600 Euro vom Staat: Das ist der neue Plan für die Rente in Deutschland
Finanzminister Christian Lindner hat seinen Plan für die private Altersvorsorge vorgestellt. Sein Vorschlag würde eine große Änderung in der Rentenpolitik darstellen.
Berlin – Die Ampel-Regierung tüftelt noch immer am Rentenpaket II, das eigentlich schon im Frühjahr vom Bundeskabinett bestätigt wurde. Aufgrund einer Blockade durch die Bundestagsfraktion der FDP konnte das Gesetz aber noch nicht final verabschiedet werden. Insidern zufolge soll die Blockade aber nun vorbei sein, eine Einbringung in den Bundestag könnte bald kommen.
Damit will die Regierung aber nicht fertig sein. Mindestens zwei weitere Vorhaben sollen in Arbeit sein: Eines zur Stärkung der Betriebsrente, ein zweites soll die private Rente in den Fokus nehmen. Zu letzterem hat sich nun Finanzminister Christian Lindner (FDP) erstmals ausführlich geäußert, wie die Welt berichtet.
Nächste Reform der Rente in Arbeit: Ampel will zwei Dinge umsetzen
Dass die Ampel die betriebliche und private Altersvorsorge nochmal anfassen will, war bereits bekannt. In ihrer Wachstumsinitiative hat die Koalition aus SPD, Grüne und FDP im Sommer folgendes dazu aufgeschrieben:
Die Bundesregierung wird die private Altersvorsorge als dritte Säule der Altersvorsorge und insbesondere die staatlich geförderte private Altersvorsorge (bisher „Riester“) attraktiver gestalten. Sie wird den von der Fokusgruppe private Altersvorsorge gemachten Vorschlag eines förderfähigen, zertifizierten Altersvorsorgedepots, das in Fonds oder andere geeignete Anlageklassen ohne Beitragserhaltungsgarantie investiert werden kann, umsetzen. Auch Produkte mit Garantien sollen weiterhin angeboten werden können. Die Garantien können aber zukünftig abgesenkt sein, um renditestärkere Kapitalanlagen zu ermöglichen. Insgesamt sollen sich die förderfähigen Produkte durch ein leicht verständliches Design, hohe Produktqualität, niedrige Kosten und hohe Transparenz (Vergleichsplattform, Zertifizierung) auszeichnen. Um den Produktwettbewerb zu stärken, sollte der Wechsel zwischen Produkten jederzeit und bei keinen oder geringen Kosten möglich sein. Sie sollen allen Erwerbstätigen, nach Möglichkeit auch Selbständigen, offenstehen. Außerdem wird die betriebliche Altersversorgung (bAV) überarbeitet, sodass künftig mehr Unternehmen eine bAV anbieten und insb. Beschäftigten mit geringen Einkommen gefördert werden.
Die Einführung eines Altersvorsorgedepots hat die Fokusgruppe private Altersvorsorge im Sommer 2023 in ihrem Abschlussbericht empfohlen. Darunter kann man sich ein Spardepot oder Konto vorstellen, das beispielsweise in einem ETF oder andere Aktien (aber auch Immobilien) angelegt wird und so über viele Jahre Geld samt Rendite angespart wird. Die Bundesregierung würde das Depot darüber hinaus noch gesondert fördern, zum Beispiel, indem Zuschüsse in das Depot fließen.
Details zur privaten Rente: Für jeden Euro gibt der Staat 20 Cent dazu
Nach Angaben der Welt hat Lindner nun konkrete Vorschläge gemacht. Demnach soll das Altersvorsorgedepot ab 1. Januar 2026 an den Start gehen. Dabei kann jeder Bürger und jede Bürgerin zwischen einer Riester-Rente und dem Depot wählen. Wer ein Depot wählt, soll frei entscheiden können, in welche Produkte er oder sie investieren möchte: Ob einzelne Aktien (und dem damit verbundenen höheren Risiko) oder zum Beispiel in ETFs. Die Bundesregierung will Lindner zufolge aber „eine Positivliste vorgeben, in welcher Anlageklasse investiert werden kann“.
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Auch zur Förderung gibt es erstmals Details. Nach Lindners Wunsch würde der Staat auf jeden eingezahlten Euro 20 Cent dazugeben, bis maximal 3000 Euro Eigenbetrag pro Jahr. Wer ein solches Depot hat, soll mindestens 120 Euro im Jahr einzahlen müssen. Diese Details würden aber noch innerhalb der Koalition diskutiert, betonte der Finanzminister.
Für Familien mit Kindern soll der Zuschuss höher ausfallen: 25 Cent pro Euro bis zu einem Eigenbetrag von 1200 Euro schlägt er vor. Wer weniger als 26.250 Euro im Jahr verdient, soll einen einmaligen Bonus von 175 Euro erhalten, unter 25-Jährige erhalten drei Jahre lang einen 200-Euro-Berufseinsteigerbonus.
max. Eigenanteil im Jahr | max. Zuschuss vom Staat im Jahr | Gesamtkapital im Jahr | |
---|---|---|---|
Für alle | 3000 Euro | 600 Euro | 3600 Euro (+ Rendite) |
Für eine Person mit Kind | 3000 Euro | 900 Euro | 3900 Euro (+ Rendite) |
Für Berufseinsteiger | 3000 Euro | 800 Euro | 3800 Euro (+ Rendite) |
Für Geringverdiener | 3000 Euro | 725 Euro | 3725 Euro (+ Rendite) |
Altersvorsorgedepot ab 2026: Geld wird erst ab 65 Jahren ausgezahlt
Das Geld in dem Altersvorsorgedepot soll nach Angaben der Welt erst bei der Auszahlung versteuert werden. Das Geld soll aber frühestens mit 65 Jahren aus dem Depot genommen werden können. Damit will Lindner „Fehlanreize in Richtung auf Frühverrentung“ begrenzen.
Diese Änderungen, sollten sie wirklich so kommen, würden einer Revolution der privaten Altersvorsorge gleichkommen. Damit würde das Sparen für die Rente einfacher und, unter den richtigen Bedingungen, auch besser als bisher sein. Die bisher geförderten Riester- und Rürup-Rentenprodukte fielen aufgrund der Niedrigzinsen und jetzt der Inflation eher ernüchternd für Sparer aus. Auch die Kosten führten häufig dazu, dass die Renditen für Rentner am Ende schmal ausfielen. Entsprechend oft werden die Verträge gekündigt.
Ampel plant auch bei der Betriebsrente eine Reform
Soviel also zu den Plänen bei der privaten Altersvorsorge. Was ist aber mit der zweiten Säule der Altersvorsorge, der Betriebsrente? Auch da soll ein Gesetzesentwurf bereits in Arbeit sein. „Wenn es so läuft, wie wir uns das vorstellen, wird sich im Spätsommer das Kabinett mit dem Gesetzentwurf befassen“, zitiert der Versicherungsmonitor im Juni Mario Löffler vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf einer Fachtagung des Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) in Köln. Damals war der Entwurf in der Abstimmungsphase innerhalb der Koalition.
Konkret soll die steuerliche Förderung von Betriebsrenten für Geringverdiener ausgebaut und der Förderbeitrag erhöht sowie die Einkommensgrenze angepasst werden, berichtete das Handelsblatt nach Einblick in den Referentenentwurf.