Vor Klub-WM: Enorme Kritik an FIFA wegen Belastung und Terminen
Nagelsmann warnt vor „brutaler Belastung“: Kritik an der FIFA Klub-WM wegen Überlastung der Spieler, engen Terminen und Infantinos Finanzstrategie.
München – Im Juni 2025 feiert die FIFA-Klub-WM ihre Premiere im vollständig überarbeiteten Format. Im Vergleich zur ursprünglichen Version wurde nicht nur der Austragungszeitraum verändert, sondern vor allem die Teilnehmerzahl deutlich erhöht. Bereits die Ankündigung von FIFA-Präsident Gianni Infantino im Dezember 2022, das Turnier auf 32 Teams auszuweiten, sorgte für erhebliches Aufsehen. Während sich Fans auf Duelle freuen dürfen, die bei traditionellen Wettbewerben kaum möglich wären, markiert die neue Klub-WM für viele Beteiligte im internationalen Fußball eine echte Zäsur.
Warum und bei wem die groß angelegten Veränderungen Kritik hervorrufen, erfahren Sie hier.
Termindruck und Überlastung durch neue Klub-WM: Spielergewerkschaften schlagen Alarm
Die Klub-WM findet nur kurz nach dem Ende der Bundesliga-Saison sowie dem Nations-League-Final-Four statt – und nur wenige Wochen später beginnt bereits die neue Bundesliga-Spielzeit. Aufgrund dieser engen Taktung und der im kommenden Jahr durch die Weltmeisterschaft zusätzlich verkürzten Sommerpause wurden nach der Turnierankündigung kritische Stimmen laut, die die wachsende Belastung im Profifußball monieren. So bezeichnete Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann das Turnier als „eine brutale Belastung“.
Zwar sind die Spielkalender über Jahre hinweg weitgehend konstant geblieben, doch deuten verschiedene Indikatoren darauf hin, dass die physische Belastung für Spitzenfußballer enorm ist – mit möglichen langfristigen gesundheitlichen Folgen. Auffällig ist etwa der Anstieg bestimmter Verletzungsarten: Einer schwedischen Langzeitstudie zufolge hat sich der Anteil von Oberschenkelverletzungen zwischen 2001 und 2022 verdoppelt – von zwölf auf 24 Prozent. Diese Entwicklung gilt als Hinweis darauf, dass die körperlichen Anforderungen an internationale Top-Spieler weiter steigen.

Dabei zeigt eine Auswertung der Süddeutschen Zeitung, dass der Spielplan auf hohem Niveau zwar stabil geblieben ist. Die durchschnittliche Zahl der Saisonspiele bei den zehn meistbelasteten Profis hat seit der Spielzeit 2004/2005 zwar keinen klaren Anstieg verzeichnet – liegt jedoch seit Jahren regelmäßig über 65 Einsätzen, teils sogar bei über 70 pro Saison. Ob ein solches Pensum noch als vertretbar gilt, ist stark umstritten.
Die internationale Spielergewerkschaft FIFPRO fordert deshalb seit geraumer Zeit eine verbindliche Obergrenze von 55 Spielen pro Saison – ein Vorschlag, den auch der Kölner Sportmediziner Wilhelm Bloch unterstützt. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärte Bloch: „Das ist eine Zahl, die auch ich für vernünftig halte.“
Dennoch profitieren Spieler nicht nur sportlich, sondern auch finanziell von der Vielzahl an Wettbewerben. Große Turniere generieren enorme Einnahmen – ein bedeutender Teil davon fließt in Spielergehälter und Beraterhonorare. Dieses finanzielle Niveau dürfte bei einer deutlichen Reduktion der Spiele kaum zu halten sein.
Fußball nonstop - die Großturniere zwischen 2023 und 2026
Die Tabelle berücksichtigt die Termine von Top-Spielern, die an der nationalen Meisterschaft teilnehmen – ohne den nationalen Pokal und Super Cup – sowie an der Champions League und den Wettbewerben der Nationalmannschaft.
