Deutsche Hersteller werden Autos in China nicht mehr los – Stattdessen gehen sie jetzt in dieses Land

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Weil die Chinesen selbst gute Autos bauen, leiden die deutschen Hersteller. Doch in einem Nachbarland steigt die Nachfrage nach Autos aus Deutschland.

Berlin - Der deutsche Außenhandel mit Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien ist eine Stütze der deutschen Exportwirtschaft. Im vergangenen Jahr stiegen die deutschen Ausfuhren in die 29 Zielländer des Ost-Ausschusses gegen den Trend um knapp ein Prozent auf insgesamt 281 Milliarden Euro. Das ergab eine Auswertung von Daten des Statistischen Bundesamtes durch den Ost-Ausschuss.

Deutsche Autohersteller exportieren mehr Autos nach Polen: Nachbarland überholt China

Zum Vergleich: Die deutschen Exporte insgesamt gingen 2024 um 1,0 Prozent zurück. Besonders stark fielen die Ausfuhren nach China mit einem Minus von 7,6 Prozent auf rund 90 Milliarden Euro, auch weil die Chinesen verstärkt auf Waren aus eigener Produktion zurückgreifen.

Die deutschen Ausfuhren nach Polen stiegen 2024 sogar um 3,5 Prozent auf 93,8 Milliarden Euro. Damit überholte das östliche Nachbarland China und ist nun nach den USA, Frankreich und den Niederlanden der viertwichtigste deutsche Absatzmarkt weltweit.

Schweißroboter an der Produktionsstrecke der Karosserie der Mercedes S-Klasse in Sindelfingen
Die deutschen Autoexporte nach Polen florieren. © Hans-Günther Oed/imago

Deutsche Autohersteller exportieren mehr Autos nach Polen

Deutschland liefert vor allem Fahrzeuge, Maschinen und chemische Erzeugnisse nach Polen. „Ein guter Teil des Exportwachstums von Deutschland nach Polen im Jahr 2024 geht auf die Automobilindustrie zurück“, sagte Christopher Fuß von der bundeseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) zur Nachrichtenagentur Reuters. Die deutschen Autobauer profitierten von der wachsenden Nachfrage auf dem polnischen Automarkt. Ein Grund dafür: „Dienstwagen werden als Bonus neben dem Gehalt immer wichtiger“, sagt Fuß.

Gesamtjahreszahlen für die einzelnen Produktgruppen liegen noch nicht vor. Die Zahlen für das 1. bis 3. Quartal 2024 zeigen aber, dass die Automobilindustrie einen großen Anteil am Exportplus nach Polen hat. Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat stieg der Wert der deutschen Ausfuhren von Straßenfahrzeugen nach Polen um 8,4 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro.

Vor allem Mercedes und BMW sind in Polen beliebter geworden

Einen Hinweis auf die Entwicklung geben Zahlen des polnischen Verbandes der Automobilindustrie (PZPM). Demnach wurden im gesamten Jahr 2024 insgesamt 551.600 Pkw neu zugelassen. Das entspricht einem Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Getragen wurde das Wachstum vor allem von Privatkunden, deren Käufe um 34 Prozent auf 175.100 Fahrzeuge stiegen. Auf Firmenkunden entfielen 376.400 Neuzulassungen, ein Plus von 9,3 Prozent.

Die beliebteste Automarke der Polen war Toyota, gefolgt von Skoda und Volkswagen. Beim Zuwachs der Neuzulassungen stechen allerdings deutschen Hersteller hervor. Die Neuzulassungen von Mercedes-Benz stiegen um 37 Prozent auf 27.900 Einheiten, die von BMW um 17 Prozent auf 27.100 Einheiten. Bei Volkswagen betrug das Plus immerhin 13 Prozent auf 38.400 Neuzulassungen.

BMW verfügt über keine Produktionsstätten in Polen. Mercedes-Benz hat ein Werk in Jawor, in dem Verbrennungsmotoren und Batterien für Elektroautos hergestellt werden. Künftig sollen dort auch vollelektrische große Vans gebaut werden. Volkswagen ist in Polen mit seinen Werken in Posen und Wrzesnia der größte Pkw-Produzent mit knapp 250.000 Einheiten im Jahr 2023. Insgesamt wurden in Polen 574.800 Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen gebaut.

Deutsche Exporte nach Polen: Auch Sanitäranlagen und Messinstrumente sind gefragt

Neben der Automobilindustrie profitieren auch andere Branchen in Deutschland vom wachsenden Handel mit Polen. So sind laut GTAI die deutschen Exporte von Sanitäranlagen wie Heizungen oder Bäder sowie von Mess-, Prüf- und Kontrollinstrumenten für wissenschaftliche Zwecke wie Mikroskope jeweils deutlich gestiegen.

„Wohlstand und Gehälter steigen“, sagte Fuß. Allein im vergangenen Jahr habe es ein Lohnplus von elf Prozent gegeben. „Dadurch haben die Polinnen und Polen mehr Geld für hochwertige Gebäudetechnik und für Fahrzeuge.“ Polen investiere zudem in Forschung und Entwicklung. „Das treibt die Nachfrage nach wissenschaftlichen Messinstrumenten“, sagte der GTAI-Experte.

Deutsche Exporte nach Polen: Unternehmen profitieren vom Wirtschaftsboom im Nachbarland

Die deutschen Unternehmen profitieren unterm Strich vom Wirtschaftsboom ihres Nachbarn seit dem EU-Beitritt 2004. „Der Lebensstandard in Polen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten erheblich gestiegen“, stellt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem aktuellen Länderbericht fest.

„Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat sich seit 2005 verdoppelt.“ Für das laufende Jahr rechnet die OECD mit einem Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent, 2026 von drei Prozent - Zahlen, von denen Deutschland nach zuletzt zwei Rezessionsjahren in Folge nur träumen kann.

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