Bündnis gegen China: Joe Biden schmiedet neue Asien-Allianz

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US-Präsident Biden (Mitte) empfing am Donnerstag Ferdinand Marcos Jr. (links) und Fumio Kishida in Washington. © Andrew Caballero-Reynolds/AFP

Drei gegen einen: Auf einem „historischen“ Gipfel in Washington haben die USA, Japan und die Philippinen ihr Bündnis vertieft. Im Visier: die Volksrepublik China.

Auf chinesischen Weltkarten liegt nicht Europa im Zentrum, sondern Asien. Afrika und Europa sind an den linken Rand gedrängt, ganz rechts liegt Amerika. Blicken chinesische Politiker und Strategen nach Osten, dann sehen sie also vor allem eines: Rivalen. Da sind natürlich die USA, die versuchen, das Land mit Sanktionen und immer neuen Bündnissen kleinzuhalten – so zumindest sieht man das in Peking. Und auch direkt vor Chinas Haustür sind die Amerikaner präsent. Mehr als 28.000 US-Soldaten sind in Südkorea stationiert, in Japan sind es rund 50.000. Hinzu kommen Militärbasen auf den Philippinen, die von den Amerikanern genutzt werden – und natürlich Taiwan, das von den USA mit Waffen versorgt wird, auch wenn beide Länder keine diplomatischen Beziehungen miteinander unterhalten.

In dieser Woche hat US-Präsident Joe Biden nun zwei der wichtigsten Partner der USA noch enger an sich gebunden: Japan und die ehemalige Kolonie Philippinen. Am Dienstag empfing er zunächst Japans Premierminister Fumio Kishida zu einem Staatsbankett – eine Ehre, die Biden bislang nur vier weiteren Gästen zuteil kommen ließ. Bereits im vergangenen Jahr war Kishida in den USA, zu einem Dreiergipfel mit Südkoreas Präsidenten Yoon Suk-yeol. Am Mittwoch unterzeichneten Biden und Kishida mehrere bilaterale Abkommen, die Biden als „bedeutendstes Upgrade unseres Bündnisses seit seiner Gründung“ bezeichnete.

USA und Japan besorgt wegen China: „Die Ukraine von heute kann morgen Ostasien sein“

Die Streitkräfte beider Länder sollen künftig enger zusammenarbeiten, die USA wollen Japans Militär materiell und technologisch weiter unterstützen. Auch wird Tokio enger ins amerikanische Bündnissystem eingebunden. Geplant sind gemeinsame Militärmanöver mit Großbritannien und der Aufbau eines Luftabwehrnetzes zusammen mit Australien. Auch gibt es Überlegungen, Japan in das Verteidigungsbündnis AUKUS (bestehend aus Australien, Großbritannien und den USA) zu integrieren. Japan würde so bei der Entwicklung fortschrittlicher Kampffähigkeiten wie Künstlicher Intelligenz, Unterwasserdrohnen und Hyperschallraketen mit den drei AUKUS-Staaten zusammenarbeiten.

Dass es bei all dem um ein immer selbstbewusster auftretendes China geht, mussten Biden und Kishida gar nicht aussprechen. „Die Ukraine von heute kann morgen Ostasien sein“, erklärte Japans Premier lediglich. Bereits Ende 2022 hatte sich Japan eine neue Nationale Sicherheitsstrategie verpasst, in der vom „ärgsten und kompliziertesten Sicherheitsumfeld“ seit dem Zweiten Weltkrieg die Rede ist. Bis 2027 will Japan seinen Verteidigungsetat auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verdoppeln.

Tokio und Peking streiten seit Jahrzehnten um ein paar unbewohnte Inselchen im Ostchinesischen Meer, vor allem aber ist in Japan die Sorge groß, China könnte eines Tages Ernst machen und Taiwan angreifen – die demokratisch regierte Insel, die Peking als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet, liegt nur einen Steinwurf entfernt von Japans südwestlichem Zipfel. „Bei einer chinesischen Invasion wird Japan die USA sehr wahrscheinlich unterstützen“, sagt May-Britt Stumbaum, Direktorin der Denkfabrik Spear Institute und Associate Fellow an der Bundeswehr Universität München. Den USA gehe es beim Schulterschluss mit Japan deshalb auch um einen „Abschreckungseffekt auf ein als zunehmend aggressiv wahrgenommenes China“.

Gefährliche Zusammenstöße im Südchinesischen Meer

Brisant sind auch die Gebietsstreitigkeiten, die China seit Jahren mit den Philippinen um mehrere Inselchen und Atolle im Südchinesischen Meer ausficht. Und das nicht nur mit Worten: Immer wieder stoßen Küstenwachenschiffe der beiden Länder in der Region zusammen, zuletzt wurden dabei mehrere Menschen verletzt. Die Regierung in Manila schätze „die Gefahr eines Krieges hier noch dringlicher und höher ein als in der Taiwan-Straße“, sagt Stumbaum. China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich, wichtige Handelsrouten verlaufen durch die Region, zudem werden dort große Öl- und Gasvorkommen vermutet.

Bei einem als „historisch“ bezeichneten Dreiergipfel von Biden, Kishida und dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. am Donnerstag sagte der US-Präsident den Philippinen erneut seine Unterstützung in der Region zu. „Jeder Angriff auf philippinische Flugzeuge, Schiffe oder Streitkräfte im Südchinesischen Meer“ würde eine Vereinbarung zur gegenseitigen Verteidigung aktivieren, so Biden. In einer gemeinsamen Stellungnahme werfen Biden, Kishida und Marcos China zudem ein „gefährliches und aggressives Verhalten“ in der strategisch wichtigen Meeresregion vor.

China wittert eine „Verleumdungskampagne“

Scharfe Kritik an dem Dreierbündnis kam umgehend aus Peking. „China ist gegen die Bildung exklusiver Gruppen in der Region“, teilte das Außenamt in Peking am Freitag mit und sprach von einer „Verleumdungskampagne“ gegen die Volksrepublik. Zudem bestellte Peking Diplomaten aus Japan und den Philippinen zum Rapport ein. Die staatliche China Daily warnte bereits im Vorfeld des Gipfels: „Wenn Japan und die Philippinen auf das Spiel der USA setzen, wird dies für sie selbst und die Region ein teurer Spaß.“

Für die Analystin Stumbaum ist der Zeitpunkt des Dreiergipfels von Washington kein Zufall. In den USA wird im November gewählt, dann könnte der nächste Präsident erneut Donald Trump heißen. Japan und den Philippinen sei „daran gelegen, vor einem möglichen Politikwechsel im November 2024 in Washington die Verbindungen so gut wie möglich auszubauen und mit Absprachen, Abkommen und Verträgen zu untermauern“, so Stumbaum. Denn Trump, das ist bekannt, ist kein Freund von Bündnissen. Japan und die Philippinen wollen vorbereitet sein.

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