Neuer Pharma-Plan: Strategie von Lauterbach könnte Milliarden-Wachstum bringen
Um Pharmafirmen in Deutschland zu halten, arbeitet die Bundesregierung an einer Strategie. Das Potenzial der Branche ist gewaltig, zeigt eine neue Studie.
Berlin - Am Donnerstag (30. November) treffen sich Größen der deutschen Pharmaindustrie im Kanzleramt. Thema des Treffens soll eine Pharmastrategie sein. Politisch beteiligt sind neben dem Kanzleramt, das Wirtschaft- und Klimaschutzministerium von Robert Habeck (Grüne) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Ob die Pharmastrategie nach dem morgigen Treffen vorgestellt wird, ist noch unklar. Ihre Grundidee scheint aber zu stehen, berichtete das Handelsblatt: Die Bundesregierung will den Zugang zu Gesundheitsdaten erleichtern, Bürokratie abbauen und Forschungsbedingungen verbessern.

Eine Verbesserung in diesen Bereichen könnte einen enormen volkswirtschaftlichen Schub auslösen. Das ergab eine Studie der Wirtschafts- und Forschungsinstitute Iges und Wifor im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Die Experten haben drei Faktoren mit Einfluss auf die Gesundheitswirtschaft untersucht. Diese Faktoren waren:
- Digitalisierung
- Innovationsförderung
- Fachkräfte
Zum Sektor der Gesundheitswirtschaft gehören neben der Pharmaindustrie auch Unternehmen aus den Bereichen Medizintechnik, Biotech und Digital Health.
Forschungsförderung, Digitalisierung, Fachkräftemangel: Gesundheitswirtschaft steht vor Herausforderungen
Höhere Investitionen in die Innovationsförderung könnten einen enormen positiven Effekt auf die Wirtschaft haben. „Aktuellen Zahlen zufolge hat die Gesundheitswirtschaft eine Bruttowertschöpfung von 103 Milliarden Euro im Jahr 2022“, heißt es in der Studie. Das sei ein Allzeithoch gewesen. Sollten die Investitionen in die Forschung steigen, prognostizieren die Experten eine Wertschöpfung von insgesamt 140 Milliarden Euro im Jahr 2030. Sollte das Gegenteil der Fall sein, ergab die Prognose eine Bruttowertschöpfung von nur 129 Milliarden Euro. In einem solchen Szenario sehen die Studienautoren die Gefahr einer „Kettenreaktion“, die eine „schrittweise Deindustrialisierung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland auslösen“ könnte.
Auch die Digitalisierung birgt enormes Potenzial: Bei einem schnellen Fortschritt der Digitalisierung sieht die Studie ein Wachstum von jährlich acht Milliarden Euro. Ein hervorstechendes Problem bei der Digitalisierung der Branche: „In keiner anderen Industriebranche werden so viele hochwertige Daten erzeugt und nirgends sonst dürfen diese Daten so wenig genutzt werden“, heißt es in der Studie. Deutschland stehe aufgrund seines Föderalismus vor größeren Schwierigkeiten als andere Länder. „Zusätzlich sind diese auch mit Blick auf die Nutzung von Gesundheitsdaten und den Zugang für die Industrie zu diesen Daten deutlich weiter“, schreiben die Studienautoren.
Die Studie beschreibt den demografischen Wandel als zentrale Herausforderung der Wirtschaft in Deutschland. Für die Gesundheitswirtschaft hat er eine doppelte Auswirkung: „Sowohl der Mangel an Fachkräften als auch der Bedarf an Produkten und Leistungen der Gesundheitswirtschaft nehmen zu“, heißt es in der Studie. Zurzeit fehlen in der Branche 125.000 Fachkräfte. Die Prognose besagt, dass im Jahr 2030 sogar 320.000 Facharbeiter fehlen. „Während sich der gegenwärtige Verlust aufgrund fehlender Arbeitskräfte auf zehn Milliarden Euro im Jahr beläuft, könnte dieser im Jahr 2030 bereits ein Niveau von 26,6 Milliarden Euro erreichen“, schlussfolgert die Studie. Man müsse den Einstieg in die Branche attraktiver machen, Quereinsteiger fördern, schreiben die Studienautoren.
Pharmafirma Eli Lilly investiert zwei Milliarden Euro in Deutschland
Zuletzt hatten Pharmafirmen damit gedroht ins Ausland abzuwandern, berichtete dass Handelsblatt. Es gab jedoch auch gute Nachrichten für den Pharma-Standort Deutschland: Mitte November gab der US-Pharmakonzern Eli Lilly bekannt, dass er mit mehr als zwei Milliarden Euro eine neue Produktionsstätte für Medikamente in Rheinland-Pfalz errichten möchte. Der neue Standort in Alzey nahe Mainz solle ab 2024 aufgebaut werden, kündigte der Produktionschef von Eli Lilly, Edgardo Hernandez, an. Bis zu 1000 Menschen sollen dort später beschäftigt sein und Medikamente etwa gegen Diabetes herstellen.
„Wir wollen die nächste Stufe jetzt gehen“, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Bezug auf die Eli-Lilly-Investition. So sollten mit einem Medizinforschungsgesetz Vorgaben für Investitionen vereinfacht werden. Er will die Probleme mit gleich mehreren Digitalgesetzen angehen, berichtete das Handelsblatt zuletzt: Diese dürften auch in der Pharmastrategie aufgegriffen werden. Lauterbach wolle alle Prozesse für klinische Studien vereinfachen sowie bürokratische Hürden abbauen, schreibt die Wirtschaftszeitung.