Großunterkunft in Warngau: Landratsamt sucht Befreiungsschlag
Der Landkreis sucht den Befreiungsschlag bei der Unterbringung von Asylbewerbern: In Warngau steht eine Großunterkunft mit mehreren Hundert Plätzen zur Debatte. Das Rathaus stellt Bedingungen, Nachbarn sammeln Unterschriften für eine Petition.
Warngau – Seit Wochen kursieren Gerüchte, auf Anfrage bestätigte das Landratsamt Anfang Dezember nur vage Planungen für eine Asylunterkunft an der Vivo in Warngau. Seither ist das Vertrauen der Bevölkerung nicht unbedingt gewachsen. „Wir sollen wohl vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, befürchtet Monika Gschwendtner und vermisst die Transparenz, wie sie bei der Einrichtung der Asylunterkunft in Warngau 2015 mit einer Bürgerversammlung geübt wurde. Ihre Familie, die in Draxlham nur einige hundert Meter entfernt einen Bauernhof bewirtschaftet, hat eine Petition gegen die Pläne in die Wege geleitet, die viele in den Dörfern unterstützten: Seit etwa zwei Wochen werden auf der Onlineplattform Change.org und seit voriger Woche über Listen in Geschäften in Warngau Unterschriften gesammelt. Die Rede ist von einer Asylunterkunft für 600 oder bis zu 650 Personen.
Das Landratsamt bestätigte gestern auf erneute Anfrage des Holzkirchner Merkur, „in Vertretung des Freistaats“ eine Flüchtlingsunterkunft auf einem rund 10 000 Quadratmeter großen, aktuell ungenutzten Betriebsgrundstück der Vivo zu „prüfen“. „Eine genaue Kapazität der Unterkunft kann auf Basis des derzeitigen Planungsstandes noch nicht beziffert werden“, teilt Behördensprecherin Sophie Stadler mit. Aber: Es solle sich um eine Großunterkunft handeln „mit dem eindeutig formulierten Ziel einer Räumung der derzeit immer noch belegten Landkreis-Turnhallen“. „Hierfür wäre eine Kapazität im unteren bis mittleren dreistelligen Bereich anzustreben“, allerdings weniger als die besagten 650 Personen.
Großunterkunft soll im Frühjahr in Betrieb gehen
„Es wird angestrebt, die Unterkunft im Frühjahr in Betrieb zu nehmen.“ Ein langes Baurechtsverfahren steht nicht im Weg: Baurechtlich sei die temporäre Anlage im Außenbereich aufgrund der Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte grundsätzlich als zulässig zu bewerten, erläutert Stadler. Die größte Herausforderung liege in der Erschließung mit Wasser, Abwasser und Elektrizität. Erst wenn diese gewährleistet sei, könne man in die Detailplanung eintreten. Das Landratsamt werde dazu „zeitnah“ in den Gemeinderäten in Warngau und Holzkirchen vorstellig; der Kanal in der nördlichen Gemeinde Warngau hängt an der Kläranlage der Marktgemeinde.
Errichtet werden soll laut Stadler eine Container-Unterkunft mit abgeschlossenen Wohneinheiten sowie Aufenthalts-, Unterrichts- und Sozialräumen – keine Erstaufnahmeeinrichtung, wie sie jüngst in Hausham abgelehnt wurde. „Die Unterkunft wird, wie alle Unterkünfte dieser Größe, selbstverständlich 24/7 von einem Sicherheitsdienst betreut.“ Das Landratsamt wolle den Betrieb samt Sicherheitsdienstleistungen, Reinigung, Catering und „umfangreicher Sozialbetreuung“ an einen Generalunternehmer vergeben. Ferner würde „die Einrichtung von Unterkunftsmanagern des Landratsamtes betreut. Angebote zur Verbesserung der Sammelunterkunft für Geflüchtete, etwa Einkaufsmöglichkeiten, sind im Rahmen der Machbarkeit vorgesehen“.
Rathaus fordert „Dorf im Dorf“
Sicherheitsdienst, Kinderbetreuung und Schulunterricht sowie Einkaufsmöglichkeit zählen zu den Forderungen, die Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber (FWG) hat, sollte die Unterkunft an der Vivo kommen. Er sieht diese gewissermaßen als „Dorf im Dorf“ – jedenfalls als Einheit, die funktionieren muss, ohne die Infrastruktur der Gemeinde weiter zu belasten. Klar ist dem Rathauschef aber auch, dass nur ein solches Großprojekt dem Landkreis wieder Luft verschaffen kann bei der Unterbringung von Asylsuchenden. „Was für eine Lösung hätten wir sonst? Ich wüsste auch keinen Platz, an dem große Zustimmung herrscht.“ Er glaube auch nicht, dass es besser wäre, stattdessen in jedem Dorf 20 Personen unterzubringen.
„Irgendwo müssen sie hin, das verstehe ich ja auch“, sagt Gschwendtner. Der Standort neben der Vivo mit ihren Gerüchen und mitten „in der Pampa“ sei aber nicht ideal. Ein Asyllager mit 600 Personen wäre wohl nicht mehr als Dorf zu bezeichnen. Wie sich eine solche Anlage einfügen solle zwischen Dörfern, die alle zusammen etwa ebenso viele Einwohner haben, sehen die Anrainer kritisch. „Das ist ja Wahnsinn, wenn das alles da hinsoll.“ Die Petition soll den Landrat zum Umdenken bewegen. „Verhindern werden wir das nicht können, aber vielleicht reduzieren oder einen anderen Standort finden.“
Die Task Force zur Unterbringung Geflüchteter sei sich der Ängste bewusst, teilt Stadler mit. Fakt sei aber auch, dass keine Unterschriftenaktion den Landkreis von der Pflicht zur Unterbringung entbinde und das Landratsamt keine andere Unterbringungs-Möglichkeit mehr habe.
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