Wettbewerb | Zeitraum |
---|---|
Bundesliga-Saison 2023/24 | 18. August 2023 bis 18. Mai 2024 |
Champions-League-Saison 2023/24 | 19. September 2023 (ab Gruppenphase) bis 1. Juni 2024 |
Europameisterschaft 2024 | 14. Juni 2024 bis 14. Juli 2024 |
Bundesliga-Saison 2024/25 | 23. August 2024 bis 17. Mai 2025 |
Champions-League-Saison 2024/25 | 17. September 2024 (ab Ligaphase) bis 31. Mai 2025 |
Nations-League-Saison 2024/25 | 5. September 2024 bis 8. Juni 2025 |
Klub-WM 2025 | 14. Juni 2025 bis 13. Juli 2025 |
Bundesliga-Saison 2025/26 | 22. August 2025 bis 16. Mai 2026 |
Champions-League-Saison 2025/26 | 16. September (ab Ligaphase) bis 30. Mai 2026 |
Weltmeisterschaft 2026 | 11. Juni 2026 bis 19. Juli 2026 |
Nations-League Saison 2026/27 | 21. September 2026 bis 13. Juni 2027 |
Der Rahmenterminkalender verdeutlicht die enge Taktung der großen Fußballwettbewerbe, die nur kurze Erholungspausen für Top-Spieler zulässt. Besonders kritisch ist die Situation im Frühjahr und Sommer 2025, wo sich eine extreme Konzentration von Spitzenwettbewerben ergibt.
Nach dem Ende der Bundesliga-Saison am 17. Mai folgt das Nations League Final Four am 4./5. und 8. Juni – nur 18 Tage später. Unmittelbar danach, am 14. Juni, beginnt die neue FIFA Klub-WM, die bis zum 13. Juli dauert. Diese Konstellation bedeutet für Nationalspieler aus erfolgreichen Bundesliga-Vereinen eine nahezu pausenlose Belastung über Monate.
Ein Jahr später droht sich dieses Szenario ähnlich zu wiederholen: Nach dem Bundesliga-Ende am 16. Mai und dem Champions League-Finale am 30. Mai 2026 beginnt bereits am 11. Juni die Weltmeisterschaft – erneut mit minimalen Erholungspausen zwischen den Großereignissen.
Nationale Ligen unter Druck: Klub-WM könnte Wohlstands-Schere weiter auseinanderbringen
Mit der Einführung der neuen Klub-Weltmeisterschaft verstärkt die FIFA ihren Einfluss auf den globalen Fußballmarkt, insbesondere im Medienrechtebereich. Gleichzeitig strebt auch die UEFA mit der Reform und Aufwertung der Champions League höhere Erlöse an. Dadurch geraten nationale Wettbewerbe wie die Bundesliga und der DFB-Pokal zunehmend unter Druck. Experten warnen vor einem Verdrängungswettbewerb um die begrenzten finanziellen Ressourcen von Fernsehsendern und Streamingplattformen.
Die Gefahr besteht darin, dass vor allem internationale Topklubs von den neuen Einnahmequellen profitieren, während kleinere Vereine zunehmend ins Hintertreffen geraten. Dies zeigt sich bereits in der Dominanz langjähriger Champions-League-Teilnehmer in ihren jeweiligen nationalen Ligen. Das neue Turnierformat könnte die wirtschaftliche Kluft innerhalb der nationalen Ligen weiter vergrößern und somit die sportliche Spannung, Attraktivität und Vermarktbarkeit erheblich beeinträchtigen.
FIFA und UEFA im globalen Machtkampf: Läuft die Klub-WM der Champions League den Rang ab?
Im Ringen um Einfluss gerät die UEFA durch die FIFA-Initiative in eine heikle Lage. Mit der Ausweitung der Klub-Weltmeisterschaft stärkt die FIFA ihre Position, insbesondere bei den europäischen Topklubs, die auch für die UEFA als Betreiberin der Champions League von großer Bedeutung sind.
Die neue Klub-WM, die europäische Topklubs mit erheblichen finanziellen Anreizen anzieht, könnte die Champions League sowohl sportlich als auch wirtschaftlich abwerten. Das Risiko besteht, dass die FIFA die bisherige Vormachtstellung der UEFA in Europa untergräbt und die Champions League zunehmend zur „Nummer zwei“ hinter dem neuen FIFA-Turnier wird.

Der Wettstreit um Medienrechte, Sponsorengelder und sportliche Relevanz spitzt sich weiter zu. Verschiedene Berichte von The Athletic und dem Guardian zeigen, dass Beobachter in der wachsenden Konkurrenz zwischen FIFA und UEFA eine Machtverschiebung sehen, die den europäischen Fußball nachhaltig beeinflussen könnte. Die UEFA steht unter Druck, ihre Wettbewerbe innovativ und finanziell attraktiv zu gestalten, um die Abwanderung von Vereinen und Sponsoren zu verhindern. Erst zur abgelaufenen Spielzeit führte der europäische Verband eine deutliche Erweiterung der Champions League durch.
Frauen-EM – erhebliche Nachteile durch die Klub-WM drohen
Ein weiterer Streitpunkt rund um die neue Klub-Weltmeisterschaft der FIFA ist der Terminkonflikt mit der Frauen-Europameisterschaft 2025. Die Klub-WM der Männer ist für den Zeitraum vom 14. Juni bis 13. Juli 2025 in den USA angesetzt, während die Frauen-EM vom 2. bis 27. Juli in der Schweiz stattfinden soll. Dadurch überschneidet sich das neue Männerturnier mit den ersten elf Tagen der Europameisterschaft der Frauen.
