Putin will Nordkorea-Söldner in den Ukraine-Krieg schicken – USA sprechen von „Kanonenfutter“
Nordkorea kündigt an, Russland im Ukraine-Krieg zu unterstützen. Dies könnte die geopolitische Lage weiter verschärfen – und nach hinten losgehen.
Washington, D.C./Pjöngjang – Während der Westen sich mehrheitlich auf die Seite der Ukraine stellt, sucht Russland neue Verbündete und stärkt die Beziehung zu den schon vorhandenen. So ist es nicht überraschend, dass Wladimir Putin in Asien auf Allianz-Tuchfühlung geht. In Pjöngjang scheint ihm das zumindest gelungen zu sein: am 19. Juni unterzeichneten Putin und der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un ein strategisches Verteidigungsabkommen.
Die erstarkte Allianz zwischen Nordkorea und Russland wurde deutlich, als ein nordkoreanischer Beamter kurz nach Putins Besuch vor einer härteren Reaktion Moskaus und einem „neuen Weltkrieg“ warnte. Dieses Abkommen könnte jedoch eine weitere Eskalation des Ukraine-Kriegs auslösen. Nordkorea hat angekündigt, dass eine Pionier-Einheit bereits im Juli die russischen Truppen im ostukrainischen Gebiet Donezk unterstützen soll.
USA warnen Nordkorea vor Söldner-Einsatz im Ukraine-Krieg: „Kanonenfutter“
Die USA nehmen diese Entwicklung ernst, rechnen allerdings nicht mit einer entscheidenden Verstärkung für Putins Armee. Pentagon-Sprecher Pat Ryder äußerte vor der Presse: „Ich denke, wenn ich an der Spitze des nordkoreanischen Militärs stünde, würde ich meine Entscheidung, meine Truppen als Kanonenfutter in einen illegalen Krieg gegen die Ukraine zu schicken, infrage stellen“.
Laut dem 2024 Military Strength Ranking des Fachmagazins Global Firepower hat die nordkoreanische Armee im Jahr 2024 etwa 1.320.000 Soldatinnen und Soldaten und liegt damit knapp hinter den USA (1.328.000). In Bezug auf die Militärstärke rangieren die nordkoreanischen Truppen aber nur auf Platz 36 – und damit 17 Plätze hinter der Bundeswehr. Es ist auszuschließen, dass Kim Jong-un ohne Absprache mit Partner China eine große Anzahl von Söldnern in die Ukraine schickt.

Waffen aus Nordkorea sorgen für Probleme bei Putins Truppen
Trotz dessen sei die zunehmende militärische Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und Russland, einschließlich der möglichen Stationierung nordkoreanischer Truppen in der Ukraine, „etwas, das man im Auge behalten sollte“, so Ryder. Tatsächlich ist die nordkoreanische Militärindustrie aber bereits seit einiger Zeit im Ukraine-Krieg involviert. Während Deutschland, die USA und Großbritannien die Ukraine mit Waffen und Ausrüstung unterstützen, konnte Russland sich auf Lieferungen aus Nordkorea verlassen.
Das Wort „verlassen“ ist hier vielleicht nicht ganz passend: Artilleriegranaten sollen in den Läufern der Geschütze und Mörser zu früh explodieren; teilweise handelt es sich Berichten zufolge um Bestände aus den 1970er-Jahren. Die Splitter, die den Russen infolge um die Ohren fliegen, sorgen nicht nur für Verletzte oder Tote, sondern beschädigen auch Russlands Waffen und erhöhen damit Verschleiß und Bedarf. Interne russische Handelsdaten, die der Washington Post vorliegen, sollen zeigen, dass Moskau binnen sechs Monaten 1,6 Millionen Granaten aus Nordkorea erhalten hat.
Verteidigungspakt zwischen Russland und Nordkorea: Plant Putin die „Anti-Nato“?
Putin und Kim setzen also aufeinander. Aus dem Abkommen zitiert die Kyiv Independent: „Sollte eine der beiden Seiten durch eine bewaffnete Invasion eines einzelnen Staates oder mehrerer Staaten in einen Kriegszustand versetzt werden, wird die andere Seite unverzüglich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln militärische und andere Hilfe leisten.“
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Dieses Abkommen erinnert an Artikel 5 des Nordatlantikvertrags, den sogenannten Bündnisfall der Nato. Michael Thumann, Russland-Korrespondent der Zeit, schrieb in seiner jüngsten Kolumne, dass Putin gar eine „Anti-Nato“ plane. Doch unabhängig davon, ob sich in Asien ein Pendant zur Nato bildet oder nicht, könnte der Pakt sowohl Russland als auch Nordkorea vorerst neue Probleme bereiten.
Pakt zwischen Putin und Kim: Südkorea denkt jetzt über Ukraine-Waffenlieferungen nach
So hat Südkorea bereits angekündigt, die Lieferung von Waffen an die Ukraine zu überdenken. Bisher hat sich Seoul aus dem Ukraine-Krieg weitgehend herausgehalten; lediglich Finanzsanktionen gegen Russland wurden unterstützt – Waffenlieferungen an Kiew gab es bisher jedoch nicht. Vorher müsste das südkoreanische Gesetzbuch angepasst werden; aktuell verbietet ein Gesetz der südkoreanischen Regierung Waffenlieferungen in Kriegsgebiete. Es gibt aber bereits Vermutungen über indirekte Lieferungen.
Putin hat Südkorea vorsorglich vor schweren Konsequenzen im Falle von Waffenlieferungen gewarnt. Solche Lieferungen an Kiew wären ein „schwerer Fehler“, sagte der Kreml-Chef bei seinem Besuch in Vietnam. „Wenn das passiert, dann werden wir entsprechende Entscheidungen treffen, die der heutigen Führung von Südkorea kaum gefallen werden.“
Die Regierung von Yoon Suk-yeol zeigt sich davon allerdings unbeeindruckt: Südkorea hat bei Russland offiziell Protest gegen sein neues Abkommen mit Nordkorea eingelegt und zum sofortigen Stopp der militärischen Zusammenarbeit aufgerufen. Auch wurde der russische Botschafter Georgi Sinowiew zwei Tage nach Putins Besuch einbestellt. Vizeaußenminister Kim Hong Kyun machte deutlich, dass man entschieden gegen jedes Verhalten vorgehen wolle, das die Menschen in Südkorea bedroht. Aus Seoul hieß es, Nordkorea entwickle seit Jahrzehnten illegal Atomwaffen und Raketen und drohe damit, diese gegen Südkorea einzusetzen. (nak)