Meloni feiert sich als „stärkste Regierung in Europa“: Was ist ihr noch zuzutrauen?
In Italien holte die ultrarechte Partei der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni fast 29 Prozent aller Stimmen. Die Zusammenarbeit der Rechten in Brüssel könnte dagegen schwieriger werden.
Rom/ Brüssel – Neben der AfD in Deutschland holten auch in anderen Ländern rechte Parteien viele Stimmen bei der Europawahl. Besonders in Italien überzeugte die ultrarechte Partei Fratelli d‘Italia der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit fast 28,8 Prozent der Stimmen den Großteil der Wähler.
Kein Wunder, denn Meloni hatte die Europawahl zu einer Vertrauensabstimmung für ihre Regierung erklärt: Mit Erfolg. Bei der Wahl am Sonntag (9. Juni) erhielt sie 20 Punkte mehr als bei der Europawahl 2019.
Der Fratelli-Sieg fiel auch noch deutlicher aus als bei der Parlamentswahl im September 2022, als 26 Prozent der Wähler für Melonis Partei votierten. Bei der Europawahl 2019 hatte die postfaschistische Partei gar nur sechs Prozent der Stimmen auf sich vereinen können. Meloni hatte die Europawahl als Referendum über ihre Regierungsführung stilisiert und ihre Anhänger aufgerufen, einfach „Giorgia“ auf den Stimmzettel zu schreiben.
Spannungen zwischen Le Pen und Meloni: Künftige Zusammenarbeit im EU-Parlament schwer
Mit Spannung wird nun beobachtet, wie Meloni in Brüssel agieren wird, wo nach der Wahl die Besetzung der Top-Positionen ansteht. Im Wahlkampf war sie heftig von der bisherigen konservativen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen umworben worden, die eine neue Amtszeit anstrebt. „In wenigen Stunden könnte Giorgia Meloni die am besten positionierte Regierungschefin in Bezug auf politische Stärke in der EU sein“, analysierte der Politikwissenschaftler Lorenzo Castellani im Onlinedienst X.

Meloni will nach eigenen Angaben einen Sieg der Rechten in ganz Europa anführen. Allerdings gibt es Spannungen zwischen ihr und der führenden französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Die rechtspopulistische Partei RN (Rassemblement National) von Le Pen erhielt in Frankreich rund 32 Prozent der Stimmen, mehr als doppelt so viel wie Macrons Liste Renaissance.
Die Parteien der beiden Politikerinnen sitzen im EU-Parlament auch in unterschiedlichen Gruppierungen: Die Fratelli d‘Italia gehören den Europäischen Konservativen und Reformern (EKR) an, zu denen unter anderem die rechtsnationale polnische Ex-Regierungspartei PiS gehört. Le Pens Partei gehört dagegen der zweiten Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) an. Wie sich die künftige Zusammenarbeit im EU-Parlament gestaltet, wird sich zeigen.
Meine news
Nation mit stärkstem Wahlerfolg: Meloni zeigt sich stolz
Bei einem kurzen Auftritt gegen zwei Uhr in der Nacht zeigte sich Meloni „außerordentlich stolz“. Mit Blick auf den in dieser Woche in Italien stattfindenden G7-Gipfel und die Verluste der Regierungsparteien unter anderem in Deutschland und Frankreich fügte sie hinzu: „Ich bin stolz, dass diese Nation sich bei den G7 und in Europa mit der stärksten Regierung von allen präsentiert.“
Zwar sprach Meloni ausdrücklich von einem Erfolg der gesamten Regierung, aber ihr Juniorpartner, die rechtsnationalistische Lega von Matteo Salvini, stürzte regelrecht ab. Sie hatte bei der Europawahl 2019 mit 34 Prozent der Stimmen gesiegt, seitdem wird Salvini aber zunehmend von Meloni in den Schatten gestellt.
Am Sonntag (9. Juni) kam die Lega nun noch auf 9,1 Prozent der Stimmen. Damit wurde sie offenbar sogar noch knapp von der ebenfalls rechten Forza Italia überholt, die der verstorbene Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi gegründet hatte und die laut den vorliegenden Ergebnissen auf 9,7 Prozent kam.
Auch Links-Partei überzeugt Franzosen: 25 Prozent wählten die oppositionelle Demokratische Partei
Einen überraschenden Erfolg konnte die oppositionelle Demokratische Partei (PD) einfahren, die auf Platz zwei landete. Die Mitte-Links-Partei kam auf über 25 Prozent und landete damit deutlich über den Erwartungen. Auf Rang drei folgte die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung mit knapp zehn Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 49,7 Prozent und damit so niedrig wie nie zuvor. (bg/dpa)