Obwohl das Eröffnungsspiel der EM auf einen spielfreien Tag der Klub-WM fällt, gibt es mehrere zentrale Partien beider Turniere, die sich überschneiden. Insbesondere fallen das Viertelfinale sowie beide Halbfinalspiele der Klub-WM in einen Zeitraum, in dem ebenfalls EM-Spiele ausgetragen werden.
Die UEFA hat bislang gelassen auf die Terminkollision reagiert. Nadine Kessler, Geschäftsführerin für Frauenfußball bei der UEFA, betonte in einem Interview, dass man am bestehenden Turnierplan festhalten werde: „Wir müssen an unserem Plan festhalten, denn es ist wichtig, einen professionellen und respektierten internationalen Kalender für den Frauenfußball zu etablieren.“ Gleichzeitig unterstrich sie, dass man „nicht besorgt“ sei, da die Wettbewerbe in unterschiedlichen Ländern und Zeitzonen stattfinden.
Die FIFA hingegen verweist auf den bereits vom FIFA-Rat verabschiedeten internationalen Spielkalender für die Jahre 2025 bis 2030, der die parallele Austragung beider Turniere vorsieht. Laut dem Verband ist diese Planung das Ergebnis eines notwendigen Kompromisses angesichts eines zunehmend überfüllten globalen Spielplans.
Trotz dieser offiziellen Stellungnahmen sehen Kritiker in der Überschneidung einen strukturellen Nachteil für die Sichtbarkeit des Frauenfußballs. Besonders in einer Phase, in der das internationale Interesse an diesem wächst, könnte die Konkurrenz durch ein hochkarätig besetztes Männerturnier negative Auswirkungen auf die mediale Reichweite, TV-Quoten und wirtschaftlichen Potenziale der EM haben.
Gleiche Bedingungen für alle? Große Antrittsgagen für Europäer und zwielichtige Startplatz-Vergabe
Die Teilnahme am neuen FIFA-Turnier in den USA verspricht lukrative Einnahmen, jedoch nicht für alle Vereine in gleichem Maße. Die Höhe der Vergütungen hängt maßgeblich von der Herkunft und der Rangliste der Klubs ab. Besonders europäische Mannschaften profitieren von einem System, das sportliche Erfolge mit wirtschaftlicher Stärke kombiniert, was ihnen deutlich höhere Prämien einbringt als den Teilnehmern aus anderen Kontinentalverbänden.

Während Teams aus Asien, Afrika sowie Nord- und Mittelamerika pauschale Antrittsgagen von jeweils 8,4 Millionen Euro erhalten – für die Südamerikaner sind es 13,4 Millionen und für die Ozeanier 3,1 Millionen – variiert die Auszahlung an europäische Klubs erheblich. Laut einem internen Dokument der Klubvereinigung ECA, das dem kicker vorliegt, können europäische Teams zwischen 11,2 und 33,5 Millionen Euro erhalten. Diese Beträge basieren auf einer internen FIFA-Rangliste, die sich aus zwei Komponenten zusammensetzt: einem sportlichen Koeffizienten, der auf den Ergebnissen der letzten vier Champions-League-Saisons basiert, und einer wirtschaftlichen Bewertung, die den Umsatz der Klubs in den vergangenen vier Jahren berücksichtigt.
Rang | Team | Startgeld (in Millionen Euro) |
---|---|---|
1 | Manchester City | 33,5 |
2 | Real Madrid | 31,5 |
3 | FC Bayern | 29,5 |
4 | Paris St.-Germain | 27,5 |
5 | FC Chelsea | 25,5 |
6 | Borussia Dortmund | 23,4 |
7 | Inter Mailand | 21,3 |
8 | Atletico Madrid | 19,3 |
9 | FC Porto | 17,3 |
10 | Benfica Lissabon | 15,3 |
11 | Juventus Turin | 13,3 |
12 | Red Bull Salzburg | 11,2 |
Quelle: kicker.de |
Die Diskussionen drehen sich nicht nur um die finanzielle Verteilung. Auch bei den sportlichen Qualifikationen scheint das Regelwerk nicht für alle gleich zu gelten. Während die meisten Clubs, insbesondere in Europa, sich über langjährige Koeffizienten qualifizieren mussten, genügte Inter Miami, der US-Club von Lionel Messi, ein vergleichsweise geringer Erfolg: der Gewinn des MLS Supporters’ Shield, das dem punktbesten Team der MLS-Vorrunde verliehen wird. Meister in dieser Saison wurde jedoch nicht Inter Miami, sondern LA Galaxy, nachdem die Play-offs ausgespielt wurden.
