Fragen und Antworten zur geplanten Asylunterkunft in Warngau

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Holzkirchen
  4. Warngau

KommentareDrucken

Neben dem Wertstoffzentrum der Vivo in Warngau ist die Containerunterkunft geplant (Archivbild). © Thomas Plettenberg

Die Pläne des Landratsamts für eine Asylunterkunft für 500 Bewohner an der Vivo in Warngau stehen in der Kritik. Die Antworten auf wiederkehrende Fragen im Überblick.

Warngau – Zu groß, am falschen Fleck, menschenunwürdig: Es gibt viel Kritik an den Plänen des Landratsamts für eine Großunterkunft in Containern für bis zu 500 Personen neben der Vivo in Warngau – von teils fremdenfeindlichen Ressentiments einiger Gegner mal ganz abgesehen. Ob beim hitzigen Infoabend in Warngau oder der regulären Bürgerversammlung in Holzkirchen, das Thema sorgt für emotionale Debatten. Wir haben häufig wiederkehrende Fragen zu den Plänen zusammengetragen.

Warum sollen so viele Menschen in der einen Unterkunft an der Vivo untergebracht werden?

Um die Geflüchteten unterbringen zu können, die dem Landkreis Miesbach – wie allen anderen Landkreisen in Deutschland – nach dem Königsteiner Schlüssel zugewiesen werden, hat das Landratsamt seit zwei Jahren, als der Angriff Russlands auf die Ukraine für einen großen Zuzug Geflüchteter sorgte, drei kreiseigene Turnhallen mit Notunterkünften belegt: die Hallen von Gymnasium (aktuell 247 Bewohner) und Berufsschule (aktuell 127 Bewohner) in Miesbach sowie die Sporthalle des Gymnasiums in Tegernsee (aktuell 167 Bewohner). Diese Zahlen sind in ständiger Bewegung. Unter den Bewohnern sind auch sogenannte Fehlbeleger mit Anerkennung, die keine Wohnung finden. Die Zahl dieser Fehlbeleger werde nicht erfasst und ändere sich stetig, teilt das Landratsamt auf Nachfrage mit. Die Zustände in den Hallen sind zum einen für die Bewohner miserabel, zum anderen sind die Turnhallen nicht mehr für Schul- und Breitensport nutzbar. In fortdauernder Ermangelung von Alternativen hat das Landratsamt nach einer großen Lösung gesucht, um die Sporthallen freizubekommen.

Weshalb soll die Unterkunft ausgerechnet an der Vivo entstehen?

Weil die Vivo ein kreiseigenes Kommunalunternehmen ist und der Landkreis somit Zugriff auf deren Grundstücke hat.

Warum plant der Landkreis nicht mit Alternativen?

Andere Grundstücke stehen in diesem Umfang derzeit nicht zur Verfügung, wie das Landratsamt immer wieder betont hat. Die Behörde ist seit Jahren ununterbrochen auf der Suche nach freiem Wohnraum oder Grundstücken und ruft Immobilienbesitzer auf, sich mit Angeboten zu melden. Nach Angaben des Landratsamts wurden allein seit Ausbruch des Ukrainekriegs 150 Angebote geprüft. Oft werde das Angebot aber etwa auf Druck des Umfelds zurückgezogen, oder Planungen scheiterten am Brandschutz, teilt das Landratsamt mit. Im Herbst 2023 wurde eigens eine Taskforce am Landratsamt eingerichtet, um die Akquise zu intensivieren. Sie tritt weiterhin wöchentlich zusammen.

Warum werden die Geflüchteten nicht gleichmäßig nach Einwohnerzahl auf die Kommunen im Landkreis aufgeteilt?

Die rechtlichen Vorgaben sehen keine Verteilung von Geflüchteten auf die Gemeinden anhand einer Quote vor. „Das Landratsamt hat hier auch keine rechtliche Möglichkeit, eine solche Quote einzuführen“, erläutert die Behörde.

Warum werden nicht erst die Warngauer in einem Bürgerentscheid befragt, ob sie die Unterkunft in ihrer Gemeinde überhaupt wollen?

Da es sich bei der Unterbringung von Asylbewerbern – der das Landratsamt in seiner Rolle als staatliche Verwaltungsbehörde nachkommt – um eine staatliche Aufgabe handelt und nicht um eine kommunale, ist ein Bürgerentscheid rechtlich nicht zulässig.

Kann der Landkreis nicht einfach sagen, er nimmt keine Asylbewerber mehr, weil er keinen Platz hat?

Das Recht auf Asyl ist im Grundgesetz sowie in der Genfer Flüchtlingskonvention verankert. Um es festzustellen oder abzuweisen, ist nach dem Antrag ein ordnungsgemäßes Verfahren nötig. Asylbewerber werden in Deutschland nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel (in Relation zu Einwohnerzahl und Steuerkraft) auf Bundesländer, Bezirke und Landkreise verteilt. Der Kreis Miesbach erfüllt die Quote seit Jahren nicht und gehört zu den Schlusslichtern in Oberbayern. Aktuell erfüllt er seine Quote laut Landratsamt zu 93 Prozent, die Zahl schwankt mit jeder Zuweisung. Landrat Olaf von Löwis hat nach wiederholten eigenen Angaben dennoch vielfach Anläufe bei übergeordneten Stellen unternommen, um auf die besonders angespannte Immobiliensituation in der Region hinzuweisen. Auf Entgegenkommen stieß er bislang nicht. Miesbach ist mit diesem Problem nicht allein. Aktuell gibt es wieder einen Vorstoß der Kommunen, Migration zu begrenzen.

