Brisante Szene vor Nato-Gipfel: Trump drückt sich um Beistandsgarantie bei Angriff Putins

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Donald Trumps vage Aussage zu Artikel 5 der Nato sorgt für Verunsicherung: Können sich Europas Staaten künftig noch auf den US-Beistand verlassen?

Den Haag – US-Präsident Donald Trump hat sich in der Vergangenheit immer wieder skeptisch über die transatlantische Verteidigungsallianz Nato geäußert. Auf dem Weg zum Gipfel in der niederländischen Stadt Den Haag blieb er auf eine Frage zur Beistandserklärung nach Artikel 5 vage. Nato-Generalsekretär Mark Rutte versuchte es auf dem Gipfel trotzdem mit Optimismus: Die Europäer sollten sich nicht allzu viele Sorgen machen, riet er.

USA in der Nato: Trump provoziert vor Nato-Gipfel mit kryptischer Artikel-5-Aussage

Ob sich die USA dem Artikel 5 der Nato verpflichtet fühlen, wurde Trump an Bord der Airforce One auf dem Weg zum Nato-Gipfel gefragt. „Das hängt von Ihrer Definition ab“, antwortete der US-Präsident. Es gebe viele Definitionen von Artikel 5, behauptete Trump weiter und betonte, er sei entschlossen, Freund der Europäer zu sein. „Ich habe mich mit vielen Staatschefs angefreundet und bin entschlossen, ihnen zu helfen.“

Um eine Klarstellung gebeten, blieb Trump weiter vage und sagte unter anderem, er sei „der Rettung von Menschenleben“ verpflichtet. Immer wieder hatte es in der Vergangenheit Meldungen gegeben, wonach der russische Präsident Wladimir Putin eine Schwachstelle der Nato-Ostflanke ausnutzen könnte.

Militärexperten betonen die große Bedeutung der größten Militärmacht der Welt für die europäische Verteidigung. „Selbst bei 3,5 Prozent würde es etwa 20 Jahre dauern, die vollständige Abkopplung der USA vollständig auszugleichen, falls es dazu kommt“, schätzt Ed Arnold von der britischen Denkfabrik Royal United Services Institute (RUSI) laut Newsweek. Trotz Atomwaffen in Frankreich und Großbritannien können laut Militärexperten nur die USA erweiterte nukleare Abschreckung bieten. Ein vollständiger Ersatz des US-Schutzschirms ist technisch, politisch und logistisch derzeit unrealistisch, lautet etwa das Fazit der Denkfabrik Center for Strategic & International Studies (CSIS).

Nato-Generalsekretär Rutte versuchte es zu Beginn des Gipfels dennoch mit Zuversicht: „Meine Botschaft an meine europäischen Kollegen lautet: Hört auf, euch so viele Sorgen zu machen.“ Matthew Whitaker, der US-Botschafter bei der Nato, gab sich versöhnlicher als sein Chef Trump. Mit Blick auf Europa würden die USA „nirgendwohin verschwinden“, sagte Whitaker auf dem Gipfel. Doch die Unsicherheit über die Verlässlichkeit der USA bleibt – nicht zuletzt wegen Trumps Sprunghaftigkeit.

Wortlaut von Artikel 5 des Nato-Vertrags vom 4. April 1949:

„Die Parteien vereinbaren, daß ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird; sie vereinbaren daher, daß im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.

Vor jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen und zu erhalten.“

Washington will den Fokus verlagern: USA richten ihren Blick nach Asien

Was das Kabinett von US-Präsident Donald Trump von Europa hält, wurde spätestens durch die enthüllten Chats bei „Signal-Gate“ deutlich: Von „Trittbrettfahrerei“ der Europäer war da die Rede. Die Richtung scheint also klar: Europa muss sich mehr um seine eigene Sicherheit kümmern. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte zuletzt in einer Rede betont, dass die europäischen Partner ihren Fokus auf die Sicherheit in Europa legen sollten. Dadurch könne Washington sich verstärkt der Bedrohung durch China im Indo-Pazifik zuwenden, hieß es mit Blick auf die Bedrohung aus China.

Der tschechische Präsident Petr Pavel, früher Leiter des NATO-Militärausschusses, sagte am Rande des NATO-Gipfels, er glaube, „dass wir mit unseren amerikanischen Verbündeten leicht eine gemeinsame Sprache finden können“, besonders hinsichtlich „das Ausmaß, in dem sie sich zurückziehen wollen“, sagte Pavel zu Newsweek. Wenn Europa wisse, welche Fähigkeiten es ersetzen müsse, „und wenn wir dies richtig planen, um diese Fähigkeiten zu entwickeln oder zu verstärken, wird es keine Fähigkeitslücke in Europa geben“, sagte Pavel. Dann könnten die USA sich „bei Bedarf anderswo in der Welt engagieren.“

US-Präsident Donald Trump in Washington DC, bevor er am 24. Juni 2025 zum Nato-Gipfel in die Niederlande reiste.
US-Präsident Donald Trump in Washington DC, bevor er am 24. Juni 2025 zum Nato-Gipfel in die Niederlande reiste. © IMAGO/Andrew Leyden/ ZUMA Press Wire

Nato-Gipfel: Was im Entwurf für die Abschlusserklärung steht

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und auf Druck der USA haben sich Deutschland und die anderen Nato-Partner bereits am Wochenende darauf geeinigt, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Alle 32 Bündnisstaaten haben beschlossen, „bis spätestens 2035 jährlich 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in grundlegende Verteidigungserfordernisse sowie in verteidigungs- und sicherheitsbezogene Ausgaben zu investieren [...]“, wie es in einem angenommenen Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels heißt. Vor allem osteuropäische Länder erhöhen ihre Verteidigungsausgaben schon jetzt deutlich schneller als Länder in Westeuropa.

Spanien scherte aus: Regierungschef Pedro Sánchez ließ unter dem Druck linker Regierungspartner öffentlich verlauten, dass er das 5-Prozent-Ziel für sein Land nicht für bindend hält. Nato-Generalsekretär bemühte sich um Schadensbegrenzung. Man habe „alle dazu gebracht, die 5-Prozent-Zusage zu unterzeichnen“. Und an Trump gerichtet, hieß es: „Du wirst etwas erreichen, was kein amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten geschafft hat.“ Bereits frühere US-Präsidenten wie Barack Obama und Joe Biden hatten vergeblich versucht, die Europäer zu mehr Investitionen in ihre eigene Verteidigung zu bewegen.

Noch ist die Abschlusserklärung nur ein Entwurf. In der finalen Gipfelerklärung soll demnach auch der Satz stehen: „Wir, die Staats- und Regierungschefs der Nordatlantischen Allianz, sind in Den Haag zusammengekommen, um unser Bekenntnis zur Nato - der stärksten Allianz der Geschichte – und zum transatlantischen Bündnis zu bekräftigen.“ Denn in der Nato möchte kaum jemand öffentlich über ein Scheitern der Allianz spekulieren. Die nächsten Gipfel sind im kommenden Jahr in der Türkei und 2027 in Albanien geplant.

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