Schluss mit dem Gerenne: Ein Ort rüstet gegen Raser auf und engagiert Blitzer-Service
Ein Vielfaches seiner Einwohnerzahl muss der kleine Ort Jakobneuharting an täglichem Pendelverkehr aushalten. Viele Autos fahren innerorts zu schnell – dagegen will die Gemeinde sich nun energischer wehren.
Frauenneuharting – Nicht einmal 500 Einwohner zählt der kleine Ort Jakobneuharting – aber täglich rund 4000 blecherne Besucher, von denen die allermeisten so schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind. Der Pendelverkehr zwischen dem Altlandkreis Wasserburg und dem Grafinger Raum, der durch den Ortsteil von Frauenneuharting läuft, – und mehr noch seine Geschwindigkeit – treibt den Bewohnern die Sorgenfalten auf die Stirn. Ganz aus ist es, wenn wegen einer Verstopfung auf der A8 irgendwo Richtung Chiemsee die Navis plötzlich Autokennzeichen aus ganz Deutschland und darüber hinaus auf der Kreisstraße EBE 9 quer durch den Ort schicken. Denn die geschwungene, abschüssige Ortsdurchfahrt lädt zum zu schnellen Fahren ein, was rund um den Maibaum und die beiden größeren Kreuzungen im Ort zu gefährlichen Situationen für Radler, Fußgänger und den Abbiegeverkehr führen kann. Zumal die Gemeinde dort ein kleines Wohngebiet plant.
Wird die Straße erst saniert, rast sich’s gänzlich unblockiert
Die Gemeinde wehrt sich nun, und zwar mit einem Griff in die Geldbeutel künftiger Raser. Schon mit Blick auf die noch heuer anstehende Neuteerung der als Buckelpiste und marodeste Kreisstraße im ganzen Landkreis verschrienen EBE 9 Richtung Grafing. Wenn die Bagger, Walzen und Asphaltiermaschinen am 16. September wie geplant an- und Ende März 2025 wieder abrollen, fürchten Gemeinderat und Anwohner, dass sie erst recht eine Rennstrecke hinterlassen. „Es gibt massive Beschwerden über die EBE 9“, konstatierte Bürgermeister Eduard Koch vergangene Woche im Gemeinderat. Schon bei der Bürgerversammlung im April war mit Blick auf den anstehenden Ausbau die Forderung nach einer Blitzersäule wie in Kirchseeon lautgeworden.
So luxuriös wird die Lösung nicht. Doch der Gemeinderat fasste den Beschluss, öfter Blitzer an der Strecke aufstellen zu lassen. Das soll dank der „Kommunalen Dienste Oberland“ geschehen. Der Zweckverband mit Sitz in Bad Tölz bietet neben der Verkehrsüberwachung auch Beratung bei Ausschreibungen und Vergaben an. Das Portfolio der dem Vernehmen nach fleißigen Raser-Jäger hat 155 Gemeinden zwischen Allgäu und Chiemsee überzeugt, auch im südlichen und westlichen Landkreis Ebersberg sind etwa Zorneding, Kirchseeon, Oberpframmern, Moosach, Bruck, Baiern, Grafing, Aßling, Glonn und Egmating Kunden.
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Kommunale Dienste Oberland: Blitzerprofis aus Bad Tölz
„Ich möchte das erst mal ausprobieren“, sagte CSU-Gemeinderat Franz Gschwendtner über den Vorschlag, einer Vollmitglieschaft bei dem Dienstleister zunächst eine unverbindlichere Zweckvereinbarung vorzuschalten, was auch Elke Hauser von der Wählergemeinschaft als „einen guten Kompromiss“ befand.

Für eine Radarfalle mit Messtechniker zahlt die Gemeinde dabei 140 Euro pro Stunde und darf die Einnahmen behalten. Für einen Blitzeranhänger, der mehrere Tage stehen bleiben kann, werden gar keine Gebühren fällig. Dafür kassiert das Kommunalunternehmen auch die Bußgelder. Man wirtschafte aber kostendeckend, nicht gewinnorientiert, betonte Geschäftsführer Benjamin Bursic: „Es geht nicht ums Geldverdienen, sondern darum, Sicherheit zu schaffen.“ Es habe sich gezeigt, dass regelmäßige Messungen „nachwirkten“, also Zu-schnell-fahr-Stellen dauerhaft entschärfen könnten.
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Der Gemeinderat stimmte der Zweckvereinbarung einstimmig zu. Wie bald man Rasern in Jakobneuharting in die Tasche greifen kann, hängt nun vor allem von einer notwendigen Genehmigung der Regierung von Oberbayern ab, die laut Bursic derzeit monatelang auf sich warten lässt. Ob Bürgermeister Kochs Wunsch´in Erfüllung geht, bereits während der Bauphase den dann durch den Hauptort Frauenneuharting rollenden Umleitungsverkehr überwachen zu lassen, ist darum ungewiss.