Wegen Plänen für Asylunterkunft: Landrat schlagen Wut und Hohn entgegen
Die Stimmung war schnell am Siedepunkt: Hunderte haben am Montagabend die Bürgerversammlung in Warngau zur Asylunterkunft an der Vivo besucht. Dem Landrat schlugen Wut und Hohn entgegen.
Warngau – Die vom Landkreis geplante Unterkunft für bis zu 500 Asylbewerber an der Vivo in Warngau wird hitzig diskutiert. Die Stimmung bei der Bürgerversammlung am Montagabend war schon vor Beginn knapp unterm Siedepunkt, der Saal im Gasthof Zur Post und der Platz davor rappelvoll. Laut Polizei nahmen etwa 800 Personen teil.
Landrat Olaf von Löwis (CSU) schlugen im Saal immer wieder Gejohle, Wut und Häme entgegen. Bürgermeister Klaus Thurnhuber (FWG) hatte zwar vorausgeschickt, Zwischenrufe nicht zu dulden, damit jeder frei reden könne; tatsächlich griff er kaum ein. Gerade draußen, wo die Redebeiträge per Lautsprecher übertragen wurden, wurde den Emotionen mit Trillerpfeifen, Traktorhupen und am Ende gar „Wir sind das Volk“-Rufen Nachdruck verliehen.
Aus polizeilicher Sicht verlief die Versammlung dennoch unproblematisch, bestätigt auf Anfrage der Leiter der Polizeiinspektion (PI) Holzkirchen, Christian Gollwitzer, der mit Einsatzkräften der PI sowie Unterstützungskräften der Zentralen Einsatzdienste (ZED) aus Rosenheim vor Ort war. „Die Lage war emotional, aber friedlich.“

Nicht nur Warngauer melden sich zu Wort
Ausführlich erläuterte Löwis noch einmal, welche Umstände zu der Planung an der Vivo geführt haben und wie die Unterkunft hinsichtlich Betreuung, Versorgung und Mobilität aufgestellt werden soll. Angesichts des Untertons von Fragen zur Sicherheit wie „Kann ausgeschlossen werden, dass junge Männer die umliegenden Spielplätze und Badegelegenheiten aufsuchen?“, wurde Löwis deutlich: „Bei den Menschen in den Turnhallen handelt es sich nicht um Verbrecher.“ Die Probleme seien laut Polizei überschaubar. Gejohle zeigte, dass dafür nicht alle Besucher zugänglich waren.
Zu den Kosten der Unterkunft schwieg der Landrat unter Verweis auf privatrechtliche Verträge. Er versicherte aber, dass die Kosten „deutlich“ unter jenen 15 Millionen und mehr liegen, die ein Mitglied des Holzkirchner Gemeinderats in der dortigen Sitzung kolportiert hatte.
Nach dem Fragenkatalog kamen Bürger vor Ort zu Wort. Am schnellsten drängte es Alexandra Motschmann aus Gmund ans Mikro, die sich später als Vertreterin von Die Basis, Werteunion und AfD bezeichnete und für mehr Volksentscheide wie in der Schweiz plädierte. Auch Andreas Winhart aus Bad Aibling, der sich als Landtagsabgeordneter vorstellte, ohne seine Zugehörigkeit zur AfD zu nennen, ließ die Gelegenheit, ans Mikro zu treten, nicht ungenutzt.
Zu Wort meldeten sich aber überwiegend Warngauer. Einer etwa appellierte an die Gemeinde, zu klagen, sollte das Landratsamt das fehlende Einvernehmen zum Bauantrag für die Unterkunft ersetzen. Man wolle sich kundig machen, sagte der Rathauschef, stellte aber auch klar: „Wenn ich keine Erfolgsaussichten habe, kann ich das nicht machen.“ Eine andere traute der Aussage nicht, dass die Unterkunft wirklich nach zwei Jahren aufgelöst und auf dann zur Verfügung stehende Grundstücke verteilt werde, wie Beate Faus, Leiterin der Unterkunfts-Taskforce am Landratsamt, mit Bezug auf die Vertragslaufzeiten deutlich machte („die zwei Jahre sind wirklich fix“).

Kritiker äußern Sorge um Sicherheit
Ein Autohändler im Gewerbegebiet Birkerfeld machte seine Sorgen deutlich, was passiere, wenn seine teuren Sportwagen durch Asylbewerber beschädigt würden. Die Gegenfrage des Landrats, was denn passiere, wenn Deutsche seine Wagen beschädigten, mochte die Menge nicht gelten lassen. „Das ist nicht versicherbar, das wissen Sie doch selber“, sagte der Landrat; es gebe nur eine Haftpflichtversicherung für Schäden an der Unterkunft. „Wir alle befürchten, dass wir mit diesen Themen konfrontiert sind“, entgegnete der Unternehmer.
Dass ein Sicherheitsdienst rund um die Uhr in der Unterkunft anwesend sein wird, sorgte wahlweise für Misstrauen, wieso dieser nötig sei, oder für die Sorge, dass dieser nicht ausreichen könnte, um 500 Geflüchtete „in Schach zu halten“, wie es einer der Wortmelder ausdrückte. Auch Bäuerin Monika Gschwendtner aus Draxlham äußerte Angst, wenn sie nachts in den Stall raus müsse oder die Kinder allein unterwegs seien. Sie und Tochter Maria, die eine Unterschriftenaktion gegen die Großunterkunft initiiert hatten, nutzten den Rahmen, um die Listen an den Landrat zu übergeben: Insgesamt 3973 Personen hatten auf einer Onlineplattform und auf den in Warngau ausgelegten Listen unterzeichnet; die Online-Petition wurde bei 3316 Unterschriften geschlossen.
Nur wenige trauten sich, in der angeheizten Stimmung am Mikro andere Positionen zu vertreten. Der Warngauer Arzt und frühere Grünen-Gemeinderat Winfried Dresel sowie die Gemeinderäte Michael Spannring (Grüne) und Anton Bader (FWG) sahen sich auch mit Ablehnung und teils Buh-Rufen aus dem Saal konfrontiert. Der Landrat wurde nach Abschluss der dreistündigen Versammlung unter Security-Schutz durch einen Nebeneingang aus dem Saal gebracht.
Rathauschef Thurnhuber und Anwohnerin Monika Gschwendtner waren sich am Ende in einem einig: Mehr, meinten beide auf Anfrage, habe man von dem Abend nicht erwarten können. Der Bürgermeister hofft, dass der Druck bei den Bürgern nun aus dem Kessel ist. Gschwendtner hofft, dass sich die hitzige Stimmung wieder beruhigt. Und, so sie nicht zu verhindern ist, doch alles gut geht mit der Großunterkunft in ihrer Nachbarschaft.
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