unterwasserkabel beschädigt haben.

Finnland zu „naiv“ mit kritischer Infrastruktur – und dankbar für Nato-Präsenz vor Russlands Küste

Im Zuge der Aufarbeitung des Vorfalls ist der Schutz europäischer Infrastruktur in der Ostsee auch gerade Gegenstand von Debatten im finnischen Parlament. Mikko Savola, Vize-Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, nannte den Umgang mit Informationen rund um kritische Infrastruktur laut Yle „naiv“. Er kritisierte, dass die Positionen aller Kabel öffentlich einsehbar seien und empfahl die nötigen Schritte, das zu ändern.

Neben der logistischen Risiken unterstrich der Ausschussvorsitzende Jukka Kopra vor allem die Gefahr von Russlands Schattenflotte für die Umwelt: „Ein Leck im Finnischen Meeresbusen wäre eine ökologische Katastrophe“, ermahnte der Vorsitzende. Eine militärische Gefahr, beruhigte Savola dagegen, bestehe für Finnland durch die russischen Vorstöße aktuell nicht. Hierbei verwiesen die Vorsitzenden auch auf die nun verstärkten Bemühungen der Nato für Verteidigung und Abschreckung in der Ostsee.

Nordsee, Ostsee und Arktis: Maritimes Säbelrasseln in nordischen Gewässern

Die Nordflanke der Nato ist aufgrund der direkten Grenze zu Russland und der Möglichkeit für russische Schiffe, sich in internationalen Gewässern frei zu bewegen, unlängst zum Krisenherd geworden. Aus der Ukraine, die sich seit der russischen Invasion im Frühjahr 2022 mit Moskau im Krieg befindet, mehrten sich seit geraumer Zeit mahnende Stimmen wegen Putins hybrider Kriegsführung. Zuletzt brachte der Stabschef des ukrainischen Präsidenten dabei sogar eine mögliche Eskalation Russlands ins Spiel: Er warnte vor dem Auftauchen russischer Soldaten, „die in Wirklichkeit aus Nordkorea oder von iranischen Stellvertretern stammen“, an den Nato-Grenzen.

Moskaus Aggression in den Nordmeeren ist dabei nicht nur passiver Natur oder in Form der Schattenflotte hinter glaubhafter Astreitbarkeit. Zum Teil wird damit unverhohlen gedroht. Inmitten des Säbelrasselns in der Arktis stellte Außenminister Sergej Lawrow unlängst klar: „Unser Land ist voll und ganz bereit, seine Interessen militärisch, politisch und aus Sicht der Verteidigungstechnologien zu verteidigen.“

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