Deutschland hat fast die höchsten Strompreise der Welt – trotzdem kommt plötzlich Lob für die Ampel

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Die Internationale Energieagentur lobt Deutschland für seine Energiewende, auch wenn es an kritischen Stellen hakt. Hat die Ampel-Regierung also doch alles richtig gemacht?

Wien/Berlin – Deutschland befindet sich auf dem richtigen Weg in Sachen Energiewende – das ist zumindest das Fazit der Internationalen Energieagentur (IEA), die in dieser Woche seinen neusten Länderbericht zu Deutschland veröffentlicht hat. Zwar hake es noch an wichtigen Stellen, zum Beispiel an den hohen Strompreisen und beim schleppenden Ausbau der Energiewende auch im Straßenverkehr. Trotzdem halten die Autoren den eingeschlagenen Weg für richtig.

Erfolgreiche Energiewende? Vor allem beim Heizen und Verkehr gibt es noch Probleme

Deutschland befinde sich an einem kritischen Punkt, erklärte die stellvertretende IEA-Direktorin Mary Burce Warlick am Montag (7. April) in Berlin bei der Präsentation eines Berichts zur deutschen Energiepolitik. Der Erfolg der Energiewende werde von weiterem Wachstum bei der Erzeugung erneuerbarer Energien, dem Netzausbau, einer erhöhten Flexibilität des Stromnetzes und gezielten Anstrengungen zur Senkung der Verbraucherpreise abhängen.

In dem Bericht heißt es, der Verkehr als größter Emittent von Schadstoffen sei ein wichtiger Bereich für zusätzliche Schwerpunkte. Es sei ein gezielter Ansatz nötig, der Elektrofahrzeuge, Biokraftstoffe und Verbesserungen des öffentlichen Verkehrs umfasse. Es brauche Anreize für die Verbraucher, emissionsarme Verkehrsmittel zu nutzen.

Mit neuen dynamischen Netzentgelten können Strom-Verbraucher ab April 2025 Geld sparen. (Symbolbild)
Mit neuen dynamischen Netzentgelten können Strom-Verbraucher ab April 2025 Geld sparen. (Symbolbild) ©  IMAGO / Wolfilser

Außerdem empfiehlt die IEA größere Anstrengungen, um die Effizienz des relativ alten deutschen Gebäudebestands zu verbessern. Das Gebäudeenergiegesetz und das Wärmeplanungsgesetz seien ein wichtiger Schritt. Beim geplanten Aufbau einer Wasserstoffindustrie lobt der Bericht ehrgeizige Ziele Deutschlands - es gebe aber einen Rückstand bei den Investitionsentscheidungen für Projekte.

Deutsche Emissionen sinken kontinuierlich, Strompreise bleiben auf hohem Niveau

In ihrer Analyse schreiben die Autoren, dass die deutschen Emissionen im Vergleich zu 1990 bereits um 48 Prozent gesunken seien. Das meiste davon gehe auf den Energiesektor zurück. In Bereichen wie dem Verkehr hat es bisher allerdings kaum einen Rückgang gegeben. Auch im Gebäudesektor hat das Land Nachholbedarf, mehr als 70 Prozent der Gebäude heizen demnach noch mit fossilen Energien. Um in diesen beiden kritischen Stellen voranzukommen, müssten die Strompreise sinken, die in Deutschland die zweithöchsten unter den IEA-Mitgliedern sind. Insgesamt gibt es 32 Länder der Welt, die Mitglied bei der IEA sind.

„Insgesamt könnte die Energiewende für Deutschland eine immense Chance sein, solange die richtigen politischen Entscheidungen getroffen werden“, heißt es im Fazit des Berichts. Das Land könne aber seine Ziele erreichen, wenn weiter langfristige und verlässliche Weichen gestellt würden. Zu den Empfehlungen der IEA an die neue Regierung gehören:

  1. Verlässliche Politik, die die Energiewende planbar macht
  2. Deutlich mehr zur Dekarbonisierung des Verkehrs tun
  3. Die Rolle von Erdgas für die Energiewende klären und kommunizieren
  4. Strompreise senken

Der Bericht der Energieagentur liest sich, als ob die Jahre der Ampel-Regierung ein Erfolg waren. In Teilen mag das auch stimmen: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien hat massiv zugelegt, sodass mittlerweile gut 60 Prozent des deutschen Stroms aus Erneuerbaren kommt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Ampel mit ihren Streitereien zu so viel Unsicherheit geführt hat, dass zum Beispiel die Wärmewende zeitweise komplett ausgebremst wurde.

Wirtschaft wächst nicht mehr: Das erklärt zum Teil die Senkung der Emissionen

Darüber hinaus geht ein großer Teil der Emissionssenkungen in Deutschland darauf zurück, dass die Wirtschaft nicht mehr wächst. 2024 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent geschrumpft, das zweite Jahr in Folge. Durch die erratische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump erwarten Experten und Expertinnen nun auch 2025 ein Rezessionsjahr für die Exportnation Deutschland. Sollte auch die USA in eine Wirtschaftskrise fallen, dann würde das globale Auswirkungen haben.

Im März war außerdem ein Bericht des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) erschienen, der die bisherige Energiewende-Politik kritisiert hat. Die Regierung geht von einem höheren Stromverbrauch bis 2030 aus als große Teile der Wirtschaft erwarten, weshalb die Stromkosten unnötig hoch ausfallen könnten. Deutschland sollte daher weniger schnell die Erneuerbaren ausbauen, so die BDI-Empfehlung.

Die Energieagentur sieht in der Energiewende trotzdem eine Chance für mehr Wirtschaftswachstum – auch in der Industrie. Sie könne „ein Schlüssel zum Wirtschaftswachstum“ sein, so die Autoren.

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