Trotz Strompreispaket: Deutsche Industrie wegen Stromkosten kaum mehr wettbewerbsfähig

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Die hohen Stromkosten in Deutschland setzen die heimische Industrie vor allem mit Blick auf den internationalen Wettbewerb unter Druck. (Symbolbild) © Nicolas Armer/dpa

Lange hat die Ampel darum gerungen, wie Strom für die Industrie günstiger werden kann. Die Befürchtung: Große Konzerne könnten sonst abwandern. Jetzt wirft die Haushaltssperre alles durcheinander.

Berlin – Die hohen Stromkosten in Deutschland setzen die heimische Industrie vor allem mit Blick auf den internationalen Wettbewerb unter Druck. Denn im internationalen Vergleich ist der deutsche Strompreis aktuell ziemlich hoch – sowohl für Verbraucher, als auch für Unternehmen, die teils enorme Mengen an Energie benötigen.

Hohe Stromkosten: Ampel schnürt Strompreispaket für Industrie

Nach Daten der Internationalen Energieagentur zahlt die Industrie in Deutschland fast dreimal so viel pro Megawattstunde wie in den USA oder Kanada. In der EU liegt Deutschland im Mittelfeld: Teurer ist Strom etwa in Dänemark und Italien, deutlich günstiger aber in Frankreich.

Immer mehr große energieintensive Unternehmen drohten damit, bei den hohen Energiepreisen ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Die Ampel-Regierung reagierte und schnürte nach langem Ringen Anfang November für Unternehmen ein das Strompreispaket.

Das Paket hat dabei mehrere Teile. Neben einem bereits beschlossenen Zuschuss zu den Netzentgelten, die Teil des Strompreises sind, soll die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes auf den in der EU zulässigen Mindestwert gesenkt werden. Sie fällt damit vom derzeitigen reduzierten Satz von 1,537 Cent pro Kilowattstunde auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Davon profitieren nicht nur Großkonzerne, sondern auch der Mittelstand. Der bisherige Spitzenausgleich, über den energieintensive Unternehmen sich einen Großteil ihrer abgeführten Stromsteuer zurückerstatten lassen können, soll im Gegenzug auslaufen.

Die sogenannte Strompreiskompensation, die rund 350 Unternehmen von Kosten durch den EU-Emissionshandel entlastet, soll für fünf Jahre verlängert und zudem ausgeweitet werden, indem der bisherige Selbstbehalt gestrichen wird. Eine Extra-Entlastung für rund 90 besonders stromintensive Unternehmen („Super-Cap“) soll ebenfalls ausgeweitet werden.

Nun wirft die Haushaltssperre aber wieder alles durcheinander. Die Strompreiskompensation sollte ja aus dem vom Haushaltsurteil betroffenen Klima- und Transformationsfonds bezahlt werden. Ab kommendem Jahr seien dafür mindestens 2,6 Milliarden Euro vorgesehen, erklärt die Tagesschau. Immerhin sei aber die beschlossene Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe nicht betroffen.

Gutachten: Strompreispaket schließt nicht die Lücke zum internationalen Wettbewerb

Zudem zeigt ein neues Gutachten zur deutschen Industrie und den Strompreisen im internationalen Vergleich, dass das Strompreispaket unter Umständen sowieso nicht ausreicht. Es wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) und der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) veröffentlicht.

Produktionseinbruch energieintensiver Industriezweige seit 2022
Produktionseinbruch energieintensiver Industriezweige seit 2022 © iwkoeln.de

Die deutsche Industrie erwirtschafte demnach zwar mehr als ein Fünftel der deutschen Bruttowertschöpfung, aktuell lasse die Wachstumsdynamik allerdings spürbar nach, so die Forscher. Dies sei vor allem auf den Produktionseinbruch energieintensiver Industriezweige zurückzuführen.

Das Problem: Spätestens seit der Energiekrise sind deutsche Strompreise im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig, so das Gutachten. Und das angekündigte Strompreispaket schaffe zwar kurzfristig erste Stabilisierung, schließe aber nicht die Lücke zum internationalen Wettbewerb. Denn der Schwerpunkt liege auf der Vermeidung zusätzlicher Belastungen, nicht aber auf Entlastungen der heutigen Kosten. „Deshalb bleibt der internationale Wettbewerbsnachteil bei den Stromkosten auch bei Einführung des Strompreispakets bestehen“, warnen die Forscher in dem Gutachten.

Mit Material von dpa

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