Wird das Landratsamt seine Zusage, die Unterkunft an der Vivo auf zwei Jahre ab Bezug befristet zu betreiben, überhaupt einhalten können?

Das Landratsamt betont zumindest immer wieder, alle die Unterkunft betreffenden Verträge seien auf zwei Jahre ausgelegt. Einer längeren Laufzeit erteilte der Vivo-Verwaltungsrat – identisch mit dem Umweltausschuss des Kreistags – eine Absage. Die Marktgemeinde Holzkirchen, über deren Kläranlage auch Abwasser aus dem Gemeindebereich Warngau entsorgt wird, hat die erforderlichen Einwohnergleichwerte für den Betrieb der Unterkunft auf zwei Jahre befristet erteilt. Die Entscheidung im Gemeinderat fiel mit knapper Mehrheit. Wie Bürgermeister Christoph Schmid bei der Bürgerversammlung deutlich machte, wäre er mit einer Verlängerung über die zwei Jahre hinaus nicht mehr einverstanden. Auf Nachfrage unserer Zeitung teilt die Pressestelle des Landratsamts mit, dass bereits seit einigen Wochen zusätzlich nach Folge-Unterkünften für die Anlage in Warngau gesucht werde. Es laufe parallel die Akquise für neue Unterkünfte und eine Nachfolgelösung für Warngau in zwei Jahren. Feste Zusagen gebe es noch nicht.

Warum gibt das Landratsamt nicht bekannt, wo Alternativen liegen sollen?

Die Behörde will Verhandlungen nicht belasten und Optionen nicht verbauen. „Oft ist der Druck von außen auf die Anbieter extrem groß, sodass sie aus Angst vor Repressalien zurückziehen“, berichtet das Landratsamt. In diesen Fällen wäre auch die Planungsarbeit umsonst gewesen. „Wir können aus verständlichen Gründen nicht über jedes Grundstück, Haus oder Projekt sprechen, das uns angeboten wird.“

Ist es nicht menschenunwürdig, 500 Personen in einer Unterkunft zusammenzupferchen?

„Der Betrieb von Sammelunterkünften ist immer suboptimal“, ist auch dem Landratsamt klar. Nur: Für die Bewohner der drei Turnhallen wäre die Containerunterkunft an der Vivo eine deutliche Verbesserung. In den Bettenlagern dort sind Bereiche lediglich mit hauchdünnen Vorhängen abgeteilt, es gibt keinerlei Privatsphäre, alle hören alles mit, schildert Max Niedermeier, der Integrationsbeauftragte des Landkreises. In der Containerunterkunft gibt es dagegen Mehrbettzimmer, die Bewohner können die Tür hinter sich zumachen. „Man kann zum Beispiel nach Familien einteilen und durch die vorhandenen Zimmer eine Rückzugsmöglichkeit bieten“, schildert das Landratsamt. „Die Bewohner haben viel mehr Privatsphäre.“

Wenn Bewohner der Großunterkunft anerkannt werden: Wer muss diese und etwaigen Familiennachzug dann unterbringen? Bleibt das an Warngau hängen?

Die Rechtslage sieht grundsätzlich vor, dass Kommunen für die Unterbringung Obdachloser zuständig sind – wozu im Prinzip auch anerkannte Geflüchtete zählen, die keine Wohnung finden. So heiß wird die Suppe in der Praxis aber nicht ausgelöffelt: „Wir haben schon bisher bei allen Großunterkünften und werden auch in Zukunft nicht einfach Fehlbeleger aus unseren Unterkünften werfen und einer Gemeinde im Sinne einer Obdachlosigkeit vor die Türe stellen“, betont das Landratsamt. Die Belastung werde also nicht an Warngau alleine hängen bleiben, „genauso wenig, wie es bisher alleine an Tegernsee und Miesbach hängen bleibt/bleiben wird oder an einer der anderen Gemeinden, in denen es bisher große Unterkünfte gab“, etwa Rottach-Egern, Valley, Warngau und Holzkirchen. Der Fokus von Landrat Olaf von Löwis liege in den nächsten Monaten darauf, mit den Bürgermeistern solidarische Lösungen zwischen den Gemeinden im Landkreis zu suchen. „Bisher haben wir immer Lösungen im Landkreis gefunden, und auch in Zukunft wird es Lösungen geben.“

Wie ist der aktuelle Stand bei der Einrichtung der Containerunterkunft an der Vivo? Wann wird sie aufgestellt und bezogen?

Noch ist nicht entschieden, ob die Unterkunft wirklich gebaut wird. Es hängt noch an der Entscheidung der Regierung von Oberbayern über die Kostenübernahme. Fraglich sein könnte dies, weil die Einrichtung an der Vivo auf zwei Jahre befristet werden soll. Der übergeordneten Behörde sind solche Zeiträume für gewöhnlich zu kurz. Dafür spricht, dass der Landkreis keine anderen Optionen hat, die Turnhallen freizubekommen. Das Landratsamt rechnet mit der Zusage „zeitnah“. Ein Sprecher der Regierung von Oberbayern bestätigte am Donnerstag, dass die Entscheidung „dieser Tage“ fallen soll. Bis Freitag war dies noch nicht der Fall.

Weitere Themen

Die Marktgemeinde Holzkirchen hat bei der Bürgerversammlung die von Bürgern eingereichten Fragen – davon zahlreiche rund um das Thema Asylunterkünfte – umfassend beantwortet. Diese Fragen und Antworten werden von der Gemeinde auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion