Familienbetrieb auf der Stie-Alm: Wirt erzählt Anekdote von betrunkenem Gast – „Damit hatte keiner gerechnet“
Stefan Obermüller betreibt die Stie-Alm am Brauneck seit über 40 Jahren. Im Gespräch erzählt er eine lustige Anekdote von einem betrunkenen Gast.
Lenggries – Almidylle, Landwirtschaft und Bergleben pur. Das gibt es auf der Stie-Alm circa 45 Gehminuten unterhalb des Latschenkopfs auf dem Brauneck zu erleben. Seit knapp 100 Jahren steht die Alm dort. Seit jeher ist sie im Besitz der Familie Obermüller. „Meine Familie hat hier oben gelebt“, sagt Betreiber Stefan Obermüller (62). „Als der Trend mit dem Skifahren langsam angefangen hat und immer mehr Münchner dafür auf das Brauneck gekommen sind, hat meine Großmutter ganz klein mit der Gastronomie begonnen.“ Mit Skiwasser und Pfannkuchen konnten sich die Wintersportler damals auf der Stie-Alm stärken. „Damals wurde hier noch alles, was man benötigt hat, mit Mulis hoch transportiert“, erklärt er. „Das erste Mal mit einem Auto zur Stie-Alm konnten wir 1963 fahren.“
Stie-Alm am Brauneck: Stefan Obermüller übernahm den Betrieb mit 21 Jahren
Was mit Skiwasser und Pfannkuchen begann, zeigte schnellen Erfolg. „Wir haben immer mehr Zulauf bekommen und Skifahren wurde populärer, also hat mein Vater 1946 beschlossen, die kleine Alm auszubauen und alles zu vergrößern.“ Auch den Grundstein für die Beherbergung legte Obermüllers Vater damals. „Er hat Zimmer und Betten für insgesamt 25 Leute gebaut, und wir haben allmählich angefangen, im Winter auch Übernachtungen anzubieten.“
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Einst war gar nicht geplant, dass Stefan Obermüller den Betrieb übernimmt. „Ich habe eine Ausbildung zum Mechaniker im Tal gemacht. Es war eher der Plan, dass ich in die Landwirtschaft mit einsteige.“ Doch das Schicksal entschied anders: Obermüllers Vater erlag 1974 einem Herzinfarkt. „Er hat das alles, was er aufgebaut hat, dann gar nicht mehr miterleben können.“ Ein Jahr später verunglückte sein Bruder bei einem Motorradunfall tödlich. „Also habe ich mit 21 Jahren dann den kompletten Betrieb hier oben übernommen.“
Käse und Schnaps werden auf der Alm selbst hergestellt
Damals konnte Obermüller die Abgelegenheit, die Idylle, die Natur noch nicht in der Form wie heute genießen. „Mit Mitte 20 bin ich so oft es ging im Tal gewesen, da hatte ich schon das Gefühl, hier oben etwas zu verpassen.“ Den besonderen Platz und die Ruhe auf dem Berg genießen, das konnte Obermüller erst einige Jahre später. „Erst mit Mitte 40 hat sich bei mir das alles wieder geändert.“

Die Gastronomie ist noch etwas größer geworden, es können private Feiern veranstaltet werden, und Platz zum Übernachten hätten mittlerweile sogar 100 Leute. „Aber nach Corona haben wir das grundsätzlich auf 60 runtergefahren.“
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Käse und Schnaps wird auf der Stie-Alm selbst hergestellt, Obermüller betreibt seit 2000 Oberbayerns einzige Almkäserei in dieser Form. Auf der Alm zu arbeiten ist das eine, hier auch zu leben das andere. Obermüller trägt viel Verantwortung für sein Land. „Im Winter bin ich für die Lawinensprengungen zuständig und präpariere auch die Pisten von der Tölzer Hütte bis zum Idealhang.“ Zusätzlich kümmert er sich mit seiner Frau auch um die kleine Landwirtschaft mit Kühen, Schweinen, Schafen und Pferden. Die Arbeit in und mit der Natur sind für Obermüller aber „das schönste überhaupt“.
