Studie enthüllt: Krisen treiben Gefahr für Rechtsruck in einigen EU-Ländern hoch

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Eine Studie untersucht vor der Europawahl im Juni die Auswirkungen verschiedener Krisen auf die Menschen in Europa. Doch die sind von Land zu Land unterschiedlich.

Berlin – Die spürbaren Folgen des Klimawandels, zunehmende Migration, eine weltweite Finanzkrise, die Covid-19-Pandemie und der Ukraine-Krieg: Wenige Monate vor den EU-weiten Wahlen zum Europäischen Parlaments vom 6. bis 9. Juni zeigt sich in vielen europäischen Staaten, dass die Krisen der vergangenen Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen haben. Die politische Stimmung ist erhitzt, die Parteien des rechten und linken Spektrums werden in Umfragen stärker.

Mit den Auswirkungen, die die Krisen auf die Europawahl haben könnten und welche der Probleme die Menschen in den verschiedenen Ländern Europas besonders tangieren, hat sich nun eine Studie der Denkfabrik European Council on Foreign Relations beschäftigt. Die Studie basiert auf einer Umfrage, an der Menschen aus elf europäischen Ländern, darunter neun EU-Staaten sowie Großbritannien und der Schweiz teilgenommen haben.

Anfang Juni wählen die Menschen in der EU ein neues Europaparlament.
Anfang Juni wählen die Menschen in der EU ein neues Europaparlament. (Symbolfoto) © Frederick Florin/AFP

Wie Krisen die Europawahl beeinflussen: Studie analysiert mögliche Wahlentscheidungen

Das Ergebnis: In allen der teilnehmenden Staaten haben die fünf Krisen in den Bereichen Klima, Migration, Finanzen, Gesundheit und Außenpolitik Spuren hinterlassen, werden von der Mehrheit der Teilnehmenden jedoch unterschiedlich stark wahrgenommen. Die Studie spricht deshalb davon, dass die Teilnehmerstaaten sich in fünf europäische „Krisenstämme“ einteilen lassen. Und ziehen daraus auch erste Schlüsse für die bevorstehende Europawahl.

Denn auch wenn bei der letzten Wahl zum Europarlament im Jahr 2019 ein befürchteter Trend in Richtung populistischer Parteien weitgehend ausgeblieben ist, droht eine ähnliche Entwicklung auch bei der Wahl 2024. Nur dass aktuell statt den Schwerpunktthemen Migration und potenziellen EU-Austrittsversprechen von 2019 eine ganze Menge neuer Herausforderungen für Europa im Mittelpunkt stehen.

„Krisenstämme“ vor der Europawahl: In Deutschland gibt das Thema Migration den Ton an

Dabei fällt auf, dass Deutschland das einzige der Umfrageländer ist, in dem ein Großteil der Teilnehmenden Migration als das größte Problem aus den aktuellen Krisen wahrnimmt. In Frankreich und Dänemark steht die Sorge um die Entwicklungen der Klimakrise im Mittelpunkt. In Italien und Portugal sorgt sich eine Mehrheit vor allem um die wirtschaftliche Entwicklung, in Spanien, Großbritannien und Rumänien wurden Gesundheitskrisen wie die Covid-19-Pandemie als besonders prägend wahrgenommen. Staaten, in denen der Ukraine-Krieg in den Köpfen der Menschen eine besonders große Rolle spielt, sind aufgrund der geografischen Nähe Estland und Polen.

Je nach „Krisenstamm“ zu dem die Befragten in der Umfrage zählten, ließ sich bei der Auswertung auch der Effekt ausmachen, dass Menschen mit Fokus auf unterschiedliche Probleme die Arbeit ihrer Landesregierung unterschiedlich positiv oder negativ bewerteten. So heben die Forschenden heraus, dass Menschen, deren Schwerpunktproblem das Thema Migration ist, die Arbeit der Regierenden in ihrem Land deutlich schlechter bewerten als der Gesamtdurchschnitt. Befragte, die dem „Krisenstamm“ angehören, den vor allem der Ukraine-Krieg beeinflusst, sehen die Arbeit ihrer Regierung deutlich positiver als der Durchschnitt.

Sorge um eine Art von Aussterben: Wie Klima und Migration die Debatten bestimmen

Welchem „Krisenstamm“ die Befragten angehören, hat laut der Studie auch messbare Auswirkungen auf die favorisierten Parteien und gibt damit womöglich schon Aufschluss über Tendenzen für die anstehende Europawahl. Dabei zeige sich laut der Studie die Tendenz, dass die aktuellen Krisen Europas keine klare Verteilung auf rechts- oder linksgerichtete Parteien zulassen. So wählte zwar eine Mehrheit der Menschen, die vor allem das Thema Migration besorgt macht, rechtspopulistische Parteien wie die AfD in Deutschland oder die Rassemblement National in Frankreich, Menschen, denen der Klimawandel Sorgen bereitet, wählen vorrangig Grüne Parteien. In den anderen Bereichen fallen die Umfragen jedoch deutlich weniger eindeutig aus.

Vor der Europawahl geht das Team hinter der Studie davon aus, dass vor allem die Themen Migration und Klimakrise europaweit in den Medien und politischen Debatten dominieren werden, auch weil die Befragten, die die beiden Themen als besonders wichtig empfinden, so unterschiedliche Positionen vertreten, die sich dennoch beide um eine Art von Aussterben drehen. Denn während die Sorge der Menschen im „Krisenstamm“ Klima sich um die Zukunft des Lebensraums für Menschen, Tiere und Pflanzen dreht, sorgen sich die Menschen im Krisenstamm Migration vornehmlich um das Aussterben ihrer Nation und der dazugehörenden kulturellen Identität. Doch auch die anderen Krisen werden die Wahlentscheidungen der Menschen in der EU ohne Frage beeinflussen, heißt es in der Studie. (saka)

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