Ein Postkartenmotiv für Frauenneuharting

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Ein Kleinod fürs Gemeindearchiv: Lange musste der Chieminger Albert Asenkerschbaumer (re.) suchen, bis er die abgebildete Kirche von Tegernau fand. Das Vriesländer-Aquarell übergab er Gemeindearchivar Bernhard Schäfer. © sro

In Frauenneuharting stehen Finanzen und Polizeistatistiken im Mittelpunkt der Bürgerversammlung. Außerdem bringt ein unerwarteter Fund die Geschichte des Ortes zum Leuchten.

Frauenneuharting – So schön die 1600-Einwohner-Süd-Landgemeinde Frauenneuharting ist – Touristen lockt sie selten an. Schon gar nicht zur Bürgerversammlung, wo es um Müllgebühren, Grundsteuer-Hebesätze oder Straßenflickschustereien geht. Jenseits der Gemeindegrenzen ist das von begrenztem Interesse. Vergangenen Freitag aber verfolgten Irmgard und Albert Asenkerschbaumer aus Chieming am Chiemsee mit gut 40 Frauenneuhartingern die Versammlung. Das eigens angereiste Lehrerehepaar lauschte etwa der Kriminalitätsbilanz für Frauenneuharting von der Ebersberger Polizeioberkommissarin Anja Schmidt, die auf ganze 17 Straftaten 2023 zurückblickte.

Polizeistatistik Frauenneuharting 2023: „Kein Grund zur Beunruhigung.“

Bei einzigen beiden „Rohheitsdelikten“ in der Statistik, also möglichen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, ging es um einen Hundebiss und einen vom Gabelstapler gefallenen Heuballen, der einen Mann verletzte. Eine Sachbeschädigung an einer Haustür erwies sich als verirrter Kinderfußball mit verspätetem Geständnis. Die Polizistin musste selber schmunzeln, als sie zusammenfasste: „Kein Grund zur Beunruhigung.“

Mehr Anlass für kritische Wortmeldungen hätte die Finanzsituation der Gemeinde gegeben. Kurz vor der Bürgerversammlung flatterte den hiesigen Grundbesitzern und Gewerbetreibenden Post ins Haus: Grund- und Gewerbesteuerhebesätze steigen rückwirkend zum Jahresbeginn um je 30 Prozentpunkte. „Wir streben eine möglichst geringe, oder noch besser, keine Neuverschuldung (...) an“, schreibt Bürgermeister Eduard Koch. Trotzdem gelte es, Investitionen in die Trinkwasserversorgung, den Straßenbau oder das Nahwärmenetz in den Gemeindeliegenschaften voranzutreiben. Ein Knick bei der Gewerbesteuer sowie eine Steigerung der Kreisumlage hätten die vom Gemeinderat beschlossene Steuererhöhung erfordert.

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Die Bürgerwortmeldungen allerdings bezogen sich nicht darauf, sondern auf eine marode Gemeindestraße sowie die Sorge vor Rasern unter den Anliegern der Ortsdurchfahrt Jakobneuharting. Dort steht die Sanierung der Kreisstraße EBE 9 an. „Das verleitet dazu, dass man schneller fährt“, so eine Anliegerin, die am liebsten eine Blitzersäule wie in Kirchseeon sähe. Einen Wunsch, dessen Erfüllung ihr Bürgermeister Koch nicht versprechen konnte.

Ein Aquarell aus der Nachkriegszeit: Freundliche Gabe ans Gemeindearchiv

All das hörten sich die Asenkerschbaumers aus Chieming interessiert an, aber deshalb waren sie nicht da. Sie hatten dem Gemeindearchiv für 150 Euro und damit bewusst unter Wert ein Aquarell mit einer Ortsansicht von Tegernau übergeben – einen Dachbodenfund, den Albert Asenkerschbaumer für zu schade für den Flohmarkt hielt. „Es gehört dahin, wo es gemalt wurde“, findet er. Für die Suche nach dem richtigen Kirchturm verschlug es ihn bis nach Tirol, bevor er in Frauenneuharting fündig wurde.

Für dieses Engagement spendete der Saal Applaus. Zumal Gemeindechronist Bernhard Schäfer berichtete, dass es sich bei dem Maler John Jack Vrieslander (1879–1957) durchaus um kein künstlerisches Leichtgewicht seiner Zeit handelte: Anfang des 20. Jahrhunderts malte er in der Pariser Künstlerkolonie Café du Dôme und der Kandinsky-Gruppe Phalanx. Das Nazi-Regime erteilte ihm Berufsverbot und internierte ihn zeitweise, bevor er nach dem Krieg Vorsitzender des Traunsteiner Künstlerkreises wurde. In diese Zeit fällt wohl das Tegernau-Aquarell. Bernhard Schäfer dachte bei der Bürgerversammlung laut darüber nach, daraus Postkarten drucken zu lassen. Vielleicht verschlägt es so künftig öfter Touristen in die Gmoa –wenn auch nicht unbedingt zur Bürgerversammlung.

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