Schwerer Termin für Blinken naht – Peking zürnt: „USA wollen Chinas Image beschmutzen“

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Im vergangenen Juni traf US-Außenminister Antony Blinken in Peking auch mit Staatschef Xi Jinping zusammen. © Leah Millis/AFP

US-Außenminister Antony Blinken ist in China eingetroffen. Die Liste der Streitpunkte zwischen den Ländern ist lang. Doch es gibt auch positive Signale.

Das Timing für die zweite China-Reise von Antony Blinken könnte kaum schlechter sein. Am Mittwoch (24. April) kam der US-Außenminister in Shanghai an, nur Stunden nachdem in Washington der US-Senat für ein Gesetz gestimmt hatte, das den chinesischen Besitzer von TikTok zum Verkauf der Kurzvideo-App an ein US-Unternehmen zwingen soll. In den USA steht die Befürchtung im Raum, Chinas Kommunistische Partei könnte unbescholtene Bürger über die App des chinesischen Privatunternehmens ByteDance ausspionieren. Aus Sicht Pekings ist das ein Affront – zumal Beweise für diese Anschuldigung bislang fehlen.

Wirklich gut ist der Zeitpunkt für einen China-Besuch amerikanischer Regierungsvertreter aber ohnehin nie. Zuletzt war Blinken im Juni 2023 in Peking; gelandet war er dabei quasi mit viermonatiger Verspätung, nachdem er die Reise im Februar 2023 kurzfristig abgesagt hatte. Denn damals war über den USA ein Flugobjekt entdeckt worden, von dem China behauptete, es handele sich um einen vom Kurs abgekommenen Wetterballon. Die USA hingegen wollten einen Spionageballon aufgespürt haben – und schossen das Ding wenig später vom Himmel.

USA „treiben weiterhin die Strategie der Eindämmung Chinas voran“

In Shanghai wird Blinken nun zunächst mit Wirtschaftsvertretern zusammentreffen, am Freitag in Peking dann mit Chinas Staatsführung. Auch Staats- und Parteichef Xi Jinping wird ihn wohl empfangen. Gut möglich, dass US-Präsident Joe Biden das TikTok-Gesetz bis dahin unterzeichnet hat. Neun bis zwölf Monate bleiben ByteDance dann, um für die App in den USA einen neuen Eigentümer zu finden. „Die bilateralen Beziehungen sind nach wie vor von erheblichen negativen Faktoren geprägt“, verlautete denn auch im Vorfeld der Reise aus Chinas Außenministerium. „Die Vereinigten Staaten treiben weiterhin die Strategie der Eindämmung Chinas voran“, zudem wollten sie „Chinas Image beschmutzen und Chinas Interessen untergraben“.

Gemünzt war das wohl auch auf die TikTok-Posse, aber nicht nur. Denn die Liste der Zwistigkeiten wächst seit Jahren kontinuierlich an. Aus Sicht Chinas wären da zum Beispiel die Versuche der USA, mit Exportkontrollen, Sanktionen und Strafzöllen der chinesischen Wirtschaft zu schaden. „In einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner“, erklärte am Dienstag ein Außenamtssprecher. Zudem verbitte man sich die Einmischung der Amerikaner in „innere Angelegenheiten“ Chinas.

Sprich: in die Taiwan-Frage („eine rote Linie, die nicht übertreten werden darf“), in die Beziehungen zu Russland („normaler wirtschaftlicher Austausch“), in Chinas Interessen im Südchinesischen Meer („die USA sollten keine Unruhe stiften“) und in Menschenrechtsdinge sowieso („politische Lügen“ der Amerikaner).

USA besorgt wegen Chinas Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg

Die USA wiederum wollen China davon abbringen, weiter sogenannte Dual-use-Güter an Russland zu verkaufen, also Waren, die sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können, etwa im Ukraine-Krieg. Konkret werfen die USA chinesischen Unternehmen seit geraumer Zeit vor, unter anderem gepanzerte Fahrzeuge und Mikrochips an die Russen zu liefern. Washington sei deshalb bereit, „Schritte zu unternehmen“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Freitag, ohne Details zu nennen. Eine Möglichkeit wären Sanktionen gegen große chinesische Banken, noch aber schreckt Washington vor einer derart drastischen Maßnahme zurück.

Auch wird Blinken seine Gesprächspartner in Peking dazu drängen, den militärischen Druck von Taiwan zu nehmen. China betrachtet die demokratisch regierte Inselrepublik als Teil des eigenen Staatsgebiets und schickt regelmäßig Kampfjets und Kriegsschiffe in die Region. Am Samstag hatte das US-Repräsentantenhaus, neben Geldern für die Ukraine und Israel, auch mehrere Milliarden Dollar freigegeben, die an Taiwan gehen sollen. Peking sprach daraufhin von „falschen Signalen an taiwanische Unabhängigkeitskräfte“. Sorgen bereitet den USA zudem, dass China zu wenig unternehme, um den Export von Chemikalien zu unterbinden, die zur Herstellung von Fentanyl benötigt werden. Dem synthetischen Opioid sind alleine im vergangenen Jahr 112.000 Amerikaner zum Opfer gefallen.

Beziehungen zwischen China und USA nicht mehr auf „historischem Tiefpunkt“

Trotz all dem gab sich das US-Außenministerium in Vorfeld der Reise optimistisch. „Wir befinden uns in einer anderen Situation als vor einem Jahr, als die bilateralen Beziehungen einen historischen Tiefpunkt erreicht hatten“, sagte ein Sprecher. Dafür spricht, dass vor Kurzem erst US-Finanzministerin Janet Yellen in China war, auch haben kürzlich erstmals seit Jahren die Verteidigungsminister beider Länder miteinander gesprochen und Biden und Xi miteinander telefoniert.

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