Deutschland hat nicht die „höchsten Energiepreise weltweit“ – die Wahrheit über Strom und Gaskosten
Energie in Deutschland ist teuer – allerdings zählt das Land nicht länger zu den Spitzenreitern. Dennoch stellt AfD-Chefin Weidel wahrheitswidrige Behauptungen auf.
Berlin – Vieles wird im Jahr 2025 in Deutschland teurer – seien es Lebensmittel, Krankenkassen und auch die Energiekosten. Letztes nimmt die AfD-Chefin Alice Weidel zum Anlass, um über die Lage in Deutschland zu sprechen und diese dramatischer darzustellen, als sie eigentlich ist.
AfD-Chefin Weidel irritiert im Quadrell mit fragwürdigen Aussagen über Energiepreise
Im allerersten TV-Quadrell am 16. Februar fielen von Weidel erneut mehrere fragwürdige Aussagen zur Energiepolitik. So erklärte die AfD-Chefin Weidel, Deutschland hätte „die höchsten Energiepreise weltweit“. Laut der Vergleichsplattform Verifox belegt Deutschland allerdings den neunten Platz und ist im europäischen Vergleich gut durch die Energiekrise gekommen – insbesondere im Hinblick auf den Ukraine-Krieg, da Deutschland kein russisches Gas mehr bezog.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Preisanalyse von 147 Ländern, die Verivox auf Basis der Daten des Energiedienstes Global Petrol Prices durchgeführt hat. Zahlten deutsche Verbraucher 2021 mit 31,80 Cent noch die höchsten Strompreise der Welt, werden für eine Kilowattstunde Strom derzeit 32,80 Cent fällig. Das ist ein Plus von drei Prozent, den Spitzenwert belegt Deutschland damit jedoch nicht mehr.
Entgegen der Behauptung von AfD-Chefin Weidel im Quadrell: Deutschland hat nicht die „höchsten Energiepreise“
Den teuersten Strom im internationalen Vergleich beziehen private Haushalte in Bermuda. Im ersten Quartal 2024 kostete eine Kilowattstunde (kWh) dort nominal 42,52 Eurocent. Auf dem zweiten Platz liegt Italien mit einem kWh-Preis von 41 Cent. Es folgen die Kaimaninseln (39,91 Cent), Irland (39,40 Cent) und Liechtenstein (36,26 Cent). Deutschland befindet sich im Ranking gemeinsam mit Belgien auf Platz 9.
Eine Auswertung der Strompreise durch Bruno Burger vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme widerlegt ebenfalls Weidels Aussage. Diese ergab, dass Deutschland beim Börsenstrompreis im europäischen Mittelfeld liegt. Demnach habe der reine Strom im vergangenen Jahr an der Börse 7,8 Cent je Kilowattstunde gekostet. Bis 2030 erwartet das Marktforschungsunternehmen Prognos für die deutschen Preise ein Niveau weiterhin im europäischen Mittelfeld.
„Bis 2030 sinkt das Strompreisniveau in allen betrachteten europäischen Ländern. Der Grund: ein erwarteter Rückgang der Gaspreise bis 2030 gegenüber dem hohen Niveau von 2022. Für die deutschen Preise erwarten wir ein Preisniveau im europäischen Mittelfeld. Für Unternehmen, die von der Strompreiskompensation profitieren, erwarten wir deutlich geringere Strompreise“, schreibt Prognos in einer Studie für die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft aus dem Jahr 2023.
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Weidel greift Energiepolitik an – wie hoch steigt der CO₂-Preis
Zudem ging Weidel auf weitere Maßnahmen los, die den Umstieg auf Klimaneutralität fördern sollen und richtete scharfe Worte an Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für die Kostenfolgen der Energiepolitik. Die CO₂-Bepreisung „verteuere alles“, so Weidel und warnte von Spritpreissteigerungen von „bis zu einem Euro pro Liter“.
Auf kurze Sicht legt die Plattform Finanztip einen geringeren Anstieg nahe. Der Benzinpreis steige 2026 um 2,8 Cent je Liter im Vergleich zum Vorjahr durch den CO₂-Preis. Beim Diesel sind es 3,2 Cent pro Liter, ergibt insgesamt einen CO₂-Preis von 17,5 Cent pro Liter, jeweils inklusive Mehrwertsteuer.
Hohe Energiepreise in Deutschland dominieren auch im Wahlkampf
Die hohen Energiepreise waren auch beim IPPEN.MEDIA WahlFORUM Thema. So äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu den hohen Strompreisen in Deutschland, die gerade bei den Neuverträgen „wieder so wie vor dem russischen Angriffskrieg, an manchen Stellen sogar noch tiefer“ seien. Auch mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 sind die hohen Energiepreise eines der dominierenden Themen.
Für günstige Energiepreise empfehlen Fachleute smarte Netze und dynamische Tarife. Verbraucherinnen und Verbraucher, die Smart-Meter nutzen, von dynamischen Tarifen profitieren: Sie können dann Strom beziehen, wenn er in kostengünstigeren Zeiten mit hoher Erneuerbare-Energien-Erzeugung zur Verfügung steht. Ab 2025 ist der Einbau von intelligenten Messsystemen verpflichtend für Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von über 6000 Kilowattstunden oder einer Photovoltaik-Anlage mit mehr als sieben Kilowatt installierter Leistung. (bohy)