Stürme im Sommer werden heftiger
Auch den Kontakt mit den Gästen schätzt er. „Wenn man zum Ratschen kommt, ist es meistens sehr interessant zu erfahren, was die Leute so machen, die hier herkommen“, sagt er. Im Winter kämen viele Stammgäste zu Besuch. „Im Sommer ist es immer bunt gemischt.“ Sowieso hätte sich der Schwerpunkt stark verschoben. „Früher war der Winter viel intensiver, seit circa 20 Jahren ist aber nun im Sommer deutlich mehr los.“ Zum einen führt Obermüller das darauf zurück, dass Wandern immer beliebter geworden ist. „Auf der anderen Seite wird hier leider das Skifahren auch immer schwieriger.“
Steckbrief
Baujahr: 1924
Sitzplätze innen: 180
Sitzplätze außen: maximal 300
Übernachtungsplätze: ca. 60
Spezialität des Hauses: Käsespätzle und Topfenkuchen
Meist bestelltes Getränk: Helles
Zustiege: 1.) Von der Talstation der Brauneckbergbahn über den Garland; 2.) Mit der Bergbahn, dann zu Fuß über Steinbocksteig oder die Quengeralm 3.) Von Wegscheid über die Kotalm; 4.) Von Wegscheid und den Seufzerweg, vom Längental über den Schrödelstein, von Benediktbeuern über die Tutzinger Hütte und den Latschenkopf
Öffnungszeiten: Sommer: Mittwoch bis Sonntag 8-17 Uhr; Winter: täglich 8-17 Uhr
Bekanntester Gast: Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler
Obermüller, der auf der Stie-Alm aufgewachsen ist, kennt das Leben in den Bergen wohl wie kaum ein anderer. Aber er sieht auch die Herausforderungen: „Man muss hier mit jeder Wetterlage umgehen können. Es kann schon passieren, dass es im Winter mal plötzlich zwei Meter Neuschnee gibt. Und auch die Stürme im Sommer werden immer heftiger“, stellt er fest.
Anekdote von betrunkenen Gast: „Damit hatte keiner gerechnet“
Bekommt ein Gast ein medizinisches Problem, handeln Obermüllers schnell in guter Kooperation mit der Bergwacht. Apropos medizinisches Problem: Da fällt Obermüller eine Anekdote ein, die ihn immer wieder zum Lachen bringt. „Hier war mal eine Firmenfeier, bei der es recht wild herging.“ Einer der Gäste habe es nicht mehr auf sein Zimmer geschafft und lag betrunken auf dem Flur. „Wir hatten auch eine Ärztin als Gast, die seinen Zustand als so bedenklich eingeschätzt hat, dass sie darauf bestanden hat, dass wir den Notruf wählen. Er hatte zu niedrigen Blutdruck. Ich hätte den einmal sauber mit Schnee eingerieben, da wär er schon wiedergekommen, aber ich habe natürlich auf den ärztlichen Rat gehört“. Der Betrunkene wurde schließlich mit dem Helikopter in die Klinik gebracht, wo ihm der Magen ausgepumpt worden ist. „Am nächsten Morgen, als alle beim Frühstück waren, stand er dann plötzlich vor uns“, erinnert sich Obermüller. „Damit hatte wirklich keiner gerechnet, dass er nach der Aktion mit der ersten Gondel wieder zurückkommt.“ (feb)
Weitere Folgen aus der Serie Verschnaufpause: Die Tölzer Hütte am Schafreuter, die Tutzinger Hütte an der Benediktenwand, die Denkalm am Keilkopf, die Falkenhütte, die Tölzer Hütte am Brauneck, die Oswaldhütte in Vorderriß, das Herzogstandhaus und die Kaiserhütte.