US-Außenminister wirft China vor, „den illegalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine anzutreiben“
Beim China-Besuch von US-Außenminister Blinken klagt Peking über „Unterdrückungsmaßnahmen der USA“. Der droht seinen Gastgebern, gegen Chinas Unterstützung für Russland vorzugehen.
Der China-Besuch des amerikanischen Außenministers begann freundlich. Am Mittwochabend stand zunächst der Besuch eines Basketballspiels zwischen den Shanghai Sharks und den Zhejiang Golden Bulls auf dem Programm, am nächsten Morgen ein Spaziergang entlang der historischen Uferpromenade von Shanghai. Genächtigt hatte Antony Blinken im Peace Hotel, von dessen Terrasse aus man einen atemberaubenden Blick hinüber nach Pudong hat, dem Finanzzentrum von Shanghai, das mit seinen Glitzerfassaden für den beispiellosen Aufstieg Chinas steht. Ein Wirtschaftswunder, das die USA allerdings den Chinesen nicht gönnen – so zumindest sieht das die Regierung in Peking seit Langem.
Am Freitag, in Chinas Hauptstadt, musste sich Blinken diese Vorwürfe einmal mehr anhören. Zunächst von Chinas Außenminister. „Das Recht des chinesischen Volkes auf Entwicklung ist unveräußerlich“, sagte Wang Yi bei seinem mehr als fünfstündigen Treffen mit Blinken. Die „Unterdrückungsmaßnahmen der USA“ dienten nur einem Zweck: „Chinas wirtschaftliche Entwicklung zu bremsen“.
Westen wirft China Überkapazitäten vor
Wang spielte auf die vielen Handelsbeschränkungen und Strafmaßnahmen an, die die Biden-Regierung in den vergangenen Jahren gegen China erlassen hatte. Etwa Ausfuhrbeschränkungen für hoch entwickelte Mikrochips, wie sie in Hochleistungsrechnern verbaut werden. Auch versuchen die USA derzeit, die App TikTok, die einem chinesischen Mutterkonzern gehört, in amerikanische Hände zu bringen. Die USA müssten „die grundlegende Frage beantworten, ob China und die Vereinigten Staaten Partner oder Gegner sein wollen“, forderte der chinesische Außenminister.
Wie wichtig das Thema für China ist, zeigte sich wenig später auch bei einem Treffen von Blinken und Chinas Staatschef Xi Jinping. „Wir haben keine Angst vor Wettbewerb, aber Wettbewerb sollte gemeinsamer Fortschritt sein und kein Nullsummenspiel“, erklärte Xi. „Dies ist ein grundlegendes Problem, das angegangen werden muss.“
Die USA hingegen werfen China vor, den amerikanischen Markt mit künstlich verbilligten Produkten zu überschwemmen und gleichzeitig den eigenen Markt abzuschotten. Ähnliche Klagen hört man seit geraumer Zeit auch aus der EU und seit Kurzem sogar von Bundeskanzler Olaf Scholz, der Mitte des Monats in China war. Getan hat sich indes wenig, vielmehr nehmen die USA und auch die EU immer mehr Sektoren der chinesischen Wirtschaft ins Visier. Zuletzt etwa kündigte US-Präsident Joe Biden an, Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus China verdreifachen zu wollen.
„Russland würde es schwer haben, seinen Angriff auf die Ukraine ohne Chinas Unterstützung aufrechtzuerhalten“
Blinken war zum zweiten Mal als US-Außenminister in China, zuletzt hatte ihn Chinas Staatsführung im vergangenen Juni empfangen. Damals befanden sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf einem beinahe historischen Tiefpunkt, nachdem die USA vier Monate zuvor einen angeblichen chinesischen Spionageballon über Amerika entdeckt und schließlich abgeschossen hatten. An der Oberfläche mag es nun besser stehen ums Verhältnis der beiden Atommächte, Vertreter beider Seiten stehen nach einer langen Funkstille wieder in regem Austausch. Die Liste der Streitigkeiten aber bleibt lang.
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So machte Blinken in China in Peking einmal mehr deutlich, dass die USA die chinesische Unterstützung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht länger hinnehmen wollen. Washington wirft Peking vor, die russischen Truppen mit Dual-use-Gütern zu unterstützen, also etwa Schutzwesten oder gepanzerten Fahrzeugen, die sowohl zu militärischen als auch zu zivilen Zwecken verwendet werden können. Diese würden „den illegalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine antreiben“, sagte Blinken.„Russland würde es schwer haben, seinen Angriff auf die Ukraine ohne Chinas Unterstützung aufrechtzuerhalten“, so der US-Außenminister. Er habe „deutlich gemacht, dass, wenn China dieses Problem nicht angeht, wir es tun werden“. Auch über andere Krisenherde – Taiwan, das Südchinesische Meer, den Nahen Osten – habe man gesprochen.
Fortschritte beim Thema Fentanyl
Am Ende blieben die allermeisten Fragen freilich ungeklärt, alles andere wäre aber auch ein Wunder gewesen. Immerhin, bei einem Thema scheint es Fortschritte zu geben: Beide Länder würden künftig enger beim Kampf gegen illegale Drogen zusammenarbeiten, teilte das US-Außenministerium mit. Die USA wollen so sicherstellen, dass aus China weniger Chemikalien gelangen, die zur Herstellung des synthetischen Opioids Fentanyl benötigt werden. Allein im vergangenen Jahr starben 112.000 Amerikaner an einer Fentanyl-Überdosis.