Trotzdem entschied die FIFA, den Gastgeberplatz an Inter Miami zu vergeben. Auf Anfrage des Guardian verteidigte der Weltverband diese Entscheidung mit Verweis auf die vergangene Saison und unterstellte den Kritikern sogar Neid. Die nordamerikanische Liga MLS äußerte sich hingegen kurz und bündig: „Die FIFA hat den Prozess geleitet und entschieden, den Gastgeberplatz an Inter Miami zu vergeben. Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an die FIFA.“
Stockende Vermarktung der Klub-WM – TV-Vertrag führt nach Saudi-Arabien, Ticketverkauf lahmt
Sechs Monate vor dem Start des neu gestalteten Wettbewerbs war die wirtschaftliche Basis des Turniers noch unsicher. Besonders die Finanzierung der angekündigten hohen Antrittsprämien und Preisgelder war lange Zeit ohne einen zentralen Bestandteil: einen TV-Vertrag mit globaler Reichweite. Schließlich trat der Streamingdienst DAZN in Erscheinung und versprach, alle Spiele für eine Summe von einer Milliarde US-Dollar kostenlos zu übertragen.
Gleichzeitig soll DAZN in dieser Zeit auch mit dem saudischen Staatsfonds PIF über einen möglichen Einstieg verhandelt haben. Berichten zufolge war der Fonds bereit, rund eine Milliarde US-Dollar für zehn Prozent der Anteile an DAZN zu investieren. Mitte Februar 2025 wurde der Deal abgeschlossen, und die dem PIF angeschlossene SURJ Sports Investment erwarb für den vereinbarten Betrag Anteile an dem Streamingdienst, der zuletzt dem Sender Sky Konkurrenz in der Bundesliga-Konferenz gemacht hat. Diese Beteiligung verdeutlicht das weiterhin wachsende Engagement Saudi-Arabiens im internationalen Fußball – auch bei der Klub-WM tritt der PIF als Sponsor auf.

Zusätzlich zur Vermarktung der Medienrechte bereitet der Ticketverkauf weiterhin Sorgen. Die Nachfrage ist bisher eher verhalten – besonders bei Spielen, an denen international besonders beliebte Klubs nicht teilnehmen. So waren nur wenige Tage vor dem Eröffnungsspiel zwischen Inter Miami, angeführt von Lionel Messi, und Al-Ahly lediglich etwa ein Drittel der verfügbaren Eintrittskarten verkauft.
Um dem schwachen Ticketverkauf entgegenzuwirken, hat die FIFA bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu gehören allgemeine Preissenkungen und die Einführung eines dynamischen Preissystems, bei dem sich die Ticketpreise nach der Nachfrage richten. Außerdem wird mit exklusiven Vorteilen geworben, wie etwa einem Vorkaufsrecht für Tickets zur Weltmeisterschaft 2026.
FAQ: Die wichtigsten Fragen zur Kritik an der FIFA Klub-WM 2025
Welche Terminprobleme entstehen durch die Klub-WM 2025?
Die Klub-WM kollidiert im Sommer 2025 mit mehreren wichtigen Turnieren: den Frauen-Europameisterschaften in der Schweiz, dem Nations League Finals und der U21-Europameisterschaft. Dies führt zu Überschneidungen und zusätzlicher Belastung für Spieler und Verbände.
Warum kritisieren Spielergewerkschaften die neue Klub-WM?
Die europäische Spielergewerkschaft FIFPro und die European Leagues warnen vor der dramatischen Zunahme der Spielerbelastung. Sie sehen das Risiko von Verletzungen, Leistungsabfall und verkürzten Karrieren durch die ständige Zusatzbelastung ohne ausreichende Regenerationspausen.
Wie wirkt sich die Klub-WM auf nationale Ligen aus?
Die enormen Preisgelder der Klub-WM (über eine Milliarde US-Dollar) drohen die finanzielle Kluft zwischen Top-Clubs und kleineren Vereinen drastisch zu verstärken. Dies bedroht die Wettbewerbsfähigkeit nationaler Ligen und schadet dem Vereinsfußball auf nationaler Ebene.
Warum wird Gianni Infantino persönlich kritisiert?
FIFA-Präsident Infantino wird vorgeworfen, die Klub-WM als persönliches Prestigeprojekt zu betreiben, ohne Rücksicht auf Spieler, Fans oder traditionelle Strukturen zu nehmen. Seine engen Verbindungen zu Saudi-Arabien und die intransparente Finanzierung des Turniers sorgen für zusätzliche Kritik.
(nki)