Merz-Regierung unter Reformdruck: Experte warnt vor Anstieg der Sozialabgaben auf bis zu 54,1 Prozent

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Die Sozialabgaben könnten bald die 50 Prozent erreichen. Davor warnen Experten. Von der Merz-Regierung müssten schnelle Reformen kommen.

Berlin – Die Sozialabgaben in Deutschland könnten mittel- bis langfristig die 50-Prozent-Marke übersteigen. Davor warnt Martin Albrecht, der den Bereich Gesundheitspolitik am IGES-Institut leitet, im Tagesspiegel, und bezieht sich dabei auf aktuelle Aussagen des Wirtschaftsweisen Martin Werding. „Diese Einschätzung ist absolut realistisch“, sagte der IGES-Leiter. „Auch nach den Berechnungen von uns als Institut liegen wir um das Jahr 2035 ganz nah an den 50 Prozent. Im günstigsten Fall sind es nur 46,1 Prozent, im ungünstigsten aber sogar 54,1 Prozent, was wirklich enorm wäre. Um diese Bandbreite geht es.“

Sozialabgaben über 50 Prozent – Merz-Regierung muss handeln

Allein bei der Pflege stehe „um den Jahrzehntwechsel“ ein „sehr starker Anstieg“ auf 4,7 Prozent bevor (von aktuell 3,8 Prozent). Außerdem plant die Merz-Regierung die Garantie des Rentenniveaus auf 48 Prozent, was Albrecht zufolge den Nachhaltigkeitsaspekt in der Rente auflöst. Die Regel, die die Lasten des demografischen Wandels gerecht zwischen Jung und Alt aufgeteilt hat, sei damit ausgesetzt.

Bärbel Bas im Bundestag.
Bärbel Bas hat sich kürzlich für ein höheres Rentenalter ausgesprochen. Das soll die Abgaben stabilisieren. Die Sozialabgaben könnten bald die 50 Prozent erreichen. Davor warnen Experten. Von der Merz-Regierung müssten schnelle Reformen kommen. © IMAGO / Panama Pictures

„Nun ist der Reformstau da und der Druck, die Effizienz im System zu steigern, enorm hoch“, zitiert der Tagesspiegel den Experten. Er benennt vier Faktoren, die die Merz-Regierung möglichst zeitnah angehen müsse: die Krankenhausreform, eine Reform bei der Notfallversorgung, Digitalisierung und eine Entlastung bei den Ärzten.

„Atemberaubende“ Entwicklung bei Sozialabgaben – Frage ist nicht ob, sondern wann

Nur wenige Tage zuvor hat sich der Wirtschaftsweise Martin Werding bezüglich der Renten-Debatte zu Wort gemeldet und deutlich gemacht, dass die Sozialabgaben – sollten die Reformen ausbleiben – auf 50 Prozent des Bruttoeinkommens steigen werden. „Die aktuelle Entwicklung ist atemberaubend“, zitierte ihn die Rheinische Post. Der Aufwärtstrend soll durch die Alterung in der Bevölkerung ab 2030 unverändert anhalten, sollte die Regierung keine Reformen anheizen.

Friedrich Merz und Bärbel Bas (r.) stehen unter Reformdruck.
Friedrich Merz und Bärbel Bas (r.) stehen unter Reformdruck. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

„Die Frage ist nicht, ob die Beitragssätze irgendwann 50 Prozent erreichen, sondern wann das geschieht.“ Aktuell liegen die Sozialabgaben für Arbeitnehmer und -geber bei etwa 42 Prozent des Bruttoeinkommens. Schon für 2025 sieht Werding eine Erhöhung auf 43 Prozent voraus. Dabei verwies er auf die Krankenkassen und die teils deutlichen Erhöhungen bei den Zusatzbeiträgen. In der Pflegeversicherung sei ebenfalls zum Jahreswechsel mit einer Erhöhung zu rechnen.

Langfristig soll dann auch die Rentenkasse betroffen sein. Hier nannte Werding allerdings erst 2027 und 2028. Dann sollen die Rentenbeiträge, die lange auf 18,6 Prozent verharrten, „sprunghaft“ auf annähernd 20 Prozent steigen. „Damit ist bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine Abgabenbelastung von 45 Prozent in Sicht“, warnte Werding. Es müssten dringende Reformen her. Was aktuell an Maßnahmen diskutiert werde, reiche nicht aus.

Das plant die Merz-Regierung bei der Rente – Sozialabgaben-Reform unter Finanzierungsvorbehalt

Was aber plant die Merz-Regierung? Derzeit stehen vor allem die Frühstart-Rente, die Aktivrente und eine Reform beim Betriebsrentenstärkungsgesetz im Fokus. Eigentlich wollte die Regierung alle drei Reformen noch im Herbst 2025 durch das Bundeskabinett bringen, aber schon jetzt werden Verschiebungen im Zeitplan sichtbar. Aktivrente und Betriebsrente sollen wie vorgesehen Anfang 2026 starten, aber die Frühstart-Rente könnte sich auf 2027 verschieben.

Was steckt dahinter? Die Frühstart-Rente richtet sich an Kinder und Jugendliche und soll ihnen dabei helfen, eine staatlich geförderte Altersvorsorge aufzubauen. Das funktioniert wie folgt: Der Staat zahlt monatlich zehn Euro in ein persönliches, privat organisiertes Depot für jedes Kind zwischen sechs und 18 Jahren ein, das eine Schule oder eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht.

Darüber hinaus hat sich die Regierung darauf geeinigt, die Mütterrente zu vereinheitlichen. Die Erziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder sollen jetzt auch mit drei Rentenpunkten auf dem Rentenkonto berücksichtigt werden. Was die Koalitionspartner jedoch auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, ist der Finanzierungsvorbehalt. Keine der vereinbarten Maßnahmen ist sicher, solange nicht klar ist, woher das Geld kommen soll. Darum hat bereits das Kalkulieren begonnen, wo die Regierung die Schere für Sparmaßnahmen ansetzen kann.

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