Was wird eigentlich genau gewählt? So funktioniert die Europawahl
Bei der Europawahl 2024 entscheiden die Menschen über das einzige direkt gewählte Organ der EU. Alles über Parteien, Wahlsystem und Kandidaten.
Straßburg/Brüssel – Es ist eine ungewöhnliche Wahlwerbung, zu der sich vor der Europawahl einige deutsche Prominente wie Barbara Schöneberger, Hannes Jaenicke, Jürgen Vogel und Florian David Fitz zusammengetan haben. Sie filmen sich beim Zähneputzen, dazu gibts den Slogan: „Wählen ist wie Zähneputzen – machst du es nicht, wirds braun.“
Sie wollen damit auf die mögliche Gefahr eines Rechtsrucks hinweisen, der laut aktuellen Umfragen zur Europawahl befürchtet wird. Aber welche Auswirkungen hätte ein solcher Rechtsruck? Und was genau wird bei der Europawahl gewählt?
Was wird genau gewählt? So funktioniert die Europawahl
Die Europawahl 2024 vom 6. bis 9. Juni gibt den rund 400 Millionen Wahlberechtigten in der EU die Möglichkeit, über die Zusammensetzung des EU-Parlaments zu entscheiden. Dieses Parlament ist die einzige transnationale Vereinigung der Welt und das einzige Organ der EU, über das die Bürger direkt abstimmen können.
Nach der Wahl werden die Abgeordneten aus den einzelnen EU-Ländern nach Straßburg und Brüssel entsandt, um die Interessen der EU-Bürger auf europäischer Ebene zu vertreten. Sie beraten über Gesetzestexte, stimmen über neue Gesetze ab und genehmigen den EU-Haushalt.

Die nächste Legislaturperiode, die nach der Europawahl 2024 beginnt, wird 720 Abgeordnete aus 27 EU-Mitgliedsstaaten umfassen. Die Wahl findet in allen EU-Ländern an vier Tagen statt, beginnend mit den Niederlanden am Donnerstag, 6. Juni. In Deutschland findet die Wahl am Sonntag, 9. Juni statt, und Italien schließt seine Wahllokale zuletzt, am 9. Juni um 23 Uhr.
Wie funktioniert die Europawahl? Wahlsystem der EU und Sperrklauseln
Die Anzahl der Sitze, die jedes Mitgliedsland im EU-Parlament erhält, ist im Voraus festgelegt. Deutschland als bevölkerungsreichstes Land der EU entsendet 96 Abgeordnete, gefolgt von Frankreich mit 79 und Italien mit 76 Abgeordneten. Ein Abgeordneter aus Deutschland repräsentiert dabei etwa 860.000 Personen.
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Bei der Europawahl wird das Verhältniswahlrecht angewendet, das heißt, die Mandate werden proportional zum Stimmenanteil vergeben. In Deutschland gibt es keine Sperrklausel für die Europawahl, wie die Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen. Eine Partei muss also keinen bestimmten Prozentsatz erreichen, um ins EU-Parlament einziehen zu können. In anderen Ländern gibt es solche Sperrklauseln, je nach Land zum Beispiel Fünf-Prozent-Hürden oder Drei-Prozent-Hürden.
Wie wird bei der Europawahl 2024 gewählt? Kandidaten und Wahllisten
Die Parteien in Deutschland können selbst entscheiden, ob sie mit einer Bundesliste für ganz Deutschland oder mit eigenen Listen für die einzelnen Bundesländer antreten. Die CDU/CSU haben sich für letzteres entschieden, sodass in jedem Bundesland andere Kandidaten für die Europawahl antreten. Bei der Europawahl 2024 treten in Deutschland 34 Parteien an.
Jeder Wähler hat auf dem Stimmzettel zur Europawahl nur eine einzige Stimme und wählt nicht einen Kandidaten, sondern eine Partei. Die Parteien legen im Vorfeld über ihre Wahllisten fest, welche Kandidaten dann ins Parlament einziehen.
Wie funktioniert die Europawahl? Sitzverteilung im EU-Parlament
Die 96 Sitze im EU-Parlament, die für Deutschland reserviert sind, werden nach der Wahl entsprechend dem Ergebnis der Europawahl auf die einzelnen Parteien verteilt.
Dabei gilt, dass sie entsprechend dem Verhältnis der erreichten Stimmen aufgeteilt werden. Die Gesamtzahl der Stimmen einer Partei wird dabei durch die Gesamtzahl der zu verteilenden Sitze dividiert. Bei einem Rest von mehr oder weniger als 0,5 wird ab- oder aufgerundet, bei genau 0,5 wird gelost.
Die Sitze werden an die Kandidaten je nach der Reihenfolge der Wahllisten vergeben. Wer auf Platz 1 der Liste steht – bei den Grünen beispielsweise Terry Reintke – kommt als erster zum Zug, und so weiter. Gibt es weniger Bewerber als Sitze, bleiben Sitze unbesetzt.
Die Fraktionen im Europäischen Parlament nach der Europawahl
Obwohl bei der Europawahl nationale politische Parteien gewählt werden, entscheiden sich die meisten Parteien nach der Wahl für einen Beitritt zu einer transnationalen politischen Gruppierung. Die konservativen Parteien aus den EU-Mitgliedstaaten gehören beispielsweise der EVP (Europäische Volkspartei) an, zu der aus Deutschland die CDU/CSU gehört.
Die Fraktion der Rechtsaußen-Parteien im EU-Parlament ist in die EKR-Fraktion (Europäische Konservative und Reformer) und die ID-Fraktion (Identität und Demokratie) gespalten.
Die AfD war bisher größtenteils Mitglied der Rechtsaußen-Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) im Europaparlament, wurde jedoch im Mai 2024 davon ausgeschlossen. „Die ID-Gruppe will nicht länger im Zusammenhang mit den Vorfällen um Maximilian Krah, dem Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, stehen“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Marco Zanni von der italienischen Partei Lega. Dies war unter anderem auf verharmlosende Kommentare des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah zur SS zurückzuführen.
Einen Überblick über die Fraktionen im EU-Parlament in Straßburg und welche deutschen Parteien ihr angehören, finden Sie hier.
Deutsche Partei | Fraktion im EU-Parlament | Anzahl Abgeordnete (Deutsche) |
CDU/CSU | EVP | 179 (30) |
SPD | S&D | 140 (16) |
Grüne/Volt/ödp | Die Grünen/EFA | 71 (24) |
FDP | Renew Europe | 102 (7) |
AfD | ID | 59 (9, bis Mai 2024) |
Die Linke | GUE/NGL | 37 (5) |
Was geschieht nach der Europawahl?
Bei der ersten Sitzung nach der Europawahl wählen die Abgeordneten einen Parlamentspräsidenten oder eine Parlamentspräsidentin. In einer weiteren Sitzung wird der Präsident oder die Präsidentin der EU-Kommission ernannt, derzeit ist das Ursula von der Leyen (CDU) aus Deutschland. Sie plant, auch nach der Europawahl 2024 weitere fünf Jahre an der Spitze der EU zu